Haltlos
Himmelsechsen kräftig gelogen und betrogen – nur dass wir im Unterschied zu euch Menschen noch immer die Möglichkeit haben, andere mit einem Blick in unsere Gedanken davon zu überzeugen, dass wir die Wahrheit sprechen.“
Sie sah in skeptisch an. „Und du bist dir ganz sicher, dass ihr so in jedem Fall die Wahrheit herausfinden könnt?“
Er nickte. „Wenn wir jemandem gestatten, in unserem Geist zu wandern, kann der Beobachter sich doch alles ansehen. Wie sollten wir da etwas verheimlichen können? Und selbst wenn wir die Person daran hindern, in bestimmte Bereiche hineinzusehen, so würde sie das auf alle Fälle bemerken und wüsste, dass wir etwas verbergen wollen.“
Victoria nickte. „Das klingt logisch… aber wo wir schon beim Verbergen sind: Das magische Feuer der Kampfes war teilweise extrem hell und weithin sichtbar. Wir waren zwar recht weit draußen auf der Ostsee, aber das haben doch sicher irgendwelche Menschen gesehen, oder nicht? Ich dachte, euch Drachen ist es besonders wichtig, nicht entdeckt zu werden.“
Jaromir grinste ironisch. „Hätte jemand anderes als ein Goldener diesen Kampf befohlen, so würde derjenige dafür garantiert schwer bestraft werden. Das Gebot, im Verborgenen zu leben, zählt während der letzten Jahrhunderte zu unseren zentralen Gesetzen. Aber es waren nun mal die Goldenen und so wird es weiter keine Konsequenzen geben.“
Victoria verdrehte die Augen. „Klüngel und Filz also auch unter euch Drachen… Aber, was ist mit den Menschen – wird da jetzt noch was gemacht?“ Sie dachte an ihre Freunde. Von der Lagerfeuerstelle aus hatte man den perfekten Blick auf die Ostsee und damit auch auf den Kampfplatz.
Jaromir winkte ab. „Mach dir keine Sorgen um deine Freunde. Ihr Menschen seid schon immer Profis im Deuten ungewöhnlicher Ereignisse gewesen. Für den Kampf werdet ihr die verschiedensten Erklärungsversuche finden: Wetterphänomene oder ein zu früh gezündetes Feuerwerk. Und wenn das alles widerlegt ist, dann kommt die Universalbegründung: Ufos. Das zieht immer und ist auch kaum zu entkräften. Solange wir nicht jede Woche an der Stelle kämpfen, ist das Ganze in wenigen Tagen wieder vergessen.“ Dann sah er sie offen an und fragte: „Und? Willst du noch etwas wissen?“
Sie blickte sich um und nickte. „Dieses Zelt ist sehr gemütlich. Wir haben tolle Luftmatratzen, Schlafsäcke und sogar Campingstühle. Dann gibt es noch ausreichend Verpflegung für zwei Wochen und diverse andere Kleinigkeiten. Aber du willst mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass das Heranschaffen der paar Sachen für Abrexar schwierig war. Und das Zelt hätten wir auch selbst aufbauen können… Ich verstehe nicht, wieso das Einrichten des Verstecks so zeitraubend war.“
Jaromir lächelte. „Die Sachen sind tatsächlich unbedeutend und nicht der Rede wert, aber…“ er deutete nach oben „… mach mal die Auren sichtbar und sieh in den Himmel.“
Sie zog argwöhnisch eine Augenbraue hoch. Dann betrachtete sie den Himmel und sah…
… nichts!
„Sieh genauer hin!“, forderte er sie auf.
Sie blickte erneut nach oben.
„Täusche ich mich oder ist da tatsächlich ein zartrosa Schleier?“
Er lachte. „Prima, du hast den Tarnschild entdeckt.“
„Ein Tarnschild?“, fragte sie neugierig.
Er nickte vergnügt. „Jawohl, ein Tarnschild. Ein Mensch hier in der Einöde, das ist leicht zu erklären: Einheimische, Wanderer, Urlauber. Aber ein schwarzer Drache? Wir wären schnell gefunden. Unter dem Schild ist meine Aura auch für die Sucher nicht zu erkennen und außerdem hat es den netten Nebeneffekt, dass die Zauber, die wir wirken, ebenfalls unentdeckt bleiben. Das heißt, die Goldenen müssen mit ihrer Truppe ebenfalls hier in die Pampa ziehen und alles persönlich durchkämmen.“
Er lachte amüsiert und fuhr fort: „Und die Goldenen hassen es, sich fernab jeglicher Zivilisation in der Wildnis aufzuhalten. Nur diesmal haben sie keine andere Wahl: Wenn sie mich finden wollen, können sie nur versuchen, mich zu orten. Da sie diesen Platz hier nicht kennen, erahnen sie nur die grobe Richtung und müssen das Gebiet dann selbst absuchen. Und das wird ungefähr eine Woche dauern.“ Er grinste breit und freute sich wie ein kleines Kind.
Das war ansteckend und so grinste auch sie. „Und wie groß ist der Tarnschild?“
„Oh, das haben die beiden alten Herrn wirklich gut hinbekommen: der Schild – oder besser gesagt, die Schilde, denn es sind tatsächlich fünf
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