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Graf Petöfy

Graf Petöfy

Titel: Graf Petöfy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wiederhaben zu wollen. Was sollt ich auch da? Mit einer Schauspielerin ist es ein eigen Ding. Im Petöfyschen Hause gilt sie viel oder vielleicht viel, aber im Hause von Bäckermeister Utpatel, auf dessen Bank wir immer saßen und Butterblumenstengel zusammensteckten, in dessen Hause gilt sie wenig oder nichts. Nein, Hannah, nicht zurück! Aber zurück oder nicht, die Liebe bleibt, und einen Gruß wollen wir wenigstens in die Heimat hinüberschicken.«
    Und sie nahm eine Handvoll Schnee vom Boden und warf ihn nach Norden zu. Der Nachtwind aber, der ging, zerstäubte den Ball wieder und trug die Kristallchen blinkend durch die Luft.
     
Fünftes Kapitel
     
    Einige Wochen lang setzte sich der Verkehr Franziskas mit dem Petöfyschen Hause fort, dann aber brach er etwas auffällig ab, und selbst die Besuche, die der Graf noch eine Zeitlang in dem Eckhause der Salesinergasse gemacht hatte, hörten auf. Es hieß, was auch zutraf, er sei verreist, und erst von Paris aus gab er wieder ein Lebenszeichen und entschuldigte sich in den verbindlichsten Worten seiner plötzlichen Abreise halber. Aber so verbindlich diese Worte waren, so waren sie doch kühler als gewöhnlich oder wenigstens befangener.
    Franziska fühlte das heraus, war indessen an derartig wechselnde Vorgänge zu sehr gewöhnt, um ein besonderes Gewicht darauf zu legen.
    Anders in dem engeren Zirkel, der sich nach wie vor an jedem dritten Abend im Salon der Gräfin versammelte. Hier wurde nicht bloß dem Ausbleiben des Fräuleins, sondern weit mehr noch der Abreise des Grafen eine gewisse Bedeutung beigelegt, bei welcher Gelegenheit man nicht unterließ, sich die seltsamsten Dinge zuzuflüstern. Der alte Graf sei regelrecht verliebt oder interessiere sich wenigstens bis zur Torheit für das junge Fräulein, und so sei denn die ganze Pariser Reise nichts weiter als eine Flucht. Die Gräfin habe mit Rücksicht auf den eigensinnigen Charakter des Grafen anfänglich seiner Reise widersprochen, natürlich nur in der Absicht, ihn durch solchen Widerspruch in seinem Plane desto fester zu machen. Andere dagegen wollten von dem allem nichts wissen und hoben ihrerseits hervor, daß die »jours de fête« für den alten Grafen vorüber seien; sie begegneten aber nur dem Spott aller medisanten Klub- und Kasinohabitués, die nicht müde wurden, auf den siebenzigjährigen Goethe, ja zuletzt sogar auf König Sigurd Ring hinzuweisen, der noch mit neunzig Jahren in Leidenschaft verfallen und auf die Freite gezogen sei. Der Graf aber sei Vollblutungar und könne mehr.
    Ein Echo dieser Gespräche würde zweifellos auch bis zu Franziska hinauf gedrungen sein, wenn diese nicht durch ein nervöses Fieber, in das sie bald nach der Abreise des Grafen verfiel, vor allem derartigen Gerede bewahrt geblieben wäre. Sie lag wochenlang in jenem apathischen Dämmerzustande, der der Begleiter und fast auch der Freund dieser Krankheit ist, und als endlich dieser Zustand geschwunden und ihr ein wenigstens umschleiertes Interesse für die Dinge des Lebens zurückgekehrt war, da waren viele Wochen vergangen und beinahe heiße Sommertage da, trotzdem erst Frühling im Kalender stand.
    Am letzten Apriltage saß Franziska an ihrem Fenster und sah zum ersten Male wieder auf das bunte Treiben der Stadt unten, und siehe da, noch ehe die Mitte des Mai heran war, war sie schon in einem jener reizend gelegenen, in weitem Halbkreise die Hauptstadt nach Süden hin umziehenden Villendörfer einquartiert und genoß hier die Wonne der Rekonvaleszenz. Es hatte sich dabei so glücklich getroffen, daß eine befreundete Kollegin – und zwar um so befreundeter, als sie das Fach der hoben Tragödie kultivierte – mit ihr in die Sommerfrische gegangen war, einer Molkenkur halber, die sie sich unter Hinweis auf ihr »total erschöpftes Organ« vom Theaterarzt hatte verordnen lassen. Eine Verordnung, in die dieser lächelnd, aber doch zugleich auch mit der Bemerkung gewilligt hatte: »Wollte Gott, Fräulein Phemi, daß ich mich annähernd
Ihres
Organs erfreute.«
    Natürlich war auch Hannah mit draußen, und alle drei bewohnten ein halbes Parterre, das nach der Rückseite hin einen einfachen Garten mit Kaiserkronen und Feuerlilien, in Front aber eine durch Glasfenster und Leinwandwände geschützte Veranda hatte. Schräg gegenüber von ihnen befand sich ein großes, mit Oleanderbäumen umstelltes Hotel, und zwischen hüben und drüben lief ein chaussierter Straßendamm, auf dem, die heißen Mittagsstunden abgerechnet,

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