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Hände weg von Zeitmaschinen

Hände weg von Zeitmaschinen

Titel: Hände weg von Zeitmaschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
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Sand.
    »Hallmyer!« schrie er. Er versuchte, auf die Füße zu kommen, aber der aufzuckende Schmerz im rechten Bein ließ ihn wieder zu Boden sinken. Er schmiegte sich an den Schlamm.
    Hallmyer nahm einen Schluck und spie ihn in sein Gesicht. Das Wasser fühlte sich warm an.
    »Krieche weiter«, sagte Hallmyer bitter. »Krieche um das gesamte Antlitz der Erde. Du wirst nichts außer Staub und Asche finden…« Er leerte den Kelch auf den Boden vor Krane aus. »Krieche weiter. Wie viele Kilometer? Rechne es selbst aus. Pi mal d. Der Durchmesser beträgt etwa zwölftausend…«
    Dann war er mitsamt Kittel und Kelch verschwunden. Krane bemerkte, daß es wieder regnete. Er drückte das Gesicht in die warme, schlammige Schlacke, öffnete den Mund und versuchte, etwas Flüssigkeit einzusaugen. Schließlich kroch er weiter.
    Ein Instinkt trieb ihn. Er mußte irgendwohin, und er wußte, daß es etwas mit der See zu tun hatte, mit den Gestaden. Irgend etwas wartete an den Küsten auf ihn. Etwas, das ihm helfen würde, all dies zu verstehen. Er mußte zum Meer gelangen – das hieß, falls es noch ein Meer gab.
    Der donnernde Regen schlug mit furchtbarer Gewalt auf seinen Rücken ein. Krane zerrte den Rucksack zur Seite und hielt ihn mit einer Hand. Er enthielt genau drei Dinge: einen Revolver, einen Schokoladenriegel und eine Dose Pfirsiche. Das war alles, was von den Vorräten für zwei Monate übriggeblieben war. Die Schokolade war breiig und verdorben. Krane wußte, daß er sie besser aß, bevor sie ganz verfaulte, aber morgen würde ihm die Kraft fehlen, eine Dose zu öffnen. Er zog sie heraus und setzte den Öffner an. Als er den Blechdeckel geöffnet hatte, war der Regen vorbei.
    Während er die Früchte kaute und den Saft schlürfte, beobachtete er die Regenwand vor ihm, die am Abhang der ehemaligen Küste entlangzog. Wasserströme wälzten sich durch den Schlamm, hatten hier und da schon einige Kanäle geschnitten – Kanäle, die eines Tages neue Flüsse sein würden, eines Tages, den weder er noch ein anderes Lebewesen je erblicken würden. Das letzte Lebewesen der Erde hat sein letztes Mahl beendet, dachte Krane, als er die leere Büchse beiseite warf. Der Metabolismus nähert sich seinem Ende.
    Nach dem Regen würde der Sturm kommen. Das hatte er in den endlosen Wochen gelernt, in denen er gekrochen war. In ein paar Minuten würde der Sturm kommen und ihn mit seinen Wolken aus Schlacke und Asche erfassen. Er kroch weiter, und seine müden Augen suchten in der unermeßlichen grauen Ebene nach einem Unterschlupf. Evelyn tippte ihm auf die Schulter.
    Er wußte, daß sie es war, noch bevor er sich umgedreht hatte. Sie stand neben ihm, frisch und duftig in ihrem hellen Kleid. Doch auf ihrem lieblichen Gesicht spiegelten sich Kummer und Sorgen. »Steven«, sagte sie, »du mußt dich beeilen.«
    Er konnte sie nur bewundern, wie ihr weiches Haar sich um die Schultern schmiegte.
    »Oh, Liebling, du bist ja verletzt«, sagte sie. Ihre raschen, sanften Hände berührten seinen Rücken und die Beine. Krane nickte. »Bei der Landung«, sagte er. »Ich wußte nicht, wie man mit einem Fallschirm umgehen muß. Ich dachte immer, man käme sanft auf, so, als würde man in ein Bett springen. Aber die Erde kam wie eine Faust auf mich zu, und Umber schlug in meinen Armen um sich. Ich konnte ihn doch nicht einfach fallen lassen, nicht wahr?«
    »Natürlich nicht, Liebling«, sagte Evelyn.
    »Also hielt ich ihn einfach fest und versuchte, mit den Füßen zuerst aufzukommen. Und dann schlug etwas meine Beine zur Seite…« Er zögerte und fragte sich, ob sie wissen konnte, was wirklich geschehen war. Er wollte sie nicht unnötig erschrecken. »Evelyn, Liebes«, sagte er und versuchte, sie in die Arme zu nehmen. »Nein, Liebling«, gab sie zurück und sah verängstigt beiseite. »Du mußt dich beeilen. Du mußt aufpassen – hinter dir ist irgend etwas!«
    »Die Schlackenstürme?« Er zog eine Grimasse. »Die habe ich schon oft überstanden.«
    »Nicht die Stürme!« schrie Evelyn. »Etwas anderes. Oh, Steven…« Dann war sie verschwunden. Krane wußte jedoch, daß sie die Wahrheit gesprochen hatte. Hinter ihm war irgend etwas, etwas, das ihm folgte. Sein Unterbewußtsein hatte diese Bedrohung schon ausgemacht. Sie hing über ihm wie eine dunkle Wolke. Er schüttelte den Kopf. Irgendwie war es unmöglich. Er war das letzte lebende Wesen auf der Erde. Wie konnte ihn da etwas bedrohen?
    Hinter ihm tosten die Stürme, und einen Moment

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