Harry Potter - Gesamtausgabe
fragen.«
Onkel Vernon beäugte ihn misstrauisch.
»Drittklässler in Hog…, auf meiner Schule dürfen hin und wieder ins Dorf«, sagte Harry.
»Ach?«, blaffte Onkel Vernon und nahm die Wagenschlüssel vom Haken neben der Tür.
Rasch setzte Harry nach. »Du musst die Einverständniserklärung für mich unterschreiben«, sagte er.
»Und warum sollte ich das tun?«, höhnte Onkel Vernon.
»Nun ja«, sagte Harry und wog sorgfältig seine Worte ab, »es wird ein hartes Stück Arbeit sein, gegenüber Tante Magda so zu tun, als ob ich in dieses St. Wasweißich ginge –«
»St.-Brutus-Sicherheitszentrum für unheilbar kriminelle Jungen!«, bellte Onkel Vernon, und Harry freute sich, einen deutlichen Anflug von Panik in seiner Stimme zu hören.
»Genau«, sagte Harry und sah gelassen hoch in Onkel Vernons großes, rotes Gesicht. »Ich muss mir eine Menge merken. Außerdem soll es sich ja überzeugend anhören, oder? Was, wenn mir aus Versehen etwas rausrutscht?«
»Dann prügle ich dir die Innereien raus!«, polterte Onkel Vernon und trat mit erhobener Faust auf Harry zu. Doch Harry ließ nicht locker. »Die Innereien aus mir herauszuprügeln wird Tante Magda auch nicht vergessen lassen, was ich ihr gesagt haben könnte«, sagte er verbissen.
Onkel Vernon, die Faust immer noch erhoben, erstarrte. Sein Gesicht hatte ein hässliches Braunrot angenommen.
»Aber wenn du meine Einverständniserklärung unterschreibst«, fuhr Harry rasch fort, »schwöre ich, dass ich nicht vergesse, wo ich angeblich zur Schule gehe, und ich führe mich auf wie ein Mug…, als ob ich normal und alles wäre.«
Harry entging nicht, dass Onkel Vernon noch einmal über die Sache nachdachte, auch wenn er die Zähne gefletscht hatte und eine Vene auf seiner Schläfe pochte.
»Schön«, blaffte er endlich. »Ich werde dein Verhalten während Tante Magdas Besuch scharf überwachen. Wenn du am Ende nicht die Grenze überschritten hast und bei der Geschichte geblieben bist, unterschreibe ich dein verdammtes Formular.«
Abrupt drehte er sich um, öffnete die Haustür und schlug sie mit solcher Wucht hinter sich zu, dass eine der kleinen Glasscheiben am oberen Türrand herausfiel.
Harry kehrte nicht in die Küche zurück. Er ging nach oben in sein Zimmer. Wenn er sich wie ein echter Muggel aufführen musste, dann fing er am besten gleich damit an. Widerwillig und traurig sammelte er all seine Geschenke und Geburtstagskarten ein und versteckte sie unter dem losen Dielenbrett, zusammen mit seinen Hausaufgaben. Dann ging er hinüber zu Hedwigs Käfig. Errol hatte sich offenbar erholt; er und Hedwig schliefen mit den Köpfen unter den Flügeln. Harry seufzte und stupste sie beide wach.
»Hedwig«, sagte er niedergeschlagen, »du musst für eine Woche verschwinden. Flieg mit Errol, Ron wird sich um dich kümmern. Ich geb dir eine Nachricht für ihn mit. Und schau mich nicht so an« – Hedwigs große bernsteinfarbene Augen blickten vorwurfsvoll – »es ist nicht meine Schuld. Das ist die einzige Möglichkeit, die Erlaubnis zu kriegen, mit Ron und Hermine nach Hogsmeade zu gehen.«
Zehn Minuten später flatterten Errol und Hedwig (der Harry einen Zettel für Ron ans Bein gebunden hatte) aus dem Fenster und waren bald auf und davon. Harry, dem nun ganz und gar elend war, räumte den leeren Käfig in den Schrank.
Doch er hatte nicht lange Zeit zum Grübeln. Schon kreischte Tante Petunia unten am Fuß der Treppe, Harry solle herunterkommen und sich bereitmachen, den Gast zu begrüßen.
»Mach was mit deinen Haaren«, keifte Tante Petunia, als er im Flur ankam.
Harry sah nicht ein, warum er versuchen sollte, sein Haar glatt zu kämmen. Tante Magda krittelte doch liebend gern an ihm herum, und je zerzauster er aussah, desto glücklicher war sie.
Doch schon war draußen das Knirschen von Kies zu hören, als Onkel Vernon den Wagen in die Einfahrt zurücksetzte, dann das »Klonk« der Wagentüren und schließlich Schritte auf dem Gartenweg.
»An die Tür!«, zischte Tante Petunia.
Mit einem Gefühl im Magen, als würde die Welt untergehen, öffnete Harry die Tür.
Auf der Schwelle stand Tante Magda. Sie war Onkel Vernon sehr ähnlich mit ihrem großen, fleischigen, purpurroten Gesicht. Sie hatte sogar einen Schnurrbart, auch wenn er nicht so buschig war wie seiner. Unter dem einen Arm trug sie einen riesigen Koffer, unter dem anderen klemmte eine alte, bösartige Bulldogge.
»Wo ist denn mein Dudders?«, röhrte Tante Magda. »Wo ist mein
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