Grenzenlos ermitteln - 23 Raetsel-Krimis
die Hand. »Sie weigert sich, das Kleid auszuziehen«, erklärte die Mutter besorgt. Die junge Witwe richtete sich auf und blickte ihnen aus verweinten Augen entgegen.
»Können Sie uns erzählen, was Sie zum Tatzeitpunkt gemacht haben?«, sprach Sandra sie möglichst behutsam an. Stefanie verzog das Gesicht, dann wurde sie von einem Weinkrampf geschüttelt.
»So lassen Sie sie doch in Ruhe«, ging der Vater dazwischen.
»Wir müssen Ihre Tochter leider befragen. Wenn es jetzt zu früh ist, können wir das gern später nachholen, sobald es ihr besser geht.«
»Ich bin mit Clara und Eva zusammengesessen, als die Musik plötzlich verstummt ist«, antwortete Steffi unvermittelt. »Als ich den Tumult auf der Tanzfläche mitbekommen habe, bin ich hingelaufen und hab den Tom dort liegen sehen.« Wieder schluchzte sie los.
Ihre Mutter streichelte ihr über die zerzauste Flechtfrisur. »Das Kind hat geschrien, dass es mir glatt das Herz zerrissen hat«, sagte sie und kämpfte selbst mit den Tränen. »Nur mit Mühe konnte ich sie von Toms Leiche wegzerren.«
»Und Sie? Wo waren Sie zu dieser Zeit?«, wandte sich Sandra an den Vater.
»DrauÃen auf dem Gang. Ich bin gerade von der Toilette zurückgekommen, als ich den fürchterlichen Schrei hörte.« Der Vater zog ein Taschentuch aus dem Sakko, um sich den Schweià von der Stirn zu wischen.
»Vorsicht, da ist Blut dran«, machte ihn Sandra auf die Flecken aufmerksam.
»Stimmt. Damit hab ich der Steffi dann die Hände abgewischt. Sie waren voller Blut«, meinte er.
»Wir brauchen das Taschentuch und Ihre Kleidung für die Spurenanalyse. Auch die Ihrer Frau und die der Tochter«, sagte Sandra.
»Nein! Nicht mein Hochzeitskleid!«, schrie Stefanie.
»Sie wollen uns doch sicher helfen, den Mörder Ihres Mannes zu finden, oder nicht?«, fragte Sandra.
Stefanie nickte und griff sich ein Taschentuch.
»Ihre Sachen werden dann von einem Kriminaltechniker abgeholt.« Sandra und Bergmann verabschiedeten sich.
Es dauerte eine Weile, bis ihnen Gernot die Tür auf der anderen Seite des Korridors öffnete. Dass der Bursche den Alkohol, im Gegensatz zu den bisher befragten Zeugen, noch nicht abgebaut hatte, bemerkte Sandra an seinem Blick, dem Wanken und der halb vollen Flasche Wodka in seiner Hand. Mit der anderen stützte er sich am Türrahmen ab. »Was wollân Sâ?«, lallte er.
Sandra stellte sich und Bergmann vor, bemüht, seiner Fahne auszuweichen. »Sie hatten gestern Streit mit Thomas. Er war Ihnen Geld schuldig«, kam sie auf den Punkt.
Der junge Mann torkelte ins Zimmer und stolperte aufs Bett. »Lena! Diese Schlampe!«, schimpfte er. »Wahrscheinlich hat sie den Tom â¦, nachdem er es ihr besorgt ⦠erstochen, mein ich â¦Â«
»Wie bitte?«
»Der Tom ist heute früh aus ihrem Zimmer gekommen.«
»Aus Lenas Zimmer?«
»Ja. Die hat sich an ihm festgekrallt. Er wirdâs bereuen, hat sie gâschrien. Sie wird der Steffi alles ⦠noch vor der Hochzeit ⦠erzählen, mein ich.« Gernot nahm einen groÃen Schluck aus der Wodkaflasche.
Hatte Lena eine Affäre mit Tom gehabt? Und Stefanie damit auch ein Mordmotiv?
»Sie glauben, dass Thomas und Lena vor der Hochzeit miteinander Sex hatten?«, fragte Bergmann nach.
»Die hatten schon die längste Zeit was am Laufen.«
»Und Stefanie hat das heute vor der kirchlichen Trauung erfahren?«
Gernot rülpste, ehe er fortfuhr. »Weià nicht. Der Tom wollte sie abstechen, wenn sie was sagt. Also, die Lena, mein ich. AuÃerdem wärâs jetzt eh aus zwischen ihnen, hat er gâsagt. Und sie hat ihm eine geklescht.«
»Wo waren Sie, als Thomas getötet wurde?«, fragte Sandra.
»Tanzen mit der Astrid«, stammelte er grinsend. Laut Trauzeugin hatte auch diese Dame mindestens eine intime Begegnung mit dem Opfer gehabt, bestätigte Sandra ein flüchtiger Blick auf die Liste.
»Tschuldign.« Gernot kippte nach vorn und übergab sich. Die Ermittler konnten gerade noch ausweichen.
»Gehen wir«, sagte Bergmann.
»Noch einmal zur Trauzeugin? Meinst du, sie war es?«, fragte Sandra drauÃen. »Sie könnte das Messer unter ihrem Kleid versteckt und im passenden Moment zugestochen haben.«
»Könnte sie. Wie es aussieht, hatte fast jeder hier ein Motiv«,
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