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Greife nie in ein fallendes Messer

Greife nie in ein fallendes Messer

Titel: Greife nie in ein fallendes Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedhelm Busch
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Leitzinserhöhungen genau dies erreichen wollen!
    Nein, ich hielt, ebenso wie viele meiner Gesprächspartner, den amerikanischen Immobilienmarkt für einen Nebenkriegsschauplatz, auf dem ein paar lokale Gefechte stattfanden, über die wir uns im Hinblick auf die deutsche Konjunktur nicht sonderlich ängstigen mussten. Mit der Realwirtschaft hatte das alles nur wenig oder auch gar nichts zu tun.
     
    Nach längeren Diskussionen mit Vermögensverwaltern und Börsianern glaubte ich, die entscheidende Ursache dieses Höhenrausches an den Aktienmärkten woanders gefunden zu haben: Es war diese irrsinnige Liquidität in den Händen einiger Investoren, die durch Firmenübernahmen, Rohstoff- und Währungsspekulationen alles durcheinanderbrachten. Jahrelang hatte die amerikanische Notenbank mit ihrer expansiven Geldpolitik die Finanzmärkte geflutet, um durch niedrige Zinsen der heimischen Konjunktur auf die Beine zu helfen. Die Folge war, dass Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften dank der Einlagen ihrer Kunden im Geld schwammen. Um ein Vielfaches aufgeblasen durch billige Kredite internationaler Banken, verfügten diese internationalen Unternehmensaufkäufer offenbar über so viel Geld, dass sie auf einen Schlag sämtliche DAX-Unternehmen hätten aufkaufen können. Mehr als 2 Billionen US-Dollar, so schätzte man an der Frankfurter Börse, waren weltweit auf Renditejagd – zusätzlich vermehrt durch Milliardenbeträge aus |284| den Ölförderländern und aus den überquellenden Devisenreserven der Chinesen, die mit ihren Billigexporten durch ihren unterbewerteten Yuan vor allen anderen Konkurrenten von der Globalisierung profitierten.
    Kein Unternehmen war gegen plötzliche Übernahmegebote fremder Investoren gefeit. Kein Preis schien den Firmenaufkäufern zu hoch. Hauptsache, am Ende stimmten die Renditen auf das Eigenkapital. Je höher bei diesen Übernahmeaktionen der Anteil des fremden Kapitals war, desto besser sah es aus für das eingesetzte Geld der anonymen Anteilseigner dieser Fonds oder Beteiligungsgesellschaften.
     
    In der Börsianersprache wird das eingesetzte Eigenkapital durch den zusätzlichen Einsatz von Fremdkapital »gehebelt«, also in seiner Wirkung verstärkt. So hatte eine Fondstochter der Investorengruppe Carlyle, die Carlyle Capital Corp (CCC), bis zum Frühjahr 2008 für fast 22 Milliarden US-Dollar Hypothekenanleihen gekauft. Die Banken gewährten dem Fonds hierfür kurzfristige Kredite von mehr als 21 Milliarden US-Dollar, die regelmäßig verlängert wurden. Das Eigenkapital des Fonds betrug bei diesem Geschäft gerade einmal 670 Millionen US-Dollar. Der große Hebel von 32 versprach den Anteilseignern natürlich einen unglaublichen Gewinn, bezogen auf das eingesetzte eigene Geld. Nach den Regeln der Prozentrechnung ist das zweifellos nachvollziehbar, ökonomisch sinnvoll aber nur, wenn die erwarteten Gewinne die Fremdkapitalkosten rechtfertigen und die Banken das Geld auch immer wieder zur Verfügung stellen, ohne sich sonderlich um die damit verbundenen Risiken zu sorgen. Angesichts der allgemeinen Liquidität war das aber nur eine reine Formsache. Damals, 2006! Doch nur wenige Monate später sollte alles ganz anders werden.
     
    Geplante Firmenübernahmen zu Wahnsinnspreisen trieben, kaum angekündigt, umgehend die Aktienkurse der betroffenen Unternehmen in die Höhe. Schon das Gerücht einer möglichen Übernahme ließ die Börse vor Begeisterung aus den Schuhen springen und riss die Kurse aus dem gesamten Branchenumfeld mit nach oben. Ein wenig |285| erinnerte mich dieses Spiel an den alten Börsengrundsatz »Geht Eier, geht Butter«. Als Anfang 2006 der indische Multimilliardär Lakshmi Mittal den luxemburgischen Stahlkocher Arcelor für rund 18,6 Milliarden Euro schlucken wollte, empfahlen deutsche Analysten postwendend auch die Aktien der deutschen Stahlkonzerne ThyssenKrupp und Salzgitter zum Kauf.
    Für alle Beteiligten waren diese Übernahmeschlachten Manna vom Himmel: Die Anteilseigner vieler Hedgefonds und Beteiligungsgesellschaften erzielten dank dieser gehebelten Aufkäufe für ihre Anleger Eigenkapitalrenditen von 30 Prozent und mehr. Natürlich abzüglich entsprechend hoher Managementgebühren und Bonuszahlungen im mehrstelligen Millionenbereich. Aber wer als Investor auf einen Schlag so viel kassiert, kann sich gegenüber den Managern des Erfolges diese Großzügigkeit leisten. Die Banken verdienten sich eine goldene Nase durch die Anbahnung und Abwicklung dieser

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