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Grappa und die keusche Braut

Grappa und die keusche Braut

Titel: Grappa und die keusche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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der Bluthund. »Der Wald kommt mir ganz anders vor.«

    »Pflanzen haben die Angewohnheit zu wachsen«, entgegnete ich.

    »Hier müsste es sein.« Der Weg wurde immer schmaler. Irgendwann war er zu schmal. Der Wagen blieb stehen.

    »Dann mal los.«
    Pöppelbaum packte seine Gerätschaften und wir marschierten los. Ich versuchte, mir die Strecke zu merken. Ein krumm gewachsener Baum auf der rechten Seite des Pfades, die Schneise auf der linken Seite und der gefällte Baumstamm, der über und über mit Moos bedeckt war.

    »Wir werden uns verlaufen«, prophezeite ich. »Und irgendwann finden sie unsere Leichen – von Rehen angefressen. Oder von Wildschweinen.«

    »Du spinnst, Grappa!« Pöppelbaum drückte einen breit gewachsenen Busch auseinander. »Wusste ich es doch. Hier ist es!«

    Wir standen vor einer Mauer. Sie schien bröckelig. Wo Steine fehlten, war mit Maschendraht geflickt worden.

    »Alles zu«, stellte ich fest. »Und zu hoch, um drüberzuklettern. Jedenfalls für mich.«

    »Warte mal.« Pöppelbaum rüttelte an den Steinen. Und tatsächlich – sie bewegten sich. Er zog einige heraus und ließ sie auf den Boden fallen. Nach zehn Minuten war die Lücke in der Mauer groß genug, um uns beide durchzulassen. Den Maschendraht schob der Knipser beiseite.

    »Und jetzt hier lang.«
    Ich folgte.

    »Schon wieder ein Zaun«, murrte ich kurz darauf.
    Ein mannshoher grüner Maschendraht versperrte uns den Weg.

    »Der ist neu. Aber leicht zu überwinden.« Der Fotograf zog ein Werkzeug aus der Tasche – eine Kombination aus Zange, Seitenschneider, Schere, Säge, Messer und Korkenzieher. Pöppelbaum fackelte nicht lange. Er knipste einen Draht an der Oberkante durch und zog ihn dann Reihe für Reihe nach unten aus dem Geflecht heraus. Es entstand ein Spalt.
    »Das machst du ja wie ein geübter Gartenschreck«, bewunderte ich ihn.
    »Auf diese Weise kann man den Zaun leicht wieder zumachen, Grappa.«

    »Das ist trotzdem Hausfriedensbruch«, meinte ich und zwängte mich durch die Zaunlücke. »Oder Schlossfriedensbruch.«

    »Seit wann bist du so zimperlich?«, griente er. »So, jetzt sind wir schon im Park. Wir laufen ein Stück geradeaus und dann rechts über den Rasen. Für einige Momente sind wir dann von oben und vom Haus aus zu sehen, also müssen wir rennen. Schaffst du das?«

    »Am besten, du trägst mich«, schlug ich vor.
    Er schnaubte verächtlich.

    Eine Lautsprecherstimme übertönte alles: »Achtung, Achtung, hier spricht die Polizei. Bitte bewahren Sie Ruhe. Bitte nennen Sie Ihre Forderungen.«

    Wir blieben zunächst im Schatten der Büsche, erreichten dann den Rasen. Die hellgrüne Fläche wurde von Rhododendren gesäumt und war so eben, wie mit der Nagelschere geschnitten. Vor uns befand sich die Rückseite des Schlosses. Ich musterte die Fenster. Keine Bewegungen, keine Schatten oder gar Gestalten.

    »Das Klassenzimmer, in dem die Geiselnahme stattfindet, ist vielleicht auf der anderen Seite«, überlegte ich. »Das erhöht unsere Chance, nicht bemerkt zu werden.«

    Pöppelbaum filmte, tauschte den Chip der Kamera aus und versteckte ihn im Saum seiner Jacke.

    »Sicher ist sicher. Siehst du den Schuppen da?« Er deutete auf ein kleines, steinernes Häuschen, das einer zu groß geratenen Hundehütte ähnelte. »Darin verkriechen wir uns erst mal. Und jetzt los!« Er stürmte über den Rasen, ich hinterher – nicht nach rechts, links oder gar nach oben schauend. Als ich unser Ziel erreicht hatte, schnappte ich nach Luft und musste feststellen, dass das Häuschen schon belegt war.

    »Hallo, Maria.« Friedemann Kleist schaute mich strafend an. Er war in Begleitung eines Kollegen. Beide trugen schusssichere Westen und Helme.

    »Du hier?«, stotterte ich. »So ein Zufall.«

    Pöppelbaum blieben die Worte im Hals stecken.

    »Könntet ihr zwei bitte mal aus der Schusslinie gehen?«, fragte der Hauptkommissar.

    »Da oben ist doch nichts«, entgegnete ich.

    »Doch, da ist was. Eine Geiselnahme. Genau auf der Etage, die von hier aus zu sehen ist.«

    Die Lautsprecherdurchsage ertönte wieder. Eine Reaktion aus dem Gebäude erfolgte nicht.

    »Verstehe. Hat sich denn schon was getan? Habt ihr Kontakt zu dem Geiselnehmer? Oder zu der Lehrerin?«

    »Nein. Es gibt nach wie vor keinerlei Informationen darüber, was sich da oben abspielt. Umso mehr kann eure Aktion die Befreiung der Geiseln gefährden. Aber das wirst du dir ja denken.«

    »Tut mir leid.« Ich versuchte einen zerknirschten

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