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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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angegriffen wurden. Harka überlegte kurz und handelte dann kühn: Er kappte mit dem Messer die Lederschnur, die den Hengst festhielt, und ließ ihn zu der Pferdeherde galoppieren. Mit hingebungsvollem Zutrauen wurde der Hengst von den Tieren dort begrüßt.
    Die Männer befanden sich unterdessen schon im Kampf mit den hungrigen Raubtieren. Weniger dem Spiel der nächtlichen Schatten als den Schreien, die von dem Höhenrücken her erklangen, entnahm der Junge, daß schon fünf Wölfe erlegt sein mußten. Die Hunde faßten mehr Mut; besonders die großen und starken unter ihnen nahmen den Kampf mit auf. Harka leitete seinen Mustang mit vorsichtigem Schenkeldruck so, daß er die Pferdeherde ständig umkreiste.
    Plötzlich wandte sich das Pferd und schlug mit den Hufen hoch aus, und Harka hatte in dem gleichen Augenblick zwei glühende Raubtieraugen im Gras beobachtet. Er klammerte sich mit den Schenkeln fest an das Pferd, spannte den Bogen und legte einen Pfeil ein. Der Wolf, dessen Augen der Junge erkannt hatte, änderte seine Taktik. Er wollte den hufschlagenden Hengst umschleichen und in die Herde einbrechen. Den Tieren waren am Abend die Vorderbeine gefesselt worden, so daß sie nur kleine Schritte machen und des Nachts nicht in die Prärie ausbrechen konnten. Sie waren dadurch aber auch einem Raubtier hilflos ausgeliefert. Es entstand sofort eine furchtbare Verwirrung in der Herde. Harka verschoß vom Rücken des bockenden Tieres einen Pfeil nach der Stelle, an der sich der Wolf bewegte, mußte aber gleich erkennen, daß er nicht getroffen hatte. Das Raubtier sprang eine Stute an, und diese tat das einzige, womit sie sich noch wehren konnte: Sie warf sich hin und wälzte sich. Der Hengst, auf dem Harka saß, schlug und biß in seinem Zorn wie ein Irrer um sich, dazu umbrandete den Jungen das Heulen der Hunde, das Schreien der Männer.
    Es war sehr dunkel, da die Anhöhe Schatten gegen das Mondlicht warf.
    Harka sprang ab. Er konnte dies wagen, weil er wußte, daß der Leithengst die gefesselte Herde nicht verlassen würde. Da er Pfeil und Bogen nicht vertraute, hing er den Bogen rasch wieder über die Schulter und nahm das Messer zur Hand. Der Wolf wollte sich eben am Hals der Stute festbeißen und war blind für alles andere. Der Junge kam heran, und mit einem kräftigen und gut gezielten Stoß stieß er das Messer dem Wolf bis zum Heft in den Hals.
    Er riß das Messer aus dem Körper des verendenden Tieres und stieß einen Siegesruf aus. Aber in diesem Augenblick wäre es ihm selbst fast ebenso ergangen wie dem getöteten Wolf. Er war wie berauscht von seinem Sieg und ließ einen Moment in seiner Aufmerksamkeit nach, und da mußte er auch schon mit Schrecken begreifen, daß er sich einem ganzen Rudel der Raubtiere gegenüber befand. Blitzartig wurde ihm die Lage klar. Das große Rudel hatte sich geteilt; eine Gruppe hatte von der Anhöhe her einen leichten Angriff geführt, der den Wölfen zwar Verluste brachte, aber Männer und Hunde auch ganz und gar nach dieser Seite hin beschäftigte.
    Unterdessen war ein anderer Teil des Rudels im Halbkreis herumgeschlichen, um überraschend in die Pferdeherde einzubrechen. Bei den Pferden waren nachts immer Wachen aufgestellt. Harka hatte am Abend die Einteilung mit angehört und wußte, daß um diese Stunde die jungen Burschen Tschetan und Schonka bei den Mustangs sein mußten. Sie waren aber beide nicht da. Sicher hatten sie sich verführen lassen, wegzulaufen und bei der Anhöhe gegen die Wölfe zu kämpfen!
    Harka schrie laut warnend. Drei der Wölfe hatten sich schon auf ein Pferd gestürzt und zerrissen es. Es war durchaus nicht sicher, daß die Raubtiere den Jungen, der nach »Mensch« und daher für sie gefährlich roch, überhaupt angreifen würden; sie hatten andere hilflose Beute genug vor sich. Aber da war ein Wolf, größer als die anderen; wahrscheinlich der Anführer des Rudels, und dieser setzte auf Harka an. Der Junge konnte sich nur noch dadurch retten, daß er auf das Pferd des Vaters sprang, das soeben doch in Todesangst von der Herde wegbrach.
    Nach knapp fünfzig Metern gelang es dem jungen Reiter, das Tier zu wenden, das nach dem ersten Augenblick eines panischen Schreckens selbst wieder zu der bedrohten Herde zurückstrebte, wahrscheinlich, um sie auf der Flucht mitzuziehen. Als Harka Zeltlager und Pferde wieder erblickte, begriff er sofort, was dort geschah. Viele Männer und Burschen, selbst Frauen und Mädchen waren herbeigeeilt, schnitten die

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