Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Dienste leisteten und daß ein Mazzawaken nicht ein Zauber, sondern das Werk geschickter Hände war. Er wußte auch, daß ganze Stämme von roten Männern in Gefangenschaft lebten und daß Langspeer von dem Großen Vater in Washington die Erlaubnis erhalten hatte, den Maler zu begleiten. Von dem Großen Vater in Washington konnte Harka sich nur eine verschwommene Vorstellung machen. Wahrscheinlich, dachte der Junge, hat er auch gelbes Haar und einen Hut. Er gebietet über viele Krieger, die Mazzawaken besitzen.
    Aber das war im Augenblick unwichtig. Wesentlich war jetzt die Frage, warum Weitfliegender Vogel und Langspeer mit ihren Maultieren und ihrem Gepäck unterwegs waren. Es sah wie ein endgültiger Abschied aus. Aber das konnte doch nicht sein!
    Vielleicht hatte Mattotaupa ähnliche Gedanken, doch auch er sprach sie nicht aus. Er fragte nur freundlich: »Wollen wir eine kurze Rast miteinander machen?«
    Weitfliegender Vogel und Langspeer schienen überrascht, stimmten aber gern zu. Alle sprangen ab und ließen die Tiere frei grasen. Es gab keine Gefahr in der Nähe, und die Männer hielten es nicht für notwendig, die Tiere zu fesseln oder anzupflocken.
    Mattotaupa und der Cheyenne nestelten die Pfeifen los, und der Maler griff zu der unvermeidlichen Zigarre.
    »Wie hast du den großen Grauen erlegt, Häuptling?« fragten Gelbbart und Langspeer. »Berichte! Berichte!«
    Mattotaupa entsprach der Bitte und erzählte anschaulich, alle seine Worte mit Gesten begleitend; er sprang auf und spielte mit Harka zusammen seinen beiden Gästen aus frischer Erinnerung die Jagdszene noch einmal vor. Die beiden erlebten diesen Bericht in voller Erregung mit.
    »Ha, Mattotaupa, der größte Bärenjäger der Prärie und des Felsengebirges!«
    Langspeer erhob sich und holte aus dem Gepäck die Schwanzfedern des Kriegsadlers, den er in den Bergen erlegt hatte. »Dir zum Geschenk, Häuptling der Bärenbande! Füge diese Federn in deine Federkrone ein, wenn sie dessen wert sind!«
    Mattotaupa nahm das Geschenk an. »Immer wird meine Zunge den jungen Häuptling Langspeer und seine Freigiebigkeit zu rühmen wissen!«
    Der Dakota verteilte etwas von dem Proviant, den er vorsorglich mitgenommen hatte. Man aß gemeinsam, nicht aus Hunger, sondern um die Zusammengehörigkeit zu betonen.
    Dann erst stellte Mattotaupa die Frage, die ihm und auch Harka vom ersten Augenblick der Begegnung am Herzen und auf den Lippen gelegen hatte:
    »Weitfliegender Vogel und Langspeer führen ihre Maultiere mit sich und alle ihre Habe? Wollen sie einen weiten Ritt unternehmen?«
    Von den Mienen der Angeredeten schwand das Lächeln. »Wir verlassen dein gastliches Zelt, großer Häuptling Mattotaupa, um weiterzuziehen! Verzeihe uns, daß wir uns dazu entschlossen haben, als du fern auf der Jagd weiltest, und daß wir weggezogen sind, ohne in deinem Tipi von dir Abschied zu nehmen, ja, ohne zu wissen, wie dein Kampf mit dem Bären ausgegangen sein mochte. Es fiel uns selbst schwer, denn wir sind dir freund. Aber wir haben beide geglaubt, daß wir aus Freundschaft gegen dich so handeln müßten.«
    »Warum das?« fragte der Häuptling peinlich überrascht und tief verstimmt. »Was treibt euch fort?«
    »Die Vorsicht, Häuptling. Wir wollen dir keine Schwierigkeiten machen.«
    »Wen sollte Mattotaupa fürchten? Eure Worte schmecken nicht gut.«
    »Du fürchtest niemand, das wissen wir. Aber hüte den Frieden deiner Zelte. Du kehrst als Sieger von der Jagd zurück! Willst du mit eurem Geheimnismann in Streit geraten und deine Krieger dadurch beunruhigen? Hawandschita liebt uns beide nicht!«
    Mattotaupa tat einige Züge an seiner Pfeife. »Du wirst also mein Bild nicht malen?« Die Wangen des Malers röteten sich in aufsteigender Verlegenheit. »Erlaube mir, Häuptling, sogleich dein Bild zu skizzieren. Hast du eine Stunde Zeit?«
    »Mag Hawandschita doch warten, bis ich heimkehre! Du aber nimm deinen Geheimnisstab und mache das Bild, wie es dir gefällt!«
    Der Maler zögerte nicht. Er holte seinen Skizzenblock hervor und zeichnete voll Eifer.
    Mattotaupa blieb regungslos sitzen und schaute geradeaus, irgendwohin über die weiten Wiesen, in die sonnendurchflutete Ferne, in seine eigenen Gedanken und Pläne, Hoffnungen und Befürchtungen hinein.
    Der Maler zeichnete fast eine Stunde.
    Dann steckte er den »Geheimnisstab« wieder ein und gab den Block Langspeer, der ihn im Gepäck verstaute.
    Weitfliegender Vogel nahm noch eine Zigarre zwischen die Lippen,

Weitere Kostenlose Bücher