Haltlos
gegessen...“
„Und was noch?“, wollt J mit hochgezogener Augenbraue wissen.
„Uns gut unterhalten“
„Das kann doch nicht alles gewesen sein? Immerhin bist du erst gegen halb drei zurück gewesen…“
„Du hast auf mich gewartet?“, fragte Victoria erstaunt.
„Nicht direkt. Du weißt doch: Eine Mutter kann immer erst dann einschlafen, wenn die lieben Kleinen wieder wohlbehalten zu Hause sind. Aber nun lenk nicht ab.“
Victoria sah, dass J sich tatsächlich Sorgen um sie gemacht hatte und war gerührt – er war wirklich ein toller Freund.
„Naja“, gab sie lächelnd zu, „seine Küsse sind ziemlich aufregend. Aber er übt sich bisher noch in Selbstbeherrschung.“
Sie war zufrieden. Sie sagte einwandfrei die Wahrheit – auch wenn J ihre Worte etwas anders verstand.
„Wie? Er begnügt sich immer noch mit Küssen?“
„Ja, das tut er. Wir lernen uns doch gerade erst kennen. Und ganz ehrlich J, die Sache ist kompliziert. Er ist um einiges älter als ich – wenn du wüsstest wie viel, mein Lieber! – und dann ist er eben auch nicht irgendein Mensch…“
„Ach Prinzessin, ich weiß doch, dass er dein Professor ist“, wischte J das Argument mit einer lässigen Handbewegung vom Tisch.
Victoria bekräftigte: „Aber genau das ist er, und er will mir eben Zeit geben, das alles auf die Reihe zu bekommen.“
J war ganz offensichtlich noch misstrauisch, sagte aber: „Das hört sich ja sehr anständig an.“
Sie nickte. „Er will einfach nur, dass ich glücklich bin und nichts bereuen muss. Wir lassen es langsam angehen. Darum wollen wir das Ganze jetzt auch noch nicht an die große Glocke hängen. Ich meine, was ist, wenn wir in ein paar Wochen feststellen, dass es, aus welchen Gründen auch immer, doch nicht passt? Ich habe keinen Bock, mir eine neue Uni suchen zu müssen.“
J nickte.
Sie sah in seinen Gedanken, dass er den Köder geschluckt hatte und ihr glaubte. Also fragte sie: „Könntest du mir den Gefallen tun und bitte in nächster Zeit niemandem von Jaromir und mir erzählen? Weißt du, die Geschichte mit Mark fand ich alles andere als lustig – all die mitleidigen Blicke gerade nach der Müllsackgeschichte… Und Mark kannte kaum einer an der Uni. Wenn das hier schief geht, wird es bestimmt noch schlimmer. Sollten meine Kommilitonen davon erfahren, dann kann ich mein Studium hier echt knicken – den Spießrutenlauf will ich nicht machen müssen.“
J nickte verständnisvoll, versiegelte mit Daumen und Zeigefinger seinen Mund und sagte dann ganz brüderlich: „Klar Vici! Ich werde die Klappe halten, versprochen!“
Ein Blick in seinen Geist verriet ihr, dass kein Wort über seine Lippen kommen würde.
Da Jaromir und Victoria beschlossen hatten, es erst mal langsam angehen zu lassen, hatten sie sich für Sonntag nicht verabredet. Victoria hatte am Samstag schon alle Aufgaben erledigt und überlegte nun, was sie tun sollte.
Das Wetter war schön und so beschloss sie, einen Spaziergang zu machen. J konnte ebenfalls frische Luft gebrauchen und kam mit. Wie so oft liefen sie runter zur Förde und dann Richtung Innenstadt. Dabei unterhielten sich über Gott und die Welt.
Victoria übte nebenbei, ihren Geist abzuschirmen und trotzdem mit J zu schnacken. Das klappte schon ganz gut, auch wenn sie sich manchmal dabei ertappte, dass ihre Vorhänge offen waren. Nebenbei warf sie den einen oder anderen Blick durch J’s Gedankenfenster. Auch das klappte immer besser. Ohne es zu wollen, hörte sie ihn aber noch nicht und darüber war sie sehr froh. Sie hatte schon ein schlechtes Gewissen, dass sie ihm von ihren neuen Fähigkeiten nichts erzählen durfte und ihn einfach so belauschte.
Irgendwann begann die Promenade und sie suchten sich eine Bank.
Das tolle an J war, dass er nicht die ganze Zeit reden musste. Mit ihm konnte man ohne Probleme eine halbe Stunde auf einer Bank sitzen, die Sonne genießen und musste kein Wort sagen. Das war echt entspannt! Sie sahen beide aufs Wasser und hingen ihren Gedanken nach.
Victoria musste grinsen – sie hing teilweise auch mal seinen Gedanken nach. Es war schon merkwürdig zu sehen, wie das Denken vor sich ging. Und meistens hatte es wenig mit klaren Strukturen zu tun – ganz anders als die gesprochene Sprache. Die Themen wechselten mal sprunghaft, mal fließend; manche Dinge konnte sie gar nicht erfassen, so schnell waren sie schon wieder verschwunden. Aber immer konnte sie spüren, ob ihn ein Gedanke erfreute oder belastete.
J hatte eine
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