Happy End in Lindholm: Mittsommerträume (German Edition)
fährt, hat er noch einen dringenden geschäftlichen Termin hier in der Nähe.”
“Die Kleine wird also hierbleiben?”
“Ja.” Irmas Augen leuchteten. “Es ist schon so lange her, dass Gunnar es zum letzten Mal geschafft hat, sie zu uns zu bringen. Aber jetzt haben ihn seine Geschäfte glücklicherweise einmal in unsere Gegend geführt. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie Lennart und ich uns darüber freuen, unsere Enkelin drei Wochen hier bei uns zu haben.”
Doch, das konnte Louisa sich sogar sehr gut vorstellen. Auch sie freute sich auf die Gelegenheit, die Tochter ihrer verstorbenen Freundin besser kennenzulernen. Auf eine nähere Bekanntschaft mit Gunnar Persson hingegen konnte sie gut verzichten.
“Und was ist mit dieser Frau?”, fragte sie. “Die Schwarzhaarige? Ist sie Ann-Sofies Kindermädchen?”
“O nein, das ist Britt Egerlund, Gunnars Sekretärin.”
Damit hatte Louisa nun gar nicht gerechnet. “Sie ist nur seine Sekretärin?”, wiederholte sie ungläubig. “Bist du sicher, dass sie das auch weiß?”
Die Mutter ihrer Freundin schmunzelte. “Wenn sie es darauf abgesehen haben sollte, Gunnar für sich zu gewinnen, kann sie einem nur leidtun”, sagte sie. “Soweit ich es mitbekommen habe, hat es in den vergangenen zwei Jahren keine Frau lange bei ihm ausgehalten. Und ich fürchte, dass Ann-Sofie dabei durchaus eine tragende Rolle spielt. Apropos Ann-Sofie”, sagte Irma. “Ich nehme an, ich sollte wohl besser einmal nachsehen, wo sie sich so herumtreibt. Dich kann ich doch allein lassen?”
Louisa nickte abwesend, sie dachte immer noch über das nach, was Irma zuvor gesagt hatte. Wirklich bedauern konnte sie Gunnar nicht dafür, dass er Schwierigkeiten mit Frauen hatte. Ihrer Meinung nach trug er eine nicht zu leugnende Mitschuld an dem Schicksal, das ihrer Freundin zuteil geworden war. Warum sollte er nun mit einer anderen Frau glücklich werden, während Sonja …
Für Ann-Sofie hingegen brachte sie vollstes Verständnis auf. Nur zu gut konnte sie sich daran erinnern, wie es sich anfühlte, nach dem Tod der Mutter ständig zu Verwandten oder irgendwelchen Wildfremden abgeschoben zu werden. Kindermädchen, Internate – das alles hatte auch sie selbst durchmachen müssen, denn ihre Mutter war nach langer Krankheit gestorben, als sie gerade einmal sechs Jahre alt war. Bis zu jenem schicksalhaften Tag, an dem ihr Vater erkannte, dass sich mit ihr, Louisa, auch Geld verdienen ließ.
Denn genau das war es, was für Carl Sjoeberg wirklich im Leben zählte: Geld, Erfolg und Macht – und dass jeder in seiner Umgebung sich seinem Willen beugte. Das galt selbstverständlich besonders für seine Tochter, und Louisa hatte viele Jahre lang gehorcht, in der Hoffnung, auf diese Weise seine Zuneigung zu gewinnen.
Inzwischen wusste sie, dass das vergeblich gewesen war. Dennoch versuchte ihr Vater auch heute noch, sie zu manipulieren. In dem Brief, den er ihr über seinen Stellvertreter Niklas Värnolm hatte zustellen lassen, schwang eine kaum verhohlene Drohung mit: Wenn sie nicht tat, was er von ihr verlangte, würde sie die Konsequenzen zu tragen haben.
Aber darauf konnte er lange warten. Sie war nicht mehr das eingeschüchterte junge Ding von damals. Nicht mehr seit jenem Abend, an dem …
Mühsam schüttelte Louisa die Erinnerung ab, denn sie schmerzte auch nach all den Jahren noch. Stattdessen holte sie ihre Gedanken zurück in die Gegenwart. Sie seufzte. Es brach ihr das Herz, wenn sie daran dachte, dass es der kleinen Ann-Sofie womöglich eines Tages ganz ähnlich ergehen könnte wie ihr. Ein besonders liebevoller Vater schien Gunnar jedenfalls nicht zu sein, soweit Louisa das beurteilen konnte. Und diese Britt …
Wenn es irgendwie möglich war, wollte Louisa der Achtjährigen das Schicksal ersparen, das ihr selbst zuteil geworden war. Wie, das wusste sie allerdings selbst noch nicht.
Das Geräusch eines sich nähernden Autos riss sie aus ihren Gedanken. Da Lennart inzwischen seinen Wagen aus der Einfahrt gesetzt hatte, war der Weg nun frei für den BMW, der jetzt auf den Hof einfuhr.
Louisa fühlte sich, als hätte man einen Eimer Eiswasser über ihren Kopf ausgegossen. Obwohl sie durch die verspiegelte Frontscheibe den Fahrer nicht erkennen konnte, wusste sie doch gleich, um wen es sich handelte.
Nein, dachte sie, das kann nicht sein. Was hat
er
hier zu suchen?
Ein blonder junger Mann stieg aus und begrüßte die beiden Frauen mit einem knappen Nicken.
“Niklas!”,
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