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Haus ohne Hüter

Haus ohne Hüter

Titel: Haus ohne Hüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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überȱ
    GroßmuttersȱGewaltakt.ȱȱBoldaȱklappteȱihrȱGebetbuchȱȱzu,ȱwandteȱsichȱzuȱihmȱ
    undȱschubsteȱdieȱSchultern,ȱfreundlichȱundȱinnigȱundȱsehrȱausgiebigȱkichernd,ȱ
    undȱ sieȱ flüsterteȱ leise:ȱ »Wasȱ Ȭȱ dasȱ hatȱ sieȱ dochȱ malȱ gutȱ gemachtȱ —ȱ oh,ȱ duȱ
    hättestȱ sieȱ früherȱ kennenȱ müssen,ȱ soȱ schlimmȱ istȱ sieȱ nicht.«ȱ
    BlutȱimȱUrin. ȱ
    Dasȱ schienȱ Muttersȱ Gästenȱ nichtȱ dieȱ gewohnteȱ Musik,ȱ hieltȱ sieȱ fürȱ
    AugenblickeȱimȱBann,ȱdannȱmachteȱwiederȱgedämpftesȱGemurmelȱsichȱuntenȱ
    breit.ȱ Erȱ hörteȱ dieȱ Stimmeȱ derȱ Mutterȱ ausȱ Albertsȱ Zimmer,ȱ woȱ sieȱ mitȱ demȱ
    Arztȱtelefonierte,ȱundȱdieȱGroßmutterȱschwieg,ȱdennȱnun,ȱnachdemȱmanȱdenȱ
    Arztȱ angerufenȱ hatte,ȱ warȱ ihrȱ sicher,ȱ wasȱ zunächstȱ genügte:ȱ Dieȱ Spritze.ȱ
    Seltsames,ȱ geheimnisvollesȱ Instrumentȱ ausȱ Nickelȱ undȱ Glas,ȱ winzigȱ undȱ
    sauber,ȱ vielȱ zuȱ sauber,ȱ libellenhaftesȱ Tierȱ mitȱ demȱ Schnabelȱ einesȱ Kolibriȱ Ȭȱ
    durchsichtigerȱKolibri,ȱderȱsichȱdenȱBauchȱvollsaugteȱausȱdemȱGlasröhrchenȱ
    undȱseineȱspitzeȱSchnauzeȱdannȱinȱGroßmuttersȱArmȱbohrte.ȱ
    DieȱStimmeȱderȱGroßmutter,ȱdieȱdunkelȱundȱreichȱwieȱeineȱOrgelȱaufbrüllenȱ
    konnte,ȱerklangȱjetztȱausȱMuttersȱZimmer.ȱSieȱsprachȱmitȱdenȱGästen.ȱ
    BoldaȱknipsteȱdasȱLichtȱan,ȱundȱvorbeiȱwarȱderȱgrüneȱZauber,ȱderȱschwarzeȱ
    Zauber,ȱ vorbeiȱ dasȱ Glück,ȱ aufȱ Boldasȱ Nonnenwartezimmersofaȱ zuȱ hockenȱ
    undȱihrȱGemurmelȱzuȱhören.ȱ»Nichtsȱmehrȱzuȱmachen,ȱmeinȱSöhnchen,ȱjetztȱ
    mußtȱduȱrunter,ȱkannstȱȱ
    62ȱ
    gleichȱ insȱ Bettȱ gehen,ȱ habȱ keineȱ Angst,ȱ duȱ darfstȱ sicherȱ beiȱ Onkelȱ Albertȱ
    schlafen.«ȱ
    Boldaȱ lächelte,ȱ dennȱ sieȱ hatteȱ dasȱ richtigeȱ Zauberwortȱ gefunden:ȱ beiȱ Onkelȱ
    Albertȱschlafen.ȱ
    Erȱ lächelteȱ Boldaȱ zu,ȱ sieȱ lächelteȱ ihmȱ zu,ȱ undȱ erȱ stiegȱ langsamȱ alleinȱ dieȱ
    Treppeȱ hinunterȱ Ȭȱ wieȱ derȱ Schattenȱ einesȱ riesigenȱ wildenȱ Tiersȱ standȱ dieȱ
    Großmutterȱ inȱ derȱ offenenȱ Türȱ zuȱ Muttersȱ Zimmer,ȱ undȱ erȱ hörteȱ sieȱ sagen,ȱ
    ganzȱsanftȱsagteȱsieȱesȱmitȱihrerȱdunklenȱOrgelstimme:ȱ»MeineȱHerrschaften,ȱ
    bedenkenȱ Sieȱ bitte,ȱ ichȱ habeȱ Blutȱ imȱ Urin.«ȱ Einȱ Albernerȱ sagteȱ drinnen:ȱ
    »GnädigeȱFrau,ȱderȱArztȱistȱschonȱverständigt.«ȱ
    Nunȱaberȱhatteȱsieȱihnȱgehört,ȱschwenkteȱheftigȱherum,ȱstürzteȱinȱihrȱZimmerȱ
    undȱ brachteȱ dieȱ Urinflascheȱ wieȱ einenȱ kostbarenȱ Tribut,ȱ denȱ erȱ Ȭȱ aufȱ derȱ
    drittenȱ Treppenstufeȱ stehendȱ Ȭȱ entgegennehmenȱ mußte:ȱ »Denke,ȱ meinȱ
    Herzchen,ȱichȱhabeȱesȱwieder.«ȱ
    Undȱerȱsagte,ȱwasȱzuȱsagenȱerȱverpflichtetȱwarȱinȱdieserȱweihevollenȱStunde:ȱ
    »Istȱjaȱnichtȱsoȱschlimm,ȱliebeȱGroßmutter,ȱderȱDoktorȱwirdȱkommen.«ȱ
    Undȱ sieȱ sagte,ȱ wasȱ zuȱ sagenȱ sieȱ gewohntȱ warȱ inȱ dieserȱ weihevollenȱ Stunde,ȱ
    dasȱ Uringlasȱ langsamȱ zurücknehmend,ȱ nachdemȱ sieȱ annehmenȱ konnte,ȱ erȱ
    habeȱ dieȱ dunkelgelbeȱ Brüheȱ gebührendȱ gewürdigt.ȱ Sieȱ sagte:ȱ »Duȱ bistȱ gut,ȱ
    meinȱ Herzchen,ȱ denkstȱ anȱ dieȱ Oma«,ȱ undȱ erȱ schämteȱ sich,ȱ weilȱ erȱ garȱ nichtȱ
    gutȱvonȱderȱOmaȱdachte.ȱ
    Wieȱ eineȱ Königinȱ schrittȱ sieȱ inȱ ihrȱ Zimmerȱ zurück.ȱ Dieȱ Mutterȱ kamȱ ausȱ derȱ
    Kücheȱgestürzt,ȱküßteȱihn,ȱundȱerȱsahȱanȱihrenȱAugen,ȱdaßȱsieȱimȱLaufeȱdesȱ
    Abendsȱ irgendwannȱ weinenȱ würde.ȱ Erȱ hatteȱ dieȱ Mutterȱ gern,ȱ undȱ ihrȱ Haarȱ
    rochȱ soȱ gut,ȱ undȱ erȱ mochteȱ sie,ȱ obwohlȱ sieȱ albernȱ werdenȱ konnteȱ wieȱ dieȱ
    Leute,ȱdieȱsieȱimmerȱmitbrachte.ȱ
    »Dumm,ȱ daßȱ auchȱ Albertȱ wegmußte,ȱ erȱ wollteȱ mitȱ dirȱ essen.«ȱ »Boldaȱ hatȱ
    michȱversorgt.«ȱ
    Kopfschüttelnȱ undȱ Lachen,ȱ wieȱ esȱ üblichȱ war,ȱ wennȱ erȱ Boldasȱ Kücheȱ
    genossenȱ hatte,ȱ undȱ eineȱ zweiteȱ Frau,ȱ blondȱ wieȱ dieȱ Mutter,ȱ Boldasȱ
    schmutzigeȱ brauneȱ Schürzeȱ vorgebunden,ȱ dieseȱ fremdeȱ Frau,ȱ dieȱ
    hartgekochteȱEierȱaufȱdemȱKüchentischȱinȱScheibenȱschnitt,ȱlächelteȱihnȱblödeȱ
    an,ȱ undȱ dieȱ Mutterȱ sagte,ȱ wasȱ sieȱ beiȱ dieserȱ Gelegenheitȱ zuȱ sagenȱ

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