Happy End in Lindholm: Mittsommerträume (German Edition)
Vater einen Rückzieher machen – egal, wie gut das Werbekonzept auch war, das er ihm vorlegte.
Am nächsten Morgen war Louisa schon früh unterwegs nach Lindholm Gård. Sobald die ersten Umrisse des Gutshofes in der Ferne auftauchten, fing ihr Herz an heftiger zu klopfen. Irritiert ging sie vom Gas. Was war bloß mit ihr los? Sie besuchte Lennart und Irma doch nicht zum ersten Mal. Es gab absolut keinen Anlass, jetzt plötzlich nervös zu werden.
Hör auf, dir selbst etwas vorzumachen, meldete sich die Stimme ihrer Vernunft zu Wort. Es gibt sehr wohl einen Grund – und dieser ist etwa eins neunzig groß und sportlich durchtrainiert, hat dichtes dunkles Haar und Augen so blau wie ein Gletschersee. Kurz: Gunnar.
Nach ihrem Streit am vergangenen Abend hatte sie sich eigentlich vorgenommen, Besuche auf Lindholm Gård bis zu Gunnars Abreise zu vermeiden. Ihre Situation war auch so schon verzwickt genug, da konnte sie keinen Mann gebrauchen, der alles noch zusätzlich verkompizierte.
Statt sich mit ihm zu befassen, sollte sie sich lieber um ihre eigenen Probleme kümmern. Der Schachzug mit dem neuen Pachtvertrag zeigte deutlich, wie ernst sie die Drohungen ihres Vaters nehmen musste. Und seit Niklas der neue Besitzer des Geländes war, auf dem ihr Haus und ihre Praxis standen, hatte er auch wirklich etwas gegen sie in der Hand: Wenn sie sich weiterhin weigerte, wieder als Model für ihn zu arbeiten, würde er ihr das Grundstück einfach wegnehmen. Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er dazu imstande war.
Natürlich hatte sie sofort versucht, ihren Vater zu erreichen, doch er ließ sich verleugnen. Dabei glaubte Louisa nicht, dass er sich tatsächlich auf Geschäftsreise befand. Seine Methoden waren ihr hinlänglich bekannt, daher wusste sie, dass er potenzielle neue Geschäftspartner gern eine Weile zappeln ließ. Sie “gar kochen” nannte er das – und genau diese Praxis wandte er nun auch bei ihr, seiner eigenen Tochter, an.
Louisa umklammerte das Lenkrad so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Wie konnte Carl das nur von ihr verlangen? Er wusste doch, warum sie sich entschlossen hatte, nie wieder als Model zu arbeiten. Was für ein Mensch musste man sein, um seiner eigenen Tochter so etwas anzutun?
Würdest du es über dich bringen, noch einmal vor eine Kamera zu treten?, fragte sie sich selbst. Sie war nicht sicher, aber allein der Gedanke jagte ihr fürchterliche Angst ein. Natürlich wusste sie, dass
er
ihr nichts mehr anhaben konnte, aber das machte es nicht besser. Es gab da draußen so viele Verrückte, die …
Hör auf! Hör um Himmels willen auf, dich selbst zu quälen! Louisa atmete tief durch, dann zwang sie sich, an etwas anderes zu denken.
Irma hatte schon sehr früh angerufen und sie gebeten, auf Lindholm Gård vorbeizukommen. Dem Welpen, den die kleine Ann-Sofie am vergangenen Abend mitgenommen hatte, ging es offenbar nicht gut. Louisa konnte das arme Tier schlecht leiden lassen, nur weil sie einer Begegnung mit Gunnar aus dem Wege gehen wollte.
Mit einem Seufzen gab sie wieder Gas und erreichte das Gut innerhalb weniger Minuten. Ausgerechnet Gunnar wartete draußen bereits auf sie. Seine Sekretärin lehnte im Türrahmen und machte einen betont gelangweilten Eindruck. Louisa stellte ihren Wagen neben dem grauen Volvo der Södergrens ab und stieg aus.
Britt begrüßte sie mit einem kühlen Kopfnicken. “Versteh einer die Welt … So ein Aufwand, bloß wegen eines kleinen Hundes!”
“Gut, dass Sie so schnell gekommen sind”, sagte Gunnar und warf Britt einen ärgerlichen Blick zu, woraufhin sie die Schultern zuckte und im Haus verschwand. “Ann-Sofie macht sich schreckliche Sorgen um das Hündchen. Es kommt doch wieder in Ordnung, oder?”
“Um diese Frage beantworten zu können, müsste ich es mir schon erst einmal ansehen.”
“Natürlich. Kommen Sie mit.”
Der Welpe lag auf einer dicken, flauschigen Wolldecke in Sonjas ehemaligem Zimmer, das Ann-Sofie offenbar für die Dauer ihres Aufenthaltes bewohnte. Die Kleine kniete neben dem Tier auf dem Boden. Als Gunnar und Louisa eintraten, blickte sie auf. Gerührt bemerkte die Tierärztin, dass Tränen in den Augen des Mädchens schimmerten.
“Er hat die ganze Zeit gewinselt”, erklärte Ann-Sofie, die sich große Mühe gab, tapfer zu bleiben. “Jetzt ist er eingeschlafen. Was hat er denn bloß?”
“Das haben wir gleich”, sagte Louisa. Sie öffnete ihren Behandlungskoffer, den sie aus dem Wagen
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