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Graf Petöfy

Graf Petöfy

Titel: Graf Petöfy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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mir eigentlich sagen, ob er dir gefallen hat. Was denkst du von ihm? Was sagst du?«
    »Dreierlei.«
    »Gut; nenn es.«
    »Er ist alt und möchte gern jung sein, er spielt den Weltmann und ist eigentlich bloß ein Wiener, und drittens und letztens: er glaubt, daß sich alle Weiber um ihn reißen, und wird doch eigentlich nur genasführt.«
    »Er gefällt dir also nicht?«
    »O doch. Er gefällt mir schon.«
    »Ein Geck kann einem nicht gefallen.«
    »Er ist auch kein Geck. Mitunter streift er daran oder steht auch schon mittendrin. Denn er hat all die Narrheiten eines alten Junggesellen und Theaterenthusiasten. Aber ganz zuletzt ist er doch wieder anders. Ich glaube, daß er ein sehr gutes und braves und sogar ein edles Herz hat. Er ist vornehmer und besser als irgendeiner der jungen und namentlich der alten Herren, die dir einen Besuch gemacht haben.«
    »Sieh, das freut mich, daß du das sagst. Und in seinem eigenen Hotel oder in dem seiner Schwester ist er noch viel liebenswürdiger als hier. Denn hier fühlt er die Verpflichtung, mir nach Art alter Herren den Hof zu machen, in seinem Hause dagegen fühlt er nur die Verpflichtung, artig zu sein. Und das ist für unsereins schließlich mehr. Du weißt ja, wie man gewöhnlich mit uns spricht. Und nun will ich dir auch sagen, wer die beiden anderen in der Gesellschaft waren. Der eine war ein Liguorianerpater, ein Fünfziger, groß und stattlich, und der andere, nun, der andere, das war ein junger Graf, Graf Egon, ein Neffe des alten, ich glaube, sehr hübsch und Adjutant bei Erzherzog Rainer.«
    »Und hat dir natürlich am besten gefallen?«
    »Nein, nicht das. Er hat mir nur nicht mißfallen; das ist alles, was ich sagen kann. Er hat etwas von dem mir unerträglichen ›Von oben herab‹, und wenn ich mich entscheiden und jedem einzelnen einen Rang in meinem Herzen anweisen sollte, so würd ich die Gräfin obenan stellen und dann den Pater. Oh, sie waren beide charmant und dabei so klug und verbindlich, wie nur vornehme Katholiken sein können. Schon ihre Stimmen...«
    »Ja, sie haben eine verführerische Stimme, Fränzl! Ich weiß davon. Aber das darfst du mir nicht antun und deinem Pastor-Vater im Grabe nicht, so lau und flau er war, daß du zu viel auf diese Stimme hörst... Nur auf
meine
mußt du hören, wenigstens jetzt, in diesem Augenblick, und die mahnt dich, daß es auf Mitternacht geht und morgen um zehn Uhr Probe ist. Mach also, du mußt ausschlafen.«
    »Aber erst noch unsern Spaziergang, sonst schlaf ich überhaupt nicht. Und außerdem bin ich abergläubisch.«
    Hannah brachte Mantel und Kappe, wickelte Franziska darin ein, und nun stiegen Herrin und Dienerin eine nur wenige Stufen zählende Treppe hinauf, die vom dritten Stock aus direkt auf das Flachdach des Hauses führte. Hier standen den Sommer über allerhand Kübel und Topfgewächse, jetzt aber sah man nichts als ein paar Bretterlagen und einen Berg Schnee, den der Wind nach der einen Seite hin zusammengefegt hatte.
    Sie gingen ein paarmal auf und ab und sahen auf die Stadt, auf deren verschneite Dächer das Mondlicht fiel. Aus der Ferne her hörte man das Läuten einzelner Schlitten, aller eigentliche Lärm aber schien erstickt unter dem weißen Tuch.
    Und nun traten sie bis an die Brüstung, wo der zusammengewehte Schnee lag, und sahen in den Winterhimmel hinauf, der in wundervoller Pracht über ihnen glitzerte.
    »Sieh, das ist der Große Bär. Und da sind wir zu Haus, da liegt unsere Jugend, unsere Kindheit. Ach, Hannah, es war doch unsere schönste Zeit, als wir noch abends in den Turm gingen und die Betglocke läuteten und die Grabsteine der alten Pastoren anstarrten, die mit ihren Ringkragen an den Wänden umherstanden. Und wenn uns dann der Glockenstrick aus der Hand fuhr und mit einem Mal in die Höhe schnellte, sieh, da war mir's immer, als hätte sich der Gottseibeiuns über unser Läuten gebost und den Strick uns weggezogen.«
    »Ach, rede nicht so, Fränzl; wenn du so sprichst, dann überdenkst du jedesmal etwas Tolles oder Törichtes.«
    »Aber diesmal nicht. Ich überdenke gar nichts. Ich habe nur mit einem Mal eine schmerzliche Sehnsucht nach dem Kirchenplatz hin, wo wir spielten und uns auf die Holzstämme setzten und Geschichten erzählten. Und von fernher hörten wir dann das Meer, das draußen rauschte. Mir ist's, als hört ich's noch.«
    »Willst du zurück?«
    Franziska schüttelte den Kopf. »Nein, nicht zurück. Eine Sehnsucht ist etwas anderes als der Wunsch, es

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