Family Affairs: Heiße Sehnsucht: Erotischer Roman (German Edition)
Kapitel 1
„Ich kann nur hoffen, dass er im Büro ist, ich habe keine Lust, mir noch weiter die Finger wund zu wählen.“
Beth stöhnte unterdrückt auf, als sie die eisige Stimme von Winnifred St. Clair hinter der nur leicht angelehnten Bürotür hörte. Energische Schritte näherten sich, untermalt vom rhythmischen Klick-klack hoher Absätze. Jeden Augenblick würde Quinns Mutter in das Vorzimmer rauschen und sie wieder mit diesem stechenden Blick durchbohren, den Beth fürchten gelernt hatte. Es war kein großes Geheimnis, dass Lady St. Clair sie auf den Tod nicht leiden konnte. Da sie den Grund für diese Abneigung kannte, brachte sie sogar so was wie Mitleid für sie auf, auch wenn die ständigen Anfeindungen mehr als unangenehm waren.
Quinns verstorbener Vater hatte bis zu seinem Tod eine außereheliche Beziehung zu einer gewissen Cassandra Wilcox unterhalten. Beth hatte das Pech, dieser Frau optisch sehr zu ähneln. Klein, rothaarig und kurvig. Ihr bloßer Anblick erinnerte Winnifred jedes Mal aufs Neue an die Untreue ihres verstorbenen Gatten, und da Quinns Vater und Miss Wilcox leider nicht mehr unter den Lebenden weilten, entlud sich Lady St. Clairs ganze Wut ungerechterweise auf Beth.
Die Affäre kam raus, als die beiden gemeinsam bei einem Autounfall starben, und die hiesige Presse war natürlich pietätlos genug, um diesen Skandal bis ins letzte peinliche Detail auszuschlachten. Der verheiratete und gut beleumundete Inhaber von Thayet Jewels war jahrelang fremdgegangen, und das nicht, wie es so oft der Fall war, mit einer glamourösen Schönheit, sondern mit einer Frau, die völlig normal aussah. So wie Beth eben auch. Offenbar hatte Jonathan St. Clair in den Armen der anderen etwas gefunden, das ihm seine Ehefrau nicht geben konnte, und immerhin – auch wenn das sein Verhalten nicht entschuldigte – war er bis zu seinem Tod sehr diskret gewesen. Ohne den Unfall wäre die Affäre wohl nie herausgekommen, auch wenn Beth vermutete, dass Winnifred St. Clair davon gewusst hatte. Quinns Mutter verfügte über einen außerordentlich wachen Verstand. So eine Frau führte man nicht jahrelang hinters Licht, ohne dass sie es merkte. Doch es war eine Sache, dem Gatten und seiner Freundin im Privaten zu grollen, eine andere jedoch, vor aller Welt als betrogene Ehefrau dazustehen. Diese Demütigung musste für diese stolze Frau unvorstellbar gewesen sein. Beth konnte sich daher durchaus vorstellen, dass Winnifred ihren Anblick aufgrund der Ähnlichkeit zu Cassandra nur schwer ertragen konnte. Mittlerweile waren aber drei Jahre vergangen. Nach so einer langen Zeitspanne musste es doch möglich sein, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, und nicht eine unbeteiligte Person – also sie – für das Fehlverhalten ihres Mannes zu bestrafen. Es war nämlich alles andere als angenehm, völlig grundlos wie eine Aussätzige behandelt zu werden.
In diesem Augenblick tauchte Lady St. Clair wie Medusa persönlich an der Türschwelle auf und verschwendete keine Zeit mit Höflichkeiten, als sich ihre Blicke trafen.
„Ist er hier?“, fragte sie knapp. Oh ja, sie kam wie üblich gleich zur Sache.
Beth versuchte Zeit zu schinden.
„Lady St. Clair, wie schön, Sie wiederzusehen“, grüßte sie und überlegte, wie sie dieser Frau schonend beibringen sollte, dass Quinn heute niemanden sprechen wollte. Sie krümmte sich innerlich unter den eisigen Blicken seiner Mutter. Puh, wenn diese Augen töten könnten, wäre sie schon längst zu Staub zerfallen! Nicht den leisesten Hauch an Freundlichkeit konnte sie auf den aristokratischen Zügen entdecken, und Beth hätte ihren Hintern verwettet, dass dieses beinahe faltenlose Antlitz in tausend Teile zerspringen würde, sollte sie sich jemals dazu herablassen, die Mundwinkel für eine Proletariergöre aus dem unfeinen East End anzuheben.
„Ms. Summers, hätten Sie vielleicht die Güte, mir zu antworten, wenn ich Ihnen eine Frage stelle?“, fragte Quinns Mutter spitz. „Oder sind Sie etwa schwerhörig?“
„Doch, doch, ich habe jedes Wort verstanden“, erklärte Beth eilig und spürte förmlich, wie die Raumtemperatur gefühlte zehn Grad nach unten sank. „Es ist nur so …“
Ein ungeduldiges Schnauben unterbrach ihren angefangenen Satz. „Herrgott, warum drucksen Sie nur so rum? Es ist kaum zu fassen, dass Calista und Sie Schwestern sind. Aber es gibt wohl immer ein schwarzes Schaf in einer Familie“, komplettierte sie ihre Gemeinheit.
Ihre Stiefschwester
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