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Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe

Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe

Titel: Hauffs Maerchen - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Hauff
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einer Pflanze, der ihm eine bräunliche Farbe gab, ganz wie sie jener Bassa gehabt hatte. Er schickte hierauf einen seiner Diener in das Schloß und ließ im Namen des Bassa von Sulieika um ein Nachtlager bitten. Der Diener kam bald wieder, und mit ihm vier schöngekleidete Sklaven, die Mustafas Pferd am Zügel nahmen und in den Schloßhof führten. Dort halfen sie ihm selbst vom Pferd, und vier andere geleiteten ihn eine breite Marmortreppe hinauf zu Thiuli.

Dieser, ein alter, lustiger Geselle, empfing meinen Bruder ehrerbietig und ließ ihm das Beste, was sein Koch zubereiten konnte, aufsetzen. Nach Tisch brachte Mustafa das Gespräch nach und nach auf die neuen Sklavinnen, und Thiuli rühmte ihre Schönheit und beklagte nur, daß sie immer so traurig seien; doch er glaubte, dieses würde sich bald geben. Mein Bruder war sehr vergnügt über diesen Empfang und legte sich mit den schönsten Hoffnungen zur Ruhe nieder.

Er mochte ungefähr eine Stunde geschlafen haben, da weckte ihn der Schein einer Lampe, der blendend auf sein Auge fiel. Als er sich aufrichtete, glaubte er noch zu träumen; denn vor ihm stand jener kleine, schwarzbraune Kerl aus Orbasans Zelt, eine Lampe in der Hand, sein breites Maul zu einem widrigen Lächeln verzogen. Mustafa zwickte sich in den Arm, zupfte sich an der Nase, um sich zu überzeugen, ob er denn wache; aber die Erscheinung blieb wie zuvor. “Was willst du an meinem Bette?” rief Mustafa, als er sich von seinem Erstaunen erholt hatte. “Bemühet Euch doch nicht so, Herr!” sprach der Kleine; “ich habe wohl erraten, weswegen Ihr hieher kommt. Auch war mir Euer wertes Gesicht noch wohl erinnerlich; doch wahrlich, wenn ich nicht den Bassa mit eigener Hand hätte erhängen helfen, so hättet Ihr mich vielleicht getäuscht. Jetzt aber bin ich da, um eine Frage zu machen.”

“Vor allem sage, wie du hieher kommst”, entgegnete ihm Mustafa voll Wut, daß er verraten war. “Das will ich Euch sagen”, antwortete jener; “ich konnte mich mit dem Starken nicht länger vertragen, deswegen floh ich; aber du, Mustafa, warst eigentlich die Ursache unseres Streites, und dafür mußt du mir deine Schwester zur Frau geben, und ich will Euch zur Flucht behülflich sein; gibst du sie nicht, so gehe ich zu meinem neuen Herrn und erzähle ihm etwas von dem neuen Bassa.”

Mustafa war vor Schrecken und Wut außer sich; jetzt, wo er sich am sicheren Ziel seiner Wünsche glaubte, sollte dieser Elende kommen und sie vereiteln; es war nur ein Mittel, das seinen Plan retten konnte: er mußte das kleine Ungetüm töten. Mit einem Sprung fuhr er daher aus dem Bett auf den Kleinen zu; doch dieser, der etwas Solches geahnet haben mochte, ließ die Lampe fallen, daß sie verlöschte, und entsprang im Dunkeln, indem er mörderisch um Hülfe schrie.

Jetzt war guter Rat teuer; die Mädchen mußte er für den Augenblick aufgeben und nur auf die eigene Rettung denken; daher ging er an das Fenster, um zu sehen, ob er nicht entspringen konnte. Es war eine ziemliche Tiefe bis zum Boden, und auf der andern Seite stand eine hohe Mauer, die zu übersteigen war. Sinnend stand er an dem Fenster; da hörte er viele Stimmen sich seinem Zimmer nähern; schon waren sie an der Thüre; da faßte er verzweiflungsvoll seinen Dolch und seine Kleider und schwang sich zum Fenster hinaus. Der Fall war hart, aber er fühlte, daß er kein Glied gebrochen hatte; drum sprang er auf und lief der Mauer zu, die den Hof umschloß, stieg, zum Erstaunen seiner Verfolger, hinauf und befand sich bald im Freien. Er floh, bis er an einen kleinen Wald kam, wo er sich erschöpft niederwarf. Hier überlegte er, was zu thun sei. Seine Pferde und seine Diener hatte er müssen im Stiche lassen; aber sein Geld, das er in dem Gürtel trug, hatte er gerettet.

Sein erfinderischer Kopf zeigte ihm bald einen andern Weg zur Rettung. Er ging in dem Wald weiter, bis er an ein Dorf kam, wo er um geringen Preis ein Pferd kaufte, das ihn in Bälde in eine Stadt trug. Dort forschte er nach einem Arzt, und man riet ihm einen alten, erfahrenen Mann. Diesen bewog er durch einige Goldstücke, daß er ihm eine Arznei mitteilte, die einen todähnlichen Schlaf herbeiführte, der durch ein anderes Mittel augenblicklich wieder gehoben werden könnte. Als er im Besitz dieses Mittels war, kaufte er sich einen langen, falschen Bart, einen schwarzen Talar und allerlei Büchsen und Kolben, so daß er füglich einen reisenden Arzt vorstellen konnte, lud seine Sachen auf

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