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Grappa 03 - Grappa macht Theater

Grappa 03 - Grappa macht Theater

Titel: Grappa 03 - Grappa macht Theater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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schreiben!«
    »Daran habe ich auch schon mal gedacht. Meinst du, ich hätte Talent dazu?«
    »Aber ja! Du mit deinem Sinn fürs Dramatische! Oder versuch's mal mit dem Libretto für eine Oper. Du kennst dich ja jetzt im Bierstädter Kulturbetrieb aus.«
    »Aber ich kann keine Noten lesen!«
    »Grappa-Mäuschen! Ich sprach vom Libretto! Das ist der Text. Die ›Musi‹ macht ein anderer. Den Titel für die Oper hätte ich schon: ›Des Nachtwächters Traum‹.«
    »Wo ist Feudel eigentlich geblieben?«
    »Er ist noch in Bierstadt. Er hat in diesen Tagen jede Menge Termine mit Steuerfahndern, Staatsanwälten, Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern.«
    »Kann man was rauskriegen?«, wollte ich wissen.
    »Ich hab‘s schon versucht. Bei Steuersachen verschanzen sich die Behörden immer hinter dem Paragrafen 30 der Abgabenordnung. Steuergeheimnis. Feudels Geschäfte werden frühestens bei der Anklageerhebung bekannt.«
    »Wir haben aber auch verdammtes Pech«, sage ich enttäuscht, »hätte er doch jemanden umgebracht!«
    »Seine Anwälte werden das nicht ganz so sehen!«, lächelte Jansen. »Feudel wird sein Unternehmen außerdem in die östlichen Bundesländer verlegen, so hat er angekündigt. Da gibt es noch genug zu bewachen. Damit gehen Bierstadt allerdings erkleckliche Gewerbesteuereinnahmen flöten. Und die oberen Fünfhundert jammern schon dem jährlichen Opernball nach, auf dem sie sich auf Kosten Feudels vollgefressen und betrunken haben. Viele wichtige Menschen in unserem geliebten Bierstadt sind stinkwütend auf uns, wie wir durch unsere Recherchen den friedlichen Kulturbetrieb der Stadt gestört haben!« Er sah nicht so aus, als würde ihn die Kritik beeindrucken.
    »Komisch«, sagte ich, »dieselben Leute rennen in die Bühnen-Klassiker wie zum Beispiel ›Schillers Räuber‹ und beklatschen die edle Moral und die aufrechten Menschen, die an ihrer heldenhaften Lebenseinstellung zugrunde gehen!«
    »Den Widerspruch kann ich erklären. Nur in der Kunst hat die bürgerliche Gesellschaft die Verwirklichung ihrer eigenen Ideale geduldet und sie als allgemeine Forderung ernst genommen. Was in der Tatsächlichkeit als Utopie, Fantasterei und Umsturz gilt, ist dort gestattet.«
    Ich staunte. Er hatte noch nie so wissend über ein Thema gesprochen, von dem er eigentlich nichts verstand. »Peter! Du hast ja richtig über die Welt nachgedacht!«, stieß ich hervor.
    »Langsam, Grappa! Nicht ich habe über die Welt nachgedacht, sondern ein Herr namens Herbert Marcuse. Den habe ich gerade zitiert. Und jetzt frag mich bitte nicht, ob der aus Bierstadt kommt!«
    Wir prusteten los. Da gleich Mittag war, lud er mich zum Essen in ein nahes chinesisches Restaurant ein. Ich kämpfte mit klebrigem Reis und Schweinerippchen, deren Glasur das sie umgebende Fleisch nur ungern an mich weitergab. Die scharfe Soße betäubte meinen Gaumen. Das Gemüse schmeckte nach zu viel Glutamat.
    Ich dachte gerade voller Sehnsucht an Farfalle mit Butter-Basilikum-Soße, als Jansen sagte: »Übrigens! Ernst Lotterbeck kommt wegen versuchten Mordes vor Gericht!«
    Ich verschluckte mich, hustete und blies ein paar Reiskörner auf den fetten Keramik-Buddha, in dessen Bauchhöhle ein Teelicht zur Erbauung der Gäste brannte.
    »Ernst Lotterbeck?«, hustete ich. »Wer ist das und woher kennst du den?«
    Er verstand nicht und ließ die Stäbchen sinken. Soßenreste bekleckerten das weiße Tischtuch. »Wieso? Ich kenne ihn durch dich. Aus deinen Erzählungen. Was soll die dumme Frage?«
    Der Hustenreiz war Vergangenheit, jetzt war ein aktueller Lachkoller angesagt. Ich gab mich ihm ausgiebig hin. Die zierliche Chinesin hinter der Bar bekam vor Schreck ganz runde Augen.
    »Wochenlang habe ich versucht herauszukriegen, wer dieser Lotterbeck ist«, gluckste ich, »die geheimnisvolle Unterschrift im Vereinsregister. Mein Gott, war ich blöd! Ich hab den Kerl immer ›Putzi‹ genannt!«

Das »Paradoxon« als moralisches Problem des Menschen
    »Die Zeit entlarvt den Bösen« hat Euripides gesagt. »Kommt Zeit, kommt Rat« so heißt es in einem deutschen Sprichwort. Voll vertrauend auf die Weisheiten griechischer Klassiker und des deutschen Volksmundes, wartete ich ab. Doch nichts geschah. Beutelmoser rührte sich nicht in der Klinik, als ahne er, was auf ihn zukommen könnte.
    Nach zwei Wochen war ich es leid. Ich meldete mich telefonisch bei seinem Arzt an, dessen Praxismädels mir nur widerstrebend einen Termin gaben. Der Psychiater hieß Prof. Dr. Hugo

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