Hauchnah
Taxiunternehmen identifiziert?“
„Plain Cab Co. Natalies Anruf ist gegen Viertel nach zwölf eingegangen, und die Zentrale meldet, der Wagen hätte gegen halb eins zur Stelle sein müssen, doch sie hatten den Kontakt zu dem Fahrer verloren, einem Mann, der seit etwa zehn Jahren für das Unternehmen arbeitet. Wir haben seine Personalien und suchen ihn.“
Seit der Fahrer verschwunden war, war bereits eine Stunde vergangen. Mac konnte nur hoffen, dass er noch am Leben war. „Wie geht es ihr?“
„Völlig aus der Fassung, aber sie versucht es zu verbergen. Reißt sich zusammen. Hat Kratzer und Blutergüsse, vielleicht auch einen verstauchten Knöchel, aber sonst fehlt ihr nichts. Dasgrenzt an ein Wunder. Niemand hat den Notarzt gerufen, weil sie es sich verbeten hat.“
„Verdammt, sie hätte ins Krankenhaus gebracht werden müssen. Womöglich hat sie eine Gehirnerschütterung. Oder innere Blutungen.“
„Genau das habe ich auch gesagt. Sie weigert sich. Hat gedroht, mich rauszuwerfen, wenn ich sie weiter bedränge.“
Mac fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Sie konnten sie nicht zwingen, ins Krankenhaus zu gehen, solange sie geistig zurechnungsfähig war; Jase hätte sie anderenfalls schon längst auf schnellstem Wege hingebracht. Wäre Jase der Meinung gewesen, Natalie könnte ernsthaft verletzt sein, hätte er einen Weg gefunden, um ihr ärztliche Hilfe angedeihen zu lassen. Dass er es nicht getan hatte, beruhigte Mac einigermaßen, nahm ihm aber nicht das Bedürfnis, sie mit eigenen Augen zu sehen. Fluchend näherte sich Mac dem Wintergarten, hielt dann jedoch inne. „Besorg mir Kopien von den Zeugenaussagen. Jemand soll sie mir per E-Mail aufs Handy schicken. Und dann kümmere dich noch einmal um den Verbleib ihrer Freundin.“
„Alles klar. Ich muss auch noch andere Anrufe tätigen. Gib mir Bescheid, wenn du aufbrechen willst.“
„Hast du dich nach einer sicheren Unterbringung erkundigt?“
Jase schüttelte den Kopf. „Das steht als Nächstes auf meinem Plan. Ich habe noch nicht mit ihr darüber gesprochen oder ihr Einverständnis eingeholt, aber …“
„Falls wir stichhaltige Beweise haben, dass der Fahrer in einem Zusammenhang mit Lindsay steht, wird Natalie sicher untergebracht, ob sie will oder nicht.“
Jase nickte. „Verstanden.“
Mac schritt den Flur entlang und blieb an der Tür zum Wintergarten stehen. Seine Beklemmung löste sich erst, als er Natalie an einem runden Esstisch sitzen sah.
In ihrem langen gelben Rock und dem kirschroten Top, barfuß, sah sie aus, als wollte sie mit einer guten Freundin Tee trinken– zumindest hätte sie so ausgesehen, wenn nicht ein Ärmel zerrissen, ihre Arme und Beine zerkratzt und ihre Lippe aufgesprungen und geschwollen gewesen wären. Hatte sie ihre natürliche Schönheit unterstreichen wollen, weil sie zu ihm wollte? schoss es Mac durch den Kopf. Doch jegliche Neugier oder lächerliche Freude darüber wurde rasch von einer nahezu brutalen Wut weggeschwemmt.
Natalie hatte von dem früheren Überfall immer noch Blutergüsse im Gesicht und Fingerspuren am Hals. Dadurch wirkten ihre jüngeren Verletzungen umso schwerwiegender.
Zusätzlich zu den frischen Hautabschürfungen und der dicken Lippe war ihr rechter Knöchel unübersehbar geschwollen und hochrot; Natalie kühlte ihn mit einem Beutel Tiefkühlerbsen. Auf der rechten Wange prangte ein Prachtexemplar von Bluterguss, und Mac konnte die blauen Flecken von ihrem Sturz auf dem Laufband immer noch erkennen. Schwer angeschlagen, aber was hatte Jase gesagt?
Es grenzte an ein Wunder. Das stimmte. Mac war katholisch erzogen. Trotz seiner Skepsis gewissen Aspekten von Religion gegenüber glaubte er doch irgendwie an Wunder. Natalie stand unter einem ganz besonderen Schutz. Sein nächster Gedanke allerdings war alles andere als christlich.
Er hatte nicht übel Lust, ihren Peiniger umzubringen.
Dass jemand eine Frau überfiel, noch dazu eine blinde Frau, war abscheulich. Irgendein Arschloch hatte es inzwischen zwei Mal getan. Doch was Mac empfand, war nicht einfach Zorn über die allgemeine Bereitwilligkeit der Menschen, einander Böses zu tun. Es war ein Besitzanspruch, den er kaum als solchen erkannte, der aber mit jeder Schnittoder Schürfwunde, die er in ihrem Gesicht oder an ihrem Körper entdeckte, stärker wurde. Diese Anteilnahme überstieg bei Weitem das natürliche Maß.
Es ergab keinen Sinn. Es deckte sich nicht mit seinem Verlangen, allein zu sein, niemandem Rechenschaft zu
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