Harry Potter - Gesamtausgabe
ist«, fuhr sie fort und zwinkerte Dudley zu. »Du wirst sicher mal ein stattlicher Mann, Dudders, wie dein Vater. Ja, danke, Vernon, noch ein winziges Schlückchen Kognak …«
»Aber der da –«
Sie ruckte mit dem Kopf in Richtung Harry, dessen Magen sich verkrampfte.
Das Handbuch, dachte er rasch.
»Der da hat ein fieses, zwergenhaftes Aussehen. Das sieht man auch bei Hunden. Letztes Jahr hab ich Oberst Stumper einen ertränken lassen. Rattiges kleines Ding. Schwach. Unterzüchtet.«
Harry versuchte sich Seite zwölf seines Buches in Erinnerung zu rufen: Ein Zauber zur Kur renitenter Rückwärtsgänger .
»Alles eine Frage des Blutes, sag ich immer. Schlechtes Blut zeigt sich einfach. Nun, ich will nichts gegen eure Familie sagen, Petunia –«, sie tätschelte Tante Petunias Hand mit ihrer eigenen schaufelgroßen, »– aber deine Schwester war ein faules Ei. Kommt in den besten Familien vor. Dann ist sie mit diesem Taugenichts abgehauen, und was dabei herauskam, sitzt hier vor uns.«
Harry starrte auf seinen Teller, ein merkwürdiges Klingeln in den Ohren. Packen Sie Ihren Besen fest am Schweif, dachte er. Doch er wusste nicht mehr, was dann kam. Tante Magda schien in ihn hineinzubohren wie einer von Onkel Vernons Bohrern.
»Dieser Potter«, sagte Tante Magda laut, griff sich die Flasche und schüttete Kognak in ihr Glas und auf das Tischtuch, »ihr habt mir nie gesagt, was er beruflich gemacht hat!«
Onkel Vernon und Tante Petunia schienen auf glühenden Kohlen zu sitzen. Sogar Dudley hatte den Blick von der Torte erhoben und starrte seine Eltern an.
»Er – er hat nicht gearbeitet«, sagte Onkel Vernon und warf Harry einen kurzen Blick zu. »War arbeitslos.«
»Das hab ich mir gedacht!«, sagte Tante Magda, nahm einen gewaltigen Schluck Kognak und wischte sich mit dem Ärmel das Kinn. »Ein fauler Rumtreiber, der –«
»War er nicht«, sagte Harry plötzlich. Am Tisch trat jähe Stille ein. Harry zitterte am ganzen Körper. Noch nie war er so zornig gewesen.
»Noch Kognak!«, schrie Onkel Vernon, der käseweiß geworden war. Er schüttete den Rest der Flasche in Tante Magdas Glas.
»Und du, Bursche«, fauchte er Harry an, »du gehst zu Bett, verschwinde –«
»Nein, Vernon«, hickste Tante Magda mit erhobener Hand, während sie ihre kleinen, blutunterlaufenen Augen fest auf Harry richtete. »Sprich weiter, Bürschchen, nur weiter. Stolz auf deine Eltern, nicht wahr? Da gehen die doch einfach hin und fahren sich zu Tode – betrunken, nehm ich an –«
»Sie sind nicht bei einem Autounfall gestorben!«, sagte Harry, der plötzlich auf den Füßen stand.
»Sind sie sehr wohl, du frecher kleiner Lügner, und sie haben dich zurückgelassen als Last für ihre anständigen, hart arbeitenden Verwandten!«, schrie Tante Magda und schwoll vor Zorn an. »Du bist ein unverschämter, undankbarer kleiner –«
Doch Tante Magda verstummte plötzlich. Einen Moment lang sah es so aus, als fehlten ihr die Worte. Sie schien vor unsäglicher Wut anzuschwellen – doch es nahm kein Ende. Ihr großes rotes Gesicht dehnte sich aus, die winzigen Augen traten hervor und der Mund war so fest gespannt, dass sie nicht mehr sprechen konnte – und jetzt rissen einige Knöpfe von ihrer Tweedjacke und flogen gegen die Wände – sie schwoll an wie ein monströser Ballon, ihr Bauch platzte jetzt durch ihren Tweedbund, jeder einzelne Finger blähte sich zu Salamigröße auf –
»Magda«, schrien Onkel Vernon und Tante Petunia wie aus einem Munde, als Tante Magdas ganzer Körper vom Stuhl abhob. Sie war jetzt kugelrund wie eine riesige Rettungsboje mit Schweinchenaugen, Hände und Füße standen merkwürdig ab, während sie unter Würgen und Puffen in die Höhe schwebte. Ripper kam ins Zimmer gewatschelt und fing an wie verrückt zu bellen.
»Neeeeeeeiiin!«
Onkel Vernon packte Magda an einem Fuß und versuchte sie herunterzuziehen, doch er selbst hob beinahe vom Boden ab. Im nächsten Augenblick machte Ripper einen Satz und versenkte die Zähne in Onkel Vernons Bein.
Harry verschwand aus dem Esszimmer, bevor ihn jemand aufhalten konnte, und rannte zum Schrank unter der Treppe. Die Schranktür sprang von Zauberhand auf, als er sich näherte. Im Handumdrehen hatte er seinen großen Reisekoffer zur Haustür geschleift. Er sprintete die Treppe hoch, hechtete unter das Bett, riss das lose Dielenbrett heraus und griff sich den Kissenüberzug mit seinen Büchern und Geschenken. Er kroch unter dem Bett hervor, packte
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