Ungezaehmte Leidenschaft
Prolog
Virginia 1738
Der frisch gezeichnete Krieger des Lichts, Black Panther, strich über das Felsplateau, von dem aus man auf den reißenden Potomac schaute. Der raue Wind ließ Schneeflocken um ihn herumwirbeln, während er auf den Beginn des Rituals wartete, welches ihn, wenn es der Göttin gefiel, zu einem Gestaltwandler machen würde … einem der mächtigsten Geschöpfe auf Erden.
Vor ein paar Monaten hatte der Geist eines verstorbenen Kriegers des Lichts von ihm Besitz ergriffen und ihn mit seinem Mal versehen. Und keine Woche später, als er aufgebrochen war, um das Haus der Krieger ausfindig zu machen, hatte ihn die Zauberin Ancreta mit einer List gefangen genommen. Über Monate hatte er Folterqualen durch sie erleiden müssen, während sie versuchte, den Geist, der von ihm Besitz ergriffen hatte, auf die grausamste Art und Weise dazu zu bringen, sich von ihm zu lösen. Dadurch entzündete sie einen brennenden Zorn in seiner Seele, der sich seither nie wieder gelegt hatte.
Jetzt war der Zeitpunkt gekommen herauszufinden, ob es ihr gelungen war.
Um ihn herum maßen sechs Krieger des Lichts mit nacktem Oberkörper und einem breiten goldenen Reif, der den Arm jedes Einzelnen umschloss, einen mystischen Kreis ab. In ihrer Mitte stand die Strahlende, die einzige Frau, die sie begleitete – diejenige, durch die sie ihre Kraft aus der Erde zogen. Der mystische Kreis umschloss den großen, flachen Felsen, auf dem sie standen, und verbarg alles, was sich darauf abspielte, vor den spähenden Blicken der Indianer, die gelegentlich in diesen Wäldern jagten.
Es war ein trüber Tag, die Kälte schnitt in die nackte Haut seines Oberkörpers, eines Körpers, der zu viele Male unter Ancretas Folter gebrochen worden war.
Hass wühlte in seinen Eingeweiden. Zorn ließ sein Blut brodeln. Sieben lange Monate war er ihr auf Gedeih und Verderb ausgeliefert gewesen; der dritte von drei frisch mit Malen gezeichneten Kriegern, die die Hexe im Laufe der letzten zwei Jahre zu ihren Gefangenen gemacht hatte.
Nur zwei hatten überlebt … Vincent und er. Vor zehn Tagen war Vincent die Flucht gelungen. Vor neun Tagen war er zurückgekehrt und hatte erneute Gefangenschaft und Tod riskiert. Black Panther legte den Kopf in den Nacken, sodass der Wind ihm das lange Haar aus dem Gesicht streichen konnte. Vincent war seinetwegen zurückgekehrt. Und endlich, heute, würde das Ritual vollendet werden … die Wiedergeburt , um ihr Leben als wahre Krieger des Lichts fortzusetzen.
Vincent stand neben ihm. Das Lederband, mit dem sein blondes Haar im Nacken zusammengefasst war, hatte sich gelöst, sodass der Wind es ihm ins Gesicht wehte und immer wieder den Blick in seine Augen verwehrte, in denen stets ein amüsiertes Glitzern lag, welches nicht einmal erloschen war, wenn Ancreta die Folter auf die Spitze getrieben hatte. Die beiden frisch Gezeichneten, die jetzt bald Gestaltwandler sein würden, standen dicht nebeneinander, während sie die Krieger des Lichts, den Stolz des therianischen Volkes, mit vorsichtigem, fasziniertem Blick von oben bis unten musterten. Die Krieger waren allesamt so groß wie sie – alle maßen gut über zwei Meter und besaßen kräftige, muskelbepackte Körper. Black Panther erinnerte sich lebhaft an die Ehrfurcht, die ihn ergriffen hatte, als er eines Morgens erwacht war, die Klauenspuren über seinem Auge entdeckt und gewusst hatte, dass er auserwählt worden war, sich ihnen anzuschließen.
Während er noch schaute, nahmen die Krieger ihren Platz im Kreis ein und stimmten einen Gesang an. Die Magie mochte sie zwar vor spähenden Blicken schützen, doch das Wetter ließ sich damit nicht beeinflussen. Der schneidende Wind strich beißend über seine Haut, und Schneeflocken wirbelten um seine Knöchel.
Die Frau zog ihren wehenden Umhang fest um sich. Sie sah gereizt aus. »Warum können wir nicht ein, zwei Tage mit dem Ritual warten! Ich versteh das nicht. Es schneit!«
Der Anführer der Krieger, Lyon, reagierte mit kühler Beherrschtheit auf ihre Unzufriedenheit. »Die Krieger haben viel durchmachen müssen, Oudine. Sie brauchen deine Strahlung, und ich brauche sie, um die Anzahl meiner Männer zu vergrößern. Wir sind schon zu lange nur sechs.«
Die Frau stieß ein verärgertes Schnauben aus. »Du hast selbst gesagt, dass die Hexe ihnen möglicherweise so viel Schaden zugefügt hat, dass sie sich nicht mehr verwandeln können. Sie könnten nutzlos sein.«
»Schweig, Oudine.« Lyons Stimme war
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