Harry Potter - Gesamtausgabe
er bisher damit ausgeführt hatte, waren ihm weniger kräftig vorgekommen als die, die er mit seinem Phönix-Zauberstab hervorgebracht hatte. Der neue fühlte sich aufdringlich fremd an, als ob die Hand von jemand anderem ans Ende seines Arms genäht wäre.
»Du musst einfach üben«, sagte Hermine, die sich ihnen lautlos von hinten genähert und besorgt beobachtet hatte, wie Harry versuchte, die Spinne größer und kleiner werden zu lassen. »Das ist nur eine Frage des Selbstvertrauens, Harry.«
Er wusste, warum sie wollte, dass der Zauberstab in Ordnung war: Sie hatte nach wie vor ein schlechtes Gewissen, weil sein eigener zu Bruch gegangen war. Er verkniff sich die Erwiderung, die ihm schon auf der Zunge lag: dass sie den Schwarzdornstab doch selber nehmen könnte, wenn sie glaubte, dass es keinen Unterschied machte, und er würde dann ihren behalten. Doch weil er unbedingt wollte, dass sie alle wieder Freunde waren, pflichtete er ihr bei; als Ron jedoch Hermine zaghaft zulächelte, stolzierte sie davon und verschwand wieder hinter ihrem Buch.
Als es dunkel wurde, kehrten alle drei ins Zelt zurück, und Harry übernahm die erste Wache. Während er im Eingang hockte, versuchte er, mit dem Schwarzdornstab kleine Steine vor seinen Füßen zum Schweben zu bringen: Doch sein Zaubern erschien ihm nach wie vor schwerfälliger und kraftloser als sonst. Hermine lag im Bett und las, während Ron, nachdem er etliche Male scheu zu ihr hochgeschaut hatte, ein kleines hölzernes Radio aus seinem Rucksack geholt hatte und nun versuchte, einen Sender einzustellen.
»Da gibt es dieses eine Programm«, erklärte er Harry mit leiser Stimme, »das berichtet, was wirklich los ist. Alle anderen sind auf der Seite von Du-weißt-schon-wem und folgen der Linie des Ministeriums, aber dieses eine … warte, bis du es hörst, es ist toll. Nur können sie nicht jede Nacht senden, sie müssen ständig den Standort wechseln, damit sie in keine Razzia geraten, und man braucht ein Passwort, um den Sender zu empfangen … das Problem ist nur, dass ich das letzte nicht mitgekriegt habe …«
Er trommelte mit dem Zauberstab leicht auf das Radio und murmelte irgendwelche Wörter vor sich hin. Unterdessen warf er immer wieder verstohlene Blicke auf Hermine, offensichtlich aus Angst vor einem Wutausbruch, doch er hätte genauso gut Luft sein können, so wenig Notiz nahm sie von ihm. Etwa zehn Minuten lang klopfte und murmelte Ron, während Hermine die Seiten ihres Buches umblätterte und Harry weiter mit dem Schwarzdorn-Zauberstab übte.
Schließlich kletterte Hermine von ihrem Bett herunter. Ron hörte sofort auf zu klopfen.
»Wenn es dich nervt, lass ich es bleiben!«, meinte er nervös zu ihr.
Hermine ließ sich nicht dazu herab, ihm zu antworten, sondern ging auf Harry zu.
»Ich muss mit dir reden«, sagte sie.
Er blickte auf das Buch, das sie immer noch in der Hand hielt. Es war Leben und Lügen des Albus Dumbledore.
»Was gibt’s?«, fragte er argwöhnisch. Ihm schoss durch den Kopf, dass es auch ein Kapitel über ihn selbst darin gab; er war nicht sicher, ob er jetzt in der Stimmung war, sich Ritas Darstellung seiner Beziehung zu Dumbledore anzuhören. Auf Hermines Antwort jedoch war er überhaupt nicht gefasst.
»Ich möchte Xenophilius Lovegood besuchen.«
Er starrte sie an.
»Wie bitte?«
»Xenophilius Lovegood. Lunas Vater. Ich will hin und mit ihm reden!«
»Ähm – wieso?«
Sie holte tief Luft, als würde sie all ihren Mut zusammennehmen, und sagte: »Es geht um das Zeichen, das Zeichen in Beedle dem Barden . Schau dir das an!«
Sie hielt Leben und Lügen des Albus Dumbledore vor Harrys unwillige Augen, und er sah ein Foto von dem Originalbrief, den Dumbledore an Grindelwald geschrieben hatte, mit Dumbledores vertrauter feiner, schräger Handschrift. Es war ihm zuwider, den zwingenden Beweis dafür zu sehen, dass Dumbledore diese Worte tatsächlich geschrieben hatte, dass sie nicht Ritas Erfindung waren.
»Die Unterschrift«, sagte Hermine. »Sieh dir die Unterschrift an, Harry!«
Er gehorchte. Im ersten Moment wusste er überhaupt nicht, was sie meinte, doch als er mit Hilfe seines leuchtenden Zauberstabs näher hinsah, erkannte er, dass Dumbledore das »A« von Albus durch eine winzige Version jenes dreieckigen Zeichens ersetzt hatte, das auch in die Märchen von Beedle dem Barden hineingemalt war.
»Ähm – was macht ihr –?«, fragte Ron zaghaft, doch Hermine brachte ihn mit einem Blick zum Verstummen und
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