Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hauch der Verdammnis

Hauch der Verdammnis

Titel: Hauch der Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
seinem Asthma herauszuwachsen.
    Er beendete die Liegestützen und machte fünfzig schnelle Rumpfbeugen, bevor er - kaum außer Atem - zum Reck lief, um fünfzig Klimmzüge folgen zu lassen. Als er an dem Fenster vorbeiging, das die Sporthalle vom Trainingsraum trennte, warf er einen raschen Blick auf sein Spiegelbild. Ja, seine Brust war tatsächlich breiter geworden - man konnte es deutlich sehen.
    Und mit jeder Rumpfbeuge, jeder Liegestütze, jeder Runde zahlte sich seine Besessenheit aus.
    Die anderen Jungs lachten ihn schon lange nicht mehr aus. Nur noch Slotzky. Und auch der würde ihn in Ruhe lassen, wenn er in das Leichtathletikteam der Schule kam.
    Und zwar nicht als Kurzstreckenläufer.
    Nein, Michael hatte sich höhere Ziele gesetzt - den Langstreckenlauf, wo Ausdauer mindestens soviel zählte wie Schnelligkeit, wenn nicht mehr.
    Nach dem letzten Klimmzug überprüfte er erneut seine Atmung. Er atmete etwas schwerer als zu Beginn seiner Übungen, war aber noch längst nicht aus der Puste. Kein Anzeichen, dass diese schrecklichen Asthmaattacken wiederkamen, die ihn umklammert hatten, bis er schweißnaß nach Luft schnappte. Er ging zu den Metallstufen, die zur Laufbahn hinaufführten, die in drei Meter Höhe längs der Wände verlief, über den Basketballkörben dicht unter der Decke. Zwei Schritte auf einmal nehmend, warf er einen Blick auf die Uhr am anderen Ende der Halle.
    Noch zwanzig Minuten. Er konnte noch ein paar Meilen laufen, bevor er zum Duschen musste.
    Er begann mit einem leichten Trab und achtete darauf, nicht zu schnell zu werden, damit er in den engen Kurven an den vier Ecken der Sporthalle nicht zu stark abbremsen musste. Außer ihm lief niemand. Seine Klassenkameraden hielten sich ein Stockwerk tiefer auf. Einige spielten Basketball, andere stemmten Gewichte, aber die meisten lümmelten einfach auf dem Boden herum und warteten darauf, dass die Stunde zu Ende ging.
    »He, Sundquist!« rief Slotzky mit hässlichem Grinsen.
    »Hast du keine Angst, dass du da oben zusammenklappst?« Slotzkys Freunde lachten gehorsam. Bei Slotzkys Ruf war Michael zusammengefahren, und ehe er auch nur darüber nachdenken konnte, hatte er Slotzky bereits den Finger gezeigt.
    Keine gute Idee.
    Slotzkys Grinsen erlosch. Er stand auf und rannte auf die Treppe zu, drei seiner Freunde folgten ihm. Während er nach einem Fluchtweg suchte, fragte sich Michael, welcher Teufel ihn geritten hatte, so etwas Dummes zu tun.
    Er fragte sich auch, ob wirklich etwas Wahres an dem Gerücht war, dass Slotzky jemanden von einem Hausdach gestoßen hatte.
    Während sich Slotzky und einer seiner Freunde von der einen Seite näherten, versperrten die beiden anderen Michael den Weg, so dass er sich in einer besonders unangenehmen Zwickmühle befand.
    »Und was jetzt, Angsthase?« fragte Slotzky, der langsam näherkam.
    Michael beobachtete den Schläger und seine Freunde. Es gab nur einen Ausweg. Er schwang sich über das Geländer und ließ sich herab, bis er sich nur noch mit den Fingern am Rand der Laufbahn festklammerte. Slotzky lief auf ihn zu, und obwohl er noch etwa zehn Meter entfernt war, spürte Michael bereits, wie ihm der größere Junge mit seinen Turnschuhen auf die Fingerspitzen trat. Ohne nach unten zu sehen, ließ er sich auf den Parkettboden fallen, wo er sich geschickt abrollte.
    Ein Schmerz zuckte durch seine Schulter, aber er ignorierte ihn, rappelte sich auf und schaute nach oben, um zu sehen, was seine Verfolger nun vorhatten.
    Slotzky lehnte sich über das Geländer und starrte düster auf ihn hinab. Dann spuckte er Michael ins Gesicht, mit einer Geschicklichkeit, die auf jahrelange Übung schließen ließ. »Wir sehen uns nach der Schule«, sagte er.
    Michael wischte sich den schleimigen Klumpen von der Wange. Dann drehte er sich um und ging langsam zu den Umkleideräumen zurück.
    Er fragte sich, ob Slotzky nach der Schule wohl mit einem Messer oder einer Schußwaffe aufkreuzen würde. Wahrscheinlich mit beidem.
     
    Katharine Sundquist war sich bewusst, dass sie sich eigentlich auf ihre Arbeit konzentrieren sollte. Auf dem Schreibtisch ihres Büros im Natural History Museum lag das Fragment eines hominiden Kiefers, das bei einer Ausgrabung in Afrika gefunden und vor einer Woche zu ihnen geschickt worden war. Nicht, dass es noch allzu viel zu tun gegeben hätte. Sie hatte die Spezies sofort als Australopithecus afarensis identifiziert, und auch ihre späteren Untersuchungen hatten keinen Anhaltspunkt dafür

Weitere Kostenlose Bücher