Halo 01 - Die Schlacht um Reach
Eridanus beträgt zweiundvierzig Minuten und drei Sekun-den.«
»Gut gemacht«, sagte Dr. Halsey. Sie löste ihren Gurt und streckte sich schwebend. »Ich hasse Kryoschlaf,« sagte sie. »Man fühlt sich danach so verkrampft.«
»Wie ich eben schon anmerkte, Doktor, dieses System ist gefährlich…«
Sie drehte sich elegant zu ihm um und stoppte ihre Bewegung, indem sie eine Hand gegen die Wand presste. »Oh ja, ich weiß, wie gefährlich dieses System ist. Es hat eine interessante Geschichte. Rebellenaufstände 2494, die zwei Jahre später vom UNSC niedergeschlagen wurden, es aber vier seiner Zerstörer kostete.« Sie dachte einen Moment lang nach und fügte dann hinzu: »Ich glaube, das Office of Naval Intelligence hat ihre Basis im Asteroidenfeld nie gefunden. Und da es in der Nähe immer noch organisierte Überfälle und gelegentliche Piratenübergriffe gibt, könnte man
– wie der Geheimdienst es sicher getan hat – darauf schließen, dass Teile der ursprünglichen Rebellenbewegung immer noch aktiv sind. Machen Sie sich darüber Gedanken?«
»Ja«, antwortete der Lieutenant. Er schluckte, sein Mund war plötzlich trocken, aber er war nicht bereit, sich von dieser Frau, einer Zivilistin, einschüchtern zu lassen. »Ich muss Sie wohl nicht daran erinnern, dass es meine Aufgabe ist, mir Gedanken über unsere Sicherheit zu machen.«
Sie wusste mehr als er über das Eridanus-System, wesentlich mehr –
und sie unterhielt offenkundig Kontakte zu Geheimdienstkreisen. Keyes hatte noch nie einen ONI-Agenten gesehen, zumindest nicht bewusst. Das normale Navy-Personal hatte diese Agenten auf einen fast schon mythologischen Sockel gehoben. Was auch immer er sonst über Dr. Halsey dachte, er würde von nun an davon ausgehen, dass sie wusste, was sie tat.
Dr. Halsey streckte sich einmal mehr und schnallte sich dann wieder auf der Navigationscouch fest. »Da wir gerade von Piraten reden«, sagte sie, ohne ihn anzusehen, »Sollten Sie nicht die Kommunikationskanäle nach illegalen Signalen absuchen? Nur für den Fall, das jemand ein ungewöhnliches Interesse an einem einsamen, nicht eskortierten diplomatischen Shuttle zeigen könnte…«
Lieutenant Keyes verfluchte sich für seine kurze Pflichtvernachlässigung und begann, die Frequenzen zu scannen. Toras überprüfte ihre Identifizierungscodes.
»Alle Signale verifiziert«, meldete er. »Keine Piratensendungen entdeckt.«
Dreißig Minuten vergingen in unangenehmem Schweigen. Dr. Halsey schien es nicht zu stören, Berichte zu lesen und ihm ansonsten den Rücken zuzuwenden.
Lieutenant Keyes räusperte sich schließlich. »Darf ich offen sprechen, Doktor?«
»Sie benötigen meine Erlaubnis nicht«, sagte sie. »Natürlich können Sie offen reden. Das haben Sie bisher ja auch ganz gut hingekriegt.«
Unter normalen Umständen und unter normalen Offizieren wäre diese letzte Bemerkung abwertend oder ablehnend zu verstehen gewesen, aber er ging nicht darauf ein. Normale militärische Verhaltensweisen und regeln schienen bei diesem Flug außer Kraft gesetzt zu sein.
»Sie sagten, Sie seien hier, um ein Kind zu observieren.« Er schüttelte zweifelnd den Kopf. »Wenn das Ganze nur die Tarnung für eine echte militärische Geheimoperation sein sollte, gibt es Offiziere, die dafür wesentlich besser qualifiziert wären. Ich habe erst vor sieben Wochen auf der UNSC
OCS graduiert. Meine Befehle überstellten mich zur Magellan, aber diese Order wurde aufgehoben. Ma’am?«
Sie drehte sich um und betrachtete ihn aus frostblauen Augen. »Fahren Sie fort, Lieutenant.«
Er griff nach seiner Pfeife, unterdrückte die Bewegung jedoch im Ansatz. Sie hätte das wohl für eine alberne Angewohnheit gehalten.
»Wenn dies eine geheimdienstliche Mission ist«, sagte er, »Weiß ich ehrlich gesagt nicht, weshalb ausgerechnet ich mit von der Partie bin.«
Sie beugte sich nach vorne. »Dann, Lieutenant, werde ich ebenso offen sprechen.«
Etwas tief in Lieutenant Keyes wusste, dass er es bereuen würde, das zu erfahren, was Dr. Halsey nun sagen würde. Er ignorierte das Gefühl. Er wollte die Wahrheit kennen lernen.
»Sprechen Sie weiter, Doktor.«
Ihr knappes Lächeln kehrte zurück. »Sie sind hier, weil sich Vice Admiral Stanforth, Leiter von Sektion Drei des UNSC-Militärgeheimdienstes weigerte, mir dieses Shuttle ohne mindestens einen UN SC-Offizier an Bord zu überlassen – obwohl er so gut wie ich weiß, dass ich dieses Ding hier sehr gut selbst fliegen könnte. Also suchte
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