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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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Aufzug. Eine Polizistin, die vor Apartment Nummer 25 Wache stand, grüßte sie. Der Tatort war mit breitem Plastikband abgesperrt: Tatort – Betreten polizeilich verboten. Bevor Daniels sich vorstellen konnte, brach Gormley keuchend durch eine Doppeltür. Er beugte sich vor, stützte die Hände auf die Knie, brauchte einen Moment, bis er wieder zu Atem kam.
    »Ich muss wieder ins Fitnessstudio gehen«, sagte er.
    Daniels lächelte die Polizistin an. »Das meint er ironisch. DS Gormley hat seit der Grundschulzeit keine Sporthalle mehr von innen gesehen. Humor macht unsere finstere Aufgabe ein bisschen erträglicher.« Dann zu Gormley. »Irgendwas gefunden?«
    »Negativ, aber es war anders, das kann ich dir sagen.«
    »Inwiefern?«
    »Keine Spritzen, keine gebrauchten Kondome, kein Pissgestank. Anders als unser Durchschnittstatort, oder?« Gormley sah auf die Uhr. »Nehmen Sie unseren Besuch zu Protokoll, bitte. Dies ist Detective Chief Inspector Daniels, und ich bin Detective Sergeant Gormley. Wo ist die Leiche?«
    »Zweite Tür rechts, Sergeant.«
    »Wer hat ihn gefunden?«, fragte Daniels.
    »Seine Frau, Monica Stephens.«
    »Wo ist sie jetzt?«
    »Mit Nervenzusammenbruch im Krankenhaus, Ma’am.«
    Daniels bedankte sich und ließ Gormley den Vortritt in die Wohnung, um den Türrahmen auf Anzeichen gewaltsamen Eindringens zu kontrollieren. Es war nichts zu sehen. Sie gingen einen breiten Flur entlang und lugten in die Zimmer auf jeder Seite. Alle sahen unberührt aus; alles aufgeräumt und an seinem Platz, soweit man das beurteilen konnte – bis sie ins Wohnzimmer kamen.
    Es war kalt und wenig einladend. Daniels gefiel es nicht besonders: Abgesehen von dem Blut an den Wänden, war alles im Zimmer weiß. Surreal war das Wort, das ihr dazu einfiel. Es ähnelte mehr einer kühlen Kunstausstellung als jemandes privatem Wohnraum. Als hätte ein Künstler willkürlich rote Farbe auf weiße Leinwand gespritzt und dann den Leichnam eines weißen Mannes sorgsam ins Zentrum drapiert, um den größtmöglichen Effekt zu erzielen.
    In einer Londoner Galerie würde das hier wahrscheinlich einen Preis gewinnen.
    »Ich denke, wir können davon ausgehen, dass er tot ist«, sagte Daniels. »Alarmier die Truppen und nimm mit dem Area Command Kontakt auf. Sag ihnen, sie sollen sofort mit den Haus-zu-Haus-Befragungen anfangen. Außerdem möchte ich ein mobiles Labor. Also das volle Programm, wenn du das kriegen kannst.«
    Gormley erledigte die Anrufe, dann ging er neben der Leiche in die Knie, um sie sich genauer anzusehen. Der Tote trug einen Smoking; abgesehen von einer fehlenden Fliege, war seine Kleidung untadelig. Eine Schusswunde hatte eine Seite des Schädels verwüstet.
    »Wette, das hat ziemlich gebrannt«, sagte Gormley. »Der muss jemanden wirklich geärgert haben, wenn man bedenkt, dass es kein Raubüberfall war.«
    »Wie kommst du darauf?«
    Gormley sah auf. »Seine Brieftasche liegt auf dem Tisch an der Tür.«
    Daniels kniete sich neben ihn, doch nur für einen kurzen Moment. Auch wenn sie den Tod schon in all seinen grausigen Erscheinungsformen gesehen hatte, schreckte sie jetzt, zum zweiten Mal in weniger als einem Jahr, plötzlich vor einer Leiche zurück. So war das seit Sarah Short, und nun – fast zwölf Monate später – fing alles wieder von vorne an.
    Ihr Verhalten alarmierte Gormley, der nicht begriff, was er verpasst hatte. Seine Augen wanderten zu einem Foto, das Daniels anstarrte. Er gab ihr einen Moment lang Zeit, um sich zu fassen, dann gewann seine Neugierde die Oberhand.
    Gormley dicht auf den Fersen, ging Daniels zu dem Tisch neben der Tür. Sie zog ihre Brille hervor, benutzte einen der Bügel, um die Brieftasche aufzuklappen. Es steckte ein Führerschein darin und Geld, viel Geld.
    Gormley las über ihre Schulter hinweg. »Alan James Stephens. Kanntest du ihn?«
    »Hab mich geirrt.« Sie hielt die Brille hoch. »Wenn ich die öfter auf der Nase hätte, würde ich wohl sehr viel besser sehen.«
    Gormley beäugte sie misstrauisch und ließ dann die Sache auf sich beruhen.

2
    Jo Soulsby sah auf ihre Füße hinunter und hoffte, dass die beiden jungen Frauen, die in Richtung des Nordausgangs des Exhibition Parks eilten, sie nicht bemerkt hatten. Sie hob die verweinten Augen, als die beiden ihren Weg fortsetzten, verschwörerisch miteinander flüsternd, wie junge Frauen das tun. Plötzlich wurden sie langsamer. Eine der Frauen warf einen Blick über die Schulter zurück. Jo drehte sich um in der

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