Harry Potter - Gesamtausgabe
ihrer nächsten Zaubertrankstunden mit Auftritten als Dementor im Kerker. Ron verlor schließlich die Nerven und warf ein großes, glitschiges Krokodilherz auf Malfoy, das ihn im Gesicht traf; daraufhin zog Snape den Gryffindors fünfzig Punkte ab.
»Wenn Snape wieder Verteidigung gegen die dunklen Künste gibt, melde ich mich krank«, sagte Ron nach dem Mittagessen auf dem Weg zu Professor Lupins Klassenzimmer. »Sieh erst mal nach, wer drin ist, Hermine.«
Hermine öffnete die Tür einen Spaltbreit und spähte hinein.
»Du kannst kommen!«
Professor Lupin war wieder da. Deutlich mitgenommen sah er aus. Sein alter Umhang hing ihm noch schlaffer um die Schultern als sonst und er hatte dunkle Schatten unter den Augen; dennoch lächelte er sie an, als sie ihre Plätze einnahmen, und die ganze Klasse brach sofort in einen Sturm von Beschwerden über Snapes Verhalten während Lupins Krankheit aus.
»Das ist nicht fair, er macht nur Vertretung, warum muss er uns Hausaufgaben aufgeben?«
»Wir wissen doch nichts über Werwölfe –«
»– zwei Rollen Pergament!«
»Habt ihr Professor Snape gesagt, dass wir Werwölfe noch nicht behandelt haben?«, fragte Lupin in die Runde und runzelte leicht die Stirn.
Das Gebrabbel brach wieder los.
»Ja, aber er sagte, wir seien weit zurück –«
»– er wollte nichts davon hören –«
»– zwei Rollen Pergament!«
Professor Lupin lächelte angesichts der Entrüstung auf den Gesichtern.
»Macht euch keine Sorgen, ich spreche mit Professor Snape. Den Aufsatz müsst ihr nicht schreiben.«
»O nein«, sagte Hermine enttäuscht. »Meiner ist schon fertig!«
Sie hatten eine recht vergnügliche Stunde. Professor Lupin hatte einen Glaskasten mit einem Hinkepank mitgebracht, einem kleinen einbeinigen Geschöpf, das aussah, als bestünde es aus Rauchschwaden und wäre recht schwächlich und harmlos.
»Der Hinkepank lockt Reisende in die Sümpfe«, sagte Professor Lupin und die Klasse schrieb eifrig mit. »Seht ihr die Laterne, die er in der Hand hat? Er hüpft voraus – die Leute folgen dem Licht – und dann –«
Der Hinkepank machte ein fürchterlich quietschendes Geräusch am Glas.
Als es läutete, packten alle ihre Sachen ein und gingen zur Tür, auch Harry, doch –
»Wart einen Moment, Harry«, rief Lupin, »ich möchte kurz mit dir sprechen.«
Harry kam zurück und sah Professor Lupin zu, wie er den Glaskasten des Hinkepanks mit einem Tuch abdeckte.
»Ich hab von dem Spiel gehört«, sagte Lupin, wandte sich zum Pult um und steckte die Bücher in seine Mappe, »und es tut mir leid wegen deines Besens. Gibt es eine Möglichkeit, ihn zu reparieren?«
»Nein«, sagte Harry. »Der Baum hat ihn zu Kleinholz verarbeitet.«
Lupin seufzte.
»Sie haben die Peitschende Weide in dem Jahr gepflanzt, als ich nach Hogwarts kam. Wir haben damals aus Jux versucht ihr so nah wie möglich zu kommen und den Stamm zu berühren. Schließlich hat ein Junge namens Davey Gudgeon fast ein Auge verloren und wir durften dann nicht mehr in ihre Nähe. Und kein Besen hätte da eine Chance.«
»Haben Sie auch von den Dementoren gehört?«, überwand sich Harry zu fragen.
Lupin warf ihm einen raschen Blick zu.
»Ja, hab ich. Ich glaube, keiner von uns hat Professor Dumbledore jemals so wütend gesehen. Sie sind schon seit einiger Zeit ungehalten … verärgert, weil er sich weigert, sie auf das Gelände zu lassen … ich vermute, dass du ihretwegen abgestürzt bist?«
»Ja«, sagte Harry. Er zögerte, und dann brach die Frage, die ihm auf der Zunge lag, unwillkürlich aus ihm heraus. »Warum? Warum bin ich so anfällig für sie? Bin ich schlicht und einfach –?«
»Es hat nichts mit Schwäche zu tun«, sagte Professor Lupin scharf, als ob er Harrys Gedanken lesen könnte. »Die Dementoren greifen dich stärker an als die andern, weil es schreckliche Ereignisse in deiner Vergangenheit gibt, die die andern nicht erlebt haben.«
Ein Strahl der Wintersonne fiel ins Klassenzimmer und beleuchtete Lupins graue Haare und die Furchen auf seinem jungen Gesicht.
»Dementoren gehören zu den übelsten Kreaturen, die auf der Erde wandeln. Sie verseuchen die dunkelsten, schmutzigsten Orte, sie frohlocken inmitten von Zerfall und Verzweiflung, sie saugen Frieden, Hoffnung und Glück aus der Luft um sie her. Selbst die Muggel spüren ihre Nähe, auch wenn sie die Dementoren nicht sehen können. Kommst du einem Dementor zu nahe, saugt er jedes gute Gefühl, jede glückliche Erinnerung aus dir
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