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Hassbluete

Hassbluete

Titel: Hassbluete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Kottmann
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seine Arme um mich und küsste mich zurück. Auch wenn diese Reaktion eigentlich eindeutig war, musste ich mich noch mal absichern. Zu viel war in der letzten Zeit schiefgegangen und bei Mike wollte ich einfach kein Risiko mehr eingehen.
    »Mike«, sagte ich. »Es ist doch okay, wie es ist, oder?«
    »Ja«, sagte er und lachte wieder.
    In diesem Moment klingelte sein Handy. Ohne aufs Display zu gucken, ging er ran. Zuerst runzelte er nur die Stirn, dann presste er seinen Mund zusammen und bekam eine Art Anfall. Während er schnaufend die Luft durch die Nase einzog, wurde er immer unruhiger und der Blick in seinen Augen immer panischer. Dann warf er das Handy weg.
    »Mike!«, rief ich erschrocken, »was ist los?« Ich streichelte ihn über das Gesicht und über die Hände, damit er zur Ruhe kam. Als er wieder halbwegs normal atmete, holte ich das Handy zurück. Noch auf dem Weg zu Mike wählte ich die Nummer, von der er zuletzt angerufen worden war. Es tutete nur einmal: »Hallo Mike, wieso hast du aufgelegt?« Es war Wolfgang.
    Erschrocken ließ ich das Handy fallen.
    Es war keine weitere Erklärung aus Mike herauszubekommen. Falls er sich aufgrund des Anrufes wieder an etwas erinnern konnte, zeigte er es zumindest nicht. Seine Psychologin warnte mich davor, weiter nachzubohren.
    Am kommenden Abend aber, kurz bevor ich nach Hause gehen musste, lagen wir nebeneinander in Mikes Bett und er war mit dem Kopf an meiner Schulter eingeschlafen. Auch mir wurden die Augen immer schwerer. Da murmelte Mike plötzlich etwas an meinem Ohr. Dann warf er den Kopf hin und her und sagte: »Tsunami, du Monster! Du Monster!« Kurz darauf wachte er auf. »Was hast du geträumt?«, fragte ich ihn. »Nichts«, antwortete er.
    Mir aber ließ Mikes Reaktion keine Ruhe und ich wusste, dass Wolfgang Tsunami war, das Monster. Jetzt fing er sogar an, Mike zu belästigen, und verfolgte ihn bis in seine Träume. Ich musste etwas tun. Sonst würde er uns nie ganz in Ruhe lassen.

    Natürlich mach ich mir Vorwürfe, dass ich es mit meinen kleinen Spielchen übertrieben habe. Man unterschätzt so eine Kinderseele ja dann doch. Aber ich hatte wirklich das Gefühl, Robin hilft mir gern, damit mein Buch ein Erfolg wird. Und damit seine Mutter weniger arbeiten muss. (. . .)
    Ich glaube, Robin hat nie was gesagt … nicht dass ich es von ihm verlangt hätte … er hat auch seiner Mutter nichts gesagt … weil ich ihm immer wieder gesagt habe, wie wichtig er für mich ist und mich mit ihm beschäftigt habe, weil er wertvoll für mich war. (. . .)
    Nein, das hätte ich nie gedacht, dass Robin so stark daraus lernen und den Spieß sogar umdrehen und ihn gegen mich und die anderen richten könnte. Hat er ja wahrscheinlich auch nicht. Vielleicht war es wirklich nur Pech? (. . .)
    Ich habe alles verloren, was mir wichtig war, meine Frau, meine Familie …
    Ich hab das alles nicht gewollt. Es tut mir so unendlich leid. Ich vermisse ihn, er fehlt mir so.

    Ort: Scheinfurt
Datum: 30. Juni 2011
Unterschrift: Wolfgang Richter

Epilog
    Es war immer noch sehr warm, obwohl wir bereits Oktober hatten. Ich hing nachdenklich über dem Brückengeländer und stierte auf die Stelle hinunter, an der ich Mike gefunden hatte. Jannis Plastikrose am Brückengeländer war mittlerweile stark ausgebleicht und Regen und Dreck hatten sie zusätzlich grau gefärbt. Ich hatte sie nie danach gefragt, aber ich war mir sicher, dass die Rose von Janni war. Ein letzter Liebesbeweis.
    Aus dem Augenwinkel sah ich jemanden kommen. Ich wandte kurz den Kopf und erkannte Wolfgang Richter. Mein Herz setzte für ein paar Schläge aus. Schnell starrte ich wieder in die Tiefe. Hoffentlich hatte ich die richtige Entscheidung getroffen. Am Ende war das alles hier ziemlich lebensmüde!? Wahrheit hin oder her – war es das wirklich wert? Ich tat so, als würde ich ihn nicht bemerken, als sei ich ganz versunken in Gedanken. Zeig ihm nicht, dass du Angst hast. Ich rutschte ein paar Schritte weiter, bis ich wieder Wasser unter mir hatte und meine Tasche neben mir, die am Geländer festgeknotet war.
    Wolfgang ging bewusst locker mit federndem Gang. Hier kommt der erfolgreiche, berühmte Bestsellerautor, dem die Welt zu Füßen liegt – diesem Mords manipulator.«
    »Hallo Michelle!« Er lehnte sich neben mich ans Geländer und stieß mir mit seinem Ellbogen kumpelhaft in die Seite, als wären wir die dicksten Freunde. Seine Zähne waren nicht ganz so weiß wie auf dem Plakat, trotzdem musste ich zugeben,

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