Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)
vieler böser Dinge, dass der König sich endlich überreden ließ und sie zum Tod verurteilte.
Nun ward im Hof ein großes Feuer angezündet, darin sollte sie verbrannt werden. Und der König stand oben am Fenster und sah mit weinenden Augen zu, weil er sie noch immer so lieb hatte. Und als sie schon an den Pfahl festgebunden war, und das Feuer an ihren Kleidern mit roten Zungen leckte, da war eben der letzte Augenblick von den sieben Jahren verflossen. Da ließ sich in der Luft ein Geschwirr hören, und zwölf Raben kamen hergezogen und senkten sich nieder.
Und wie sie die Erde berührten, waren es ihre zwölf Brüder, die sie erlöst hatte. Sie rissen das Feuer auseinander, löschten die Flammen, machten ihre liebe Schwester frei, und küssten und herzten sie. Nun aber, da sie ihren Mund auftun und reden durfte, erzählte sie dem Könige, warum sie stumm gewesen wäre und niemals gelacht hätte. Der König freute sich, als er hörte, dass sie unschuldig war, und sie lebten nun alle zusammen in Einigkeit bis an ihren Tod. Die böse Stiefmutter ward vor Gericht gestellt und in ein Fass gesteckt, das mit siedendem Öl und giftigen Schlangen angefüllt war, und starb eines bösen Todes.
Das Lumpengesindel
H ähnchen sprach zum Hühnchen: »die Nüsse sind reif, da wollen wir mit einander auf den Berg gehen, und uns einmal recht satt daran essen, eh sie das Eichhorn alle wegholt.« Ja, antwortete das Hühnchen, »komm da wollen wir uns eine Lust miteinander machen.« Sie gingen zusammen fort, und weil es ein heller Tag war, blieben sie bis zum Abend; nun weiß ich nicht, ob sie sich so dick gegessen oder ob sie so übermütig geworden waren, sie wollten nicht zu Fuß nach Haus gehen, und das Hähnchen musste einen kleinen Wagen von Nussschaalen bauen.
Als er fertig war, setzte sich Hühnchen hinein und sagte zum Hähnchen: »du kannst dich nur immer vorspannen.« – »Nein«, sagte das Hähnchen, »das wäre mir recht! Lieber geh ich zu Fuß nach Haus, als daß ich mich vorspannen lasse, so haben wir nicht gewettet; Kutscher will ich wohl sein und auf dem Bock sitzen, aber selbst ziehen, das tu ich nicht.«
Wie sie sich so stritten, schnatterte eine Ente daher: »ihr Diebsvolk, wer hat euch geheißen in meinen Nussberg gehen, das soll euch schlecht bekommen«, ging damit auf das Hähnchen los. Aber Hähnchen war auch nicht faul, und stieg der Ente tüchtig zu Leib, endlich hackte es mit seinen Sporn so gewaltig, dass sie um Gnade bat und sich gern zur Strafe vor den Wagen spannen ließ. Hähnchen setzte sich auf den Bock und war Kutscher, und nun ging es fort, im Gallop: Ente lauf zu was du kannst!
Als sie ein Stück Wegs gefahren waren, begegneten sie zwei Fußgängern, einer Stecknadel und einer Nähnadel. Die riefen halt und sagten, es werde gleich stichdunkel werden, da könnten sie keinen Schritt weiter, dabei wär es so schmutzig auf der Straße, ob sie nicht ein wenig einsitzen könnten; sie seien auf der Schneiderherberge vor dem Tor gewesen, und hätten sich beim Bier verspätet. Das Hähnchen, da es magere Leute waren, die nicht viel Platz einnahmen, ließ sie beide einsteigen, doch mussten sie versprechen, ihm nicht auf die Füße zu treten.
Spät Abends kamen sie zu einem Wirtshaus, und weil sie die Nacht nicht weiter fahren wollten, die Ente auch nicht gut zu Fuß war und von einer Seite auf die andere fiel, kehrten sie ein. Der Wirt machte anfangs viel Einwendungen, sein Haus sei schon voll, gedachte auch wohl, es mögten keine vornehme Passagiere sein; endlich aber, da sie süße Reden führten, er solle das Ei haben, welches das Hühnchen unterwegs gelegt hatte, auch die Ente behalten, die alle Tage eins lege, so gab er nach. Nun ließen sie sich wieder frisch auftragen und lebten in Saus und Braus. Früh Morgens, als es erst dämmerte und noch alles schlief, weckte Hähnchen das Hühnchen, holte das Ei, pickte es auf und sie verzehrten es zusammen, die Schalen aber warfen sie auf den Feuerheerd.
Dann gingen sie zu der Nähnadel, die noch schlief, packten sie beim Kopf und steckten sie in das Sesselkissen des Wirts, die Stecknadel aber in sein Handtuch, darauf flogen sie, mir nichts dir nichts, über die Heide davon. Die Ente, die unter freiem Himmel schlafen wollte und im Hof geblieben war, hörte sie fortschnurren, machte sich munter und fand einen Bach, auf dem sie hinunter schwamm, und das ging geschwinder als vor dem Wagen. Ein paar Stunden danach stieg
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