Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
mehr gesehen hatte, auf die Terrasse zurück.
    Sheriff’s Detective Jaye Winston lächelte, als sie das Kind in seinen Armen sah. Das Lächeln war aufrichtig, aber zugleich war es das zerstreute Lächeln von jemandem, der nicht gekommen war, um ein neugeborenes Baby zu bewundern. Der dicke grüne Ordner, den sie in einer Hand hielt, und die Videokassette in ihrer anderen konnten nur bedeuteten, dass Winston in einer dienstlichen Angelegenheit hier war. In einer tödlichen dienstlichen Angelegenheit.
    »Und, wie geht’s, Terry?«, fragte sie.
    »Könnte nicht besser sein. Erinnern Sie sich noch an Graciela?«
    »Aber natürlich. Und wer ist das da?«
    »Das ist CiCi.«
    In Anwesenheit anderer benutzte McCaleb nie den richtigen Namen seiner kleinen Tochter. Cielo nannte er sie nur, wenn er mit ihr allein war.
    »CiCi«, sagte Winston und zögerte, als warte sie auf eine Erklärung des Namens. Als keine kam, fragte sie: »Wie alt?«
    »Fast vier Monate. Sie ist sehr groß für ihr Alter.«
    »Aber ja, klar, das sieht man … Und der Junge … wo ist er?«
    »Raymond«, sagte Graciela. »Er ist mit Freunden unterwegs. Terry hatte einen Kunden und deshalb ist er mit Freunden in den Park, Softball spielen.«
    Die Unterhaltung war stockend und verkrampft. Entweder interessierte Winston das alles nicht wirklich oder sie war nicht an so banale Gespräche gewöhnt.
    »Möchten Sie vielleicht was trinken?«, erkundigte sich McCaleb und reichte das Baby Graciela.
    »Nein, danke. Ich habe auf der Fähre eine Cola getrunken.«
    Wie auf ein Stichwort hin oder weil es sich ärgerte, von einem Händepaar zum nächsten weitergereicht zu werden, begann das Baby zu quengeln. Darauf sagte Graciela, sie würde es nach drinnen bringen, und ließ sie allein auf der Terrasse. McCaleb deutete auf den runden Tisch, an dem sie fast jeden Abend aßen, wenn das Baby schlief.
    »Wollen Sie sich nicht setzen?«
    Er bugsierte Winston auf den Stuhl zu, von dem man den besten Blick auf den Hafen hatte. Sie legte den grünen Ordner, in dem McCaleb sofort die Akte eines Mordfalls erkannte, auf den Tisch und das Video oben drauf.
    »Schön«, sagte sie.
    »Ja, sie ist unglaublich. Ich könnte sie den ganzen Tag …«
    Er hielt lächelnd inne, als er merkte, dass sie das Panorama gemeint hatte, nicht seine Tochter. Auch Winston lächelte.
    »Sie ist auch schön, Terry. Wirklich. Auch Sie sehen gut aus, so braun und überhaupt.«
    »Ich fahre viel mit dem Boot raus.«
    »Und gesundheitlich geht es Ihnen gut?«
    »Nicht, dass ich klagen könnte, außer diesen Tabletten, die ich ständig nehmen muss. Aber die ganze Geschichte ist jetzt schon drei Jahre her und bisher ist alles glatt gelaufen. Ich glaube, ich bin über den Berg, Jaye. Ich muss nur weiter diese blöden Pillen schlucken. Dann müsste es auch so bleiben.«
    Er lächelte und er sah aus wie die Gesundheit in Person. Während die Sonne seine Haut dunkler gemacht hatte, hatte sie auf sein Haar die gegenteilige Wirkung gehabt. Ordentlich und kurz geschnitten, war es inzwischen fast blond. Durch die Arbeit auf dem Boot war auch seine Arm- und Schultermuskulatur ausgeprägter geworden. Das einzige verräterische Detail war unter seinem Hemd verborgen, die fünfundzwanzig Zentimeter lange Narbe, die von der Transplantation zurückgeblieben war.
    »Das freut mich«, sagte Winston. »Wie es aussieht, haben Sie sich hier ja bestens eingerichtet. Neue Familie, neues Heim … weit weg von allem.«
    Sie schwieg einen Moment, während sie den Kopf drehte, als wollte sie die ganze Aussicht und die Insel und McCalebs Leben gleichzeitig erfassen. McCaleb hatte Jaye Winstons jungenhafte Art schon immer attraktiv gefunden. Sie hatte loses rotblondes Haar, das sie schulterlang trug. Als er noch mit ihr zusammengearbeitet hatte, hatte sie sich nie geschminkt. Aber sie hatte durchdringende, wissende Augen und ein lockeres, aber etwas trauriges Lächeln, als sähe sie in allem Komik und Tragik gleichzeitig. Sie trug eine schwarze Jeans und einen schwarzen Blazer mit einem weißen T-Shirt darunter. Sie wirkte cool und abgebrüht und McCaleb wusste, dass sie das auch war. Sie hatte die Angewohnheit, beim Sprechen immer wieder ihr Haar hinter die Ohren zu haken. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund fand er das anziehend. Er hatte immer gedacht, wenn er sich nicht mit Graciela zusammengetan hätte, hätte er vielleicht versucht, Jaye Winston näher kennenzulernen. Er spürte auch, dass Winston das intuitiv wusste.
    »Da

Weitere Kostenlose Bücher