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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Vorspiel
    B osch blickte durch das kleine Quadrat aus Glas und sah, dass der Mann allein in der Zelle war. Er nahm seine Pistole aus dem Holster und reichte sie dem diensthabenden Sergeant. Standardvorgehen. Die Stahltür wurde aufgeschlossen und aufgeschoben. Sofort stach Bosch der Geruch von Schweiß und Erbrochenem in die Nase.
    »Wie lang ist er schon da drinnen?«
    »Ungefähr drei Stunden«, sagte der Sergeant.
    Den Blick auf die am Boden liegende Gestalt gerichtet, betrat Bosch die Arrestzelle.
    »Okay, Sie können abschließen.«
    »Geben Sie mir einfach Bescheid.«
    Mit einem durchdringenden Ruck und Knall wurde die Tür zugeschoben. Der Mann auf dem Boden stöhnte und bewegte sich ein wenig. Bosch ging zu der Bank direkt neben ihm und setzte sich. Er nahm das Tonbandgerät aus der Jackentasche und legte es auf die Bank. Er blickte zu dem Glasfenster in der Tür hoch und sah, wie das Gesicht des Sergeants verschwand. Er stieß dem Mann mit der Schuhspitze in die Seite. Der Mann stöhnte wieder.
    »Wach schon auf, du Scheißhaufen.«
    Der Mann auf dem Boden der Zelle drehte langsam den Kopf, dann hob er ihn. Seine Haare waren von Farbspritzern gesprenkelt, sein Hemd und sein Hals von Erbrochenem verklebt. Er öffnete die Augen, schloss sie aber wegen der grellen Deckenbeleuchtung der Arrestzelle sofort wieder. Seine Stimme war ein heiseres Flüstern.
    »Sie schon wieder.«
    Bosch nickte.
    »Ja. Ich.«
    »Unser kleiner Tanz.«
    Die drei Tage alten Stoppeln im Gesicht des Betrunkenen durchschnitt ein Lächeln. Bosch sah, dass ihm ein Zahn fehlte, der ihm letztes Mal noch nicht gefehlt hatte. Er legte die Hand auf das Tonbandgerät, stellte es aber noch nicht an.
    »Steh auf. Wir müssen reden.«
    »Sie haben sie wohl nicht alle. Ich habe keine Lust –«
    »Du hast nicht mehr viel Zeit. Sprich mit mir.«
    »Lassen Sie mich in Ruhe, verdammte Scheiße noch mal.«
    Bosch blickte zum Fenster hoch. Es war frei. Er sah wieder auf den Mann am Boden hinab.
    »Dein Heil liegt in der Wahrheit. Jetzt mehr denn je. Ohne die Wahrheit kann ich dir nicht helfen.«
    »Sind Sie jetzt plötzlich ’n Priester, oder was? Wollen Sie mir die Beichte abnehmen?«
    »Willst du sie denn ablegen?«
    Der Mann auf dem Boden sagte nichts. Nach einer Weile dachte Bosch, er wäre vielleicht wieder eingeschlafen. Wieder stieß er dem Mann die Schuhspitze in die Seite, in die Niere. Der Mann explodierte in Bewegung, schlug mit Armen und Beinen um sich.
    »Leck mich!«, brüllte er. »Hau ab. Ich will einen Anwalt.«
    Einen Moment blieb Bosch still. Er nahm das Tonbandgerät und steckte es in seine Tasche zurück. Dann beugte er sich vor, die Ellbogen auf den Knien, die Hände verschränkt. Er sah den Betrunkenen an und schüttelte langsam den Kopf.
    »Dann kann ich dir wohl nicht helfen«, sagte er.
    Er stand auf und sah durch das Fenster nach dem diensthabenden Sergeant. Er ließ den Mann auf dem Boden liegen.

1
    W ir kriegen Besuch.«
    Terry McCaleb sah seine Frau an und folgte dann ihrem Blick auf die gewundene Straße hinab. Er konnte den Golf-Cart die steile, kurvenreiche Straße zum Haus heraufkommen sehen. Der Fahrer war durch das Dach des Gefährts verdeckt.
    Sie saßen auf der hinteren Terrasse des Hauses, das er und Graciela in der La Mesa Avenue gemietet hatten. Die Aussicht reichte von der schmalen, kurvenreichen Straße unterhalb des Hauses bis nach Avalon und seinem Hafen und dann über die Santa Monica Bay hinaus zu der Smogschicht, die das Festland anzeigte. Diese Aussicht war der Grund dafür gewesen, daß sie sich bei ihrem Umzug auf die Insel für dieses Haus entschieden hatten. In dem Moment, in dem seine Frau sprach, hatte sein Blick jedoch auf dem Baby in ihren Armen geruht, nicht auf der Aussicht. Er konnte nicht weiter sehen als bis zu den großen blauen vertrauensvollen Augen seiner Tochter.
    McCaleb sah die Mietnummer an der Seite des unter ihm vorbeifahrenden Golf-Carts. Es war kein Einheimischer, der sie besuchen kam. Es war jemand, der wahrscheinlich mit der Catalina-Express-Fähre vom Festland gekommen war. Trotzdem fragte er sich, woher Graciela wusste, dass der Wagen zu ihrem Haus unterwegs war und nicht zu einem der anderen in der La Mesa.
    Er fragte sie nicht danach – sie hatte schon öfter solche Vorahnungen gehabt. Er wartete bloß, und kurz nachdem der Golf-Cart verschwunden war, klopfte jemand an der Haustür. Graciela ging öffnen und kehrte wenig später mit einer Frau, die McCaleb drei Jahre nicht

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