Happy End auf Sizilianisch
gemacht, dass er mich darum gebeten hat, und für mich war es eine Selbstverständlichkeit, mich an mein Versprechen zu halten – jedenfalls, soweit du es zugelassen hast.”
Bernardo war plötzlich aschfahl. “Als du vor mir gestanden hast und mich abholen wolltest, war ich felsenfest davon überzeugt, dass du mich hasst.”
“Du hättest dich mal sehen müssen”, erwiderte Baptista lachend. “Ein kleiner Junge von zwölf Jahren, der einfach wild entschlossen war, sich wie ein erwachsener Mann zu benehmen. Leider wusstest du noch nicht, dass es auch Männern dann und wann gut zu Gesicht steht, Gefühle zu zeigen. Der Versuch, dich zu umarmen, ist jedenfalls kläglich gescheitert.
Dass du es mir nicht leicht machen würdest, war mir von Anfang an klar. Nicht im Traum hätte ich allerdings damit gerechnet, wie hartnäckig du dich noch nach Jahren mir und deinen Brüdern gegenüber verschließt. Doch nicht einmal die Tatsache, dass du dich geweigert hast, den Namen deines Vaters zu tragen, konnte mich daran hindern, all die Jahre wie eine Mutter für dich zu empfinden.”
“Obwohl ich schuld an seinem Tod bin?”, fragte Bernardo entgeistert, weil ihm nicht in den Kopf wollte, dass Baptista ihm nicht den geringsten Vorwurf machte.
“Du warst doch noch ein Kind”, widersprach sie bestimmt. “Bald wirst du selbst Vater sein. Und du wärst der Letzte, der seinen Kindern ein Leben lang Vorwürfe für etwas macht, was sie aus Unerfahrenheit angestellt haben. Wie kannst du mir etwas unterstellen, was du selbst niemals tun würdest?”
Bernardo senkte betreten den Blick. “Verzeih mir, bitte – Mutter”, sagte er leise, doch immer noch laut genug, dass Baptista es hören konnte. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass er ihr keine größere Freude hätte machen können.
“Vor allem musst du dir selbst verzeihen”, sagte sie zärtlich. “Erst dann wirst du dich deiner Familie zugehörig fühlen, ohne Angst haben zu müssen, Verrat an deiner Mutter zu begehen. Wenn du einverstanden bist, würde ich sie gern in unsere Familiengruft in Palermo umbetten lassen. Dann sind wir endlich alle eine einzige große Familie.”
Bernardo war außerstande, etwas zu erwidern. Doch Baptista hatte auch so verstanden. Sie stand auf und nahm ihren Sohn in die Arme. Dabei warf sie einen verstohlenen Blick zu Angie, und die beiden Frauen verständigten sich mit einem Zwinkern, dass sie alle Geduld mit dem Starrkopf aufbringen würden, den sie beide liebten.
“Bei dem Tempo, in dem sich unsere Familie vergrößert, sollten wir aufpassen, dass wir nicht den Überblick verlieren”, sagte Baptista, nachdem sie sich aus der Umarmung gelöst und die Tränen abgewischt hatte. “Letztes Jahr die Heirat von Renato und Heather, heute die von Bernardo und Angie, zwei Enkelkinder sind auch schon unterwegs – und die nächste Hochzeit kündigt sich bereits an.”
Schon wollten sich alle nach Lorenzo umdrehen, als Baptista sich zu Federico wandte und seine Hand nahm. “Wir hätten schon vor vierzig Jahren heiraten sollen, aber wenn man sich liebt, ist es nie zu spät dafür.”
“Es wurde höchste Zeit, dass du auch mal an dich selbst denkst”, sagte Bernardo erfreut. “Bis jetzt warst du ja vollauf damit beschäftigt, die Ehen deiner Kinder einzufädeln.”
“Ich habe keinen Grund, mich zu beschweren”, erwiderte Baptista strahlend. “Außerdem ist meine Mission noch nicht beendet.”
Nun sahen tatsächlich alle zu Lorenzo, der augenblicklich rot wurde. “Solltest du mich im Sinn gehabt haben, kannst du dir deine Mühe sparen.”
“Nur Mut, Kleiner”, sagte Renato. “Mit der Zeit gewöhnt man sich … au!” Heather hatte ihm kurz entschlossen den Ellbogen in die Rippen gestoßen.
“Das mag ja sein”, entgegnete Lorenzo aufgebracht. “Und in zehn Jahren bin ich gern bereit, darüber nachzudenken. Bis dahin verschont mich bitte mit solchen Vorschlägen. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?”
Niemand erwiderte etwas, und die wissenden Blicke, die auf ihm ruhten, brachten ihn allmählich in Panik. “Ob ich mich klar genug ausgedrückt habe?”, wiederholte er fordernd.
“Das hast du in der Tat, mein Junge”, sagte Baptista sanft. “Ich würde vorschlagen, dass wir die Dinge in aller Ruhe auf uns zukommen lassen.”
Es war weit nach Mitternacht, und die letzten Gäste hatten das Fest verlassen, als ein einsames Paar Hand in Hand im Mondschein spazieren ging.
Die beiden sprachen kaum miteinander, und trotzdem
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