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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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jubelnder Knaben, Burschen und Männer umringt.
    Als Mattotaupa und Harka, selbst mitgerissen von der allgemeinen Freude, ihre Mustangs wieder antrieben, brausten alle zusammen dem Gehölz zu, so daß der Sand zwischen den Grasbüscheln hoch aufflog.
    Am Rande des Gehölzes wurden die Pferde zum Halten gebracht. Es formierte sich eine lange Reihe; an der Spitze ritt Mattotaupa, als zweiter Harka. Der Häuptling lenkte in den Pfad ein, der sich durch das häufige Passieren des Gehölzes ohne besonderes Zutun gebildet hatte. Die Sonne sank schon gegen Westen zu; ihre Strahlen spielten über die Wipfel der biegsamen Bäumchen und flimmerten im Gesträuch. Sie beleuchteten den Reiter an der Spitze. Harka sah vor sich das Bärenfell, und er wurde jetzt darauf aufmerksam, daß der Vater Kratzwunden an der Schulter hatte. Das Blut war schon verkrustet.
    Der Blick auf die Zelte tat sich auf. Mattotaupa ritt zum Dorfplatz und gab dort sogleich die Anweisung für die Frauen, das Fleisch des Bären noch vor der Nacht einzuholen. Die Reihe der Reiter löste sich. Einzelne ritten rechts und links zwischen den Zelten hindurch zum Platz. Andere sprangen schon ab, warfen den Jungen die Zügel zu und eilten zu Fuß zu dem großen Kreis, der sich jetzt auf dem Fest- und Tanzplatz bildete. Die Würdenträger des Dorfes, Hawandschita und die an Jahren und Erfahrung reichsten Krieger, hatten sich dort eingefunden. In ihrer Mitte erkannte Harka zwei ihm bis dahin unbekannte Personen, einen Indianer und einen Weißen.
    Bei dem Indianer war er sich sofort gewiß, wen er vor sich habe. Der ernste, willenskräftige Ausdruck dieses Mannes, seine stolze, gebieterische Haltung, die Adlerfedern als Zeichen seiner Würde, die sorgfältig und reich bestickte Lederkleidung machten es gleichermaßen erkennbar, daß er kein gewöhnlicher Krieger war. Er stand neben Hawandschita in der Mitte der angesehenen Ältesten der Bärenbande in schweigender Erwartung, während die jüngeren Männer und die Burschen noch einmal in lauten Jubel ausbrachen. Dieser fremde Indianer konnte niemand anderes sein als Tatanka-yotanka.
    Mattotaupa stieg ab und winkte dem Jungen, das gleiche zu tun. Tschetan nahm die Zügel der Pferde, während der Junge dem Vater half, das große Bärenfell abzunehmen. Der Häuptling, selbst zwei Meter groß, griff in das Kopfteil des Felles und hielt es mit gestrecktem Arm in die Höhe. Die Hintertatzen schleiften auf dem Boden. Rings wurden von neuem bewundernde Rufe laut. Mattotaupa ging auf Tatanka-yotanka und Hawandschita zu und breitete das Fell vor ihnen auf dem Boden aus.
    »Was für ein Bär! Was für ein Bär!« riefen die Männer ringsum.
    »Er ist erlegt«, sprach Mattotaupa. »Niemals mehr wird er unsere Fohlen zerreißen und unsere Männer anfallen. Er ist tot. Mit meinen Händen habe ich ihn erwürgt und ihm das Messer ins Herz gestoßen. Mein Sohn Harka Wolfstöter Büffelpfeilversender Bärenjäger aber hat diesen großen Grauen gereizt und sich ihm mit der Keule in der Hand entgegengestellt, bis ich ihn angreifen konnte!«
    Der Bericht bewegte alle, die ihn hörten. Der fremde Indianer trat vor, und unter dem achtungsvollen Schweigen der ganzen Runde besah er das Bärenfell und sprach dann:
    »Häuptling Mattotaupa! Du bist ein großer Jäger; noch nie sah ich, Tatanka-yotanka, einen kühneren und stärkeren. Dein Sohn aber hat nicht weniger Mut und Geschick. Wenn im Stamm der Dakota solche Männer leben und heranwachsen, werden unsere Jagdgefilde und unsere Zelte immer gut beschützt sein!«
    Den anerkennenden Worten des großen Zaubermannes, die Mattotaupa und Harka das Rot der Freude in die Wangen trieben, folgten das Lob Hawandschitas und wiederum die bewundernden Ausrufe der übrigen Krieger.
    Dann wurden alle auf einen neuen Vorgang aufmerksam. Der fremde weiße Mann, der auch im Kreis gestanden und den Harka schon hin und wieder mit einem Blick gestreift hatte, sprang hervor. Er war ein großgewachsener Kerl, kräftig gebaut und sicher nicht älter als zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig Jahre. Sein Rock war schmucklos, aber aus bestem Elenleder. Er trug hohe Stiefel. Der Gürtel war mit schwarzem und rotem Leder abgesetzt. Aus der Scheide schaute der Messerknauf, daneben steckte ein Tomahawk, ein von weißen Männern gefertigtes Kampf- und Wurfbeil mit blitzender Stahlschneide. Harka hatte von dieser Waffe viel gehört und sie bei den Pani auch schon gesehen. Der Mann hatte keinen Hut auf dem Kopf. Sein

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