Happy End auf Sizilianisch
deinem Vater ziemlich unrecht getan”, wandte sich Bernardo betroffen an Angie. “Und er ist beileibe nicht der Einzige.”
“Ich kann dir die Entscheidung natürlich nicht abnehmen”, ergriff sie entschlossen die Gunst der Stunde, “aber meinst du nicht, dass es Zeit wird, offen mit Baptista zu reden?”
“Glaubst du wirklich, dass jetzt der richtige Zeitpunkt dafür ist?”
“Fällt dir ein besserer ein?”
Angies Einwand schien Bernardo zu denken zu geben, denn er sah sie eine ganze Weile unschlüssig an, bis er sich endlich einen Ruck gab und einwilligte. “Also schön”, sagte er entschlossen, “aber du musst mitkommen.”
Gemeinsam ging das frisch vermählte Paar zu dem Tisch, an dem Baptista und Federico saßen und verliebte Blicke austauschten. “Ich wollte mich noch bei dir bedanken”, begann Bernardo umständlich. “Was du heute für mich getan hast … und nicht nur heute. Wenn ich nur die richtigen Worte wüsste.”
“Vielleicht kann ich dir helfen”, erwiderte Baptista. “Seit zwanzig Jahren wünsche ich mir, dass du in mir eine Mutter siehst. Damit meine ich nicht, dass du deine leibliche Mutter vergessen sollst. Im Gegenteil. Ich möchte dir nur die Liebe geben dürfen, die sie dir gegeben hätte, wenn sie noch leben würde. Als du mich gebeten hast, dir zu helfen, war ich sehr glücklich. Zum ersten Mal hast du zugelassen, dass ich dich wie mein eigen Fleisch und Blut behandle.”
Bernardo war Baptistas unverhohlene Liebeserklärung sichtlich unangenehm. “Ich habe nicht das Recht, dass du mich liebst”, erwiderte er gequält. “Es gibt etwas … Wenn du die Wahrheit wüsstest, würdest du nicht so reden.”
“Welche Wahrheit kann so schlimm sein, dass ich nicht wie eine Mutter für dich empfinden soll, mein Sohn?”, fragte Baptista zärtlich.
“Die bittere Wahrheit, dass ich für den Tod deines Mannes verantwortlich bin”, machte er seinem Herzen Luft. “Wenn ich an jenem Tag nicht ausgerissen wäre, um meinen Vater zu besuchen und seine Frau und seine Söhne kennenzulernen, wäre der Unfall nicht passiert. Wie habe ich euch beneidet, weil ihr jeden Tag mit ihm zusammen sein durftet, während meine Mutter und ich ihn nur selten sahen und zur Strafe von allen Leuten im Dorf geschnitten wurden. Ich wollte unbedingt mit eigenen Augen sehen, wie ihr lebt. Weil es dunkel wurde, habe ich auf halbem Weg kehrtgemacht. Doch da hatten sich meine Eltern schon auf die Suche nach mir begeben. Wenn ich nicht ausgerissen wäre, würden sie heute noch leben!”
Noch während er sprach, betrachtete Bernardo Baptista und wartete ängstlich darauf, dass sich in ihrem Gesicht die Abscheu widerspiegeln würde, die sie für ihn empfinden musste.
Entsprechend unvorbereitet traf es ihn, als sie ihm ein verständnisvolles Lächeln schenkte. “Jetzt ist mir alles klar”, sagte sie ruhig. “Ich habe mich all die Jahre gefragt, warum du von zu Hause weggelaufen bist, und Vincente konnte es mir nicht erklären.”
“Vincente?”, fragte Bernardo ungläubig. “Wie hätte er dir etwas erklären können? Er war doch auf der Stelle tot, als das Auto in die Schlucht stürzte.”
“Bevor deine Mutter und er losgefahren sind, um dich zu suchen, hat er mich angerufen und mir gesagt, dass er später als geplant nach Hause kommt. Den Grund hat er mir selbstverständlich auch genannt.”
“Dann wusstest du die ganze Zeit …?”
“Vincente und ich hatten keine Geheimnisse voreinander”, erklärte Baptista dem sprachlosen Bernardo. “Und von der Beziehung zu deiner Mutter wusste ich selbstverständlich auch. Um genau zu sein, habe ich sie sogar gebilligt. Schockiert dich das etwa?”, fragte sie, als sie seinen fassungslosen Gesichtsausdruck sah.
“Allerdings”, gestand Bernardo. “Schließlich warst du seine Ehefrau …”
“Vielleicht lag mir deshalb vor allem sein Glück am Herzen. Und deine Mutter konnte ihm etwas geben, was ihm bei mir versagt blieb. Denn anders, als du anzunehmen scheinst, habe ich Vincente nicht geliebt, wie er mich nicht geliebt hat. Wir waren Freunde und Vertraute, aber meine Liebe gehörte einem anderen Mann.”
Sie wandte sich zu Federico und sah ihn zärtlich an, bevor sie weitersprach. “Dein Vater wusste das und hat es stets respektiert, so wie ich respektiert habe, dass er sozusagen eine zweite Familie gegründet hatte. Eines Tages hat er mir das Versprechen abgenommen, dass ich mich um euch kümmern würde, falls ihm etwas zustößt. Es hat mich stolz
Weitere Kostenlose Bücher