Hausbock
nicht wichtig, und dann ist die
Sache im Sand verlaufen.«
Schreiber sah die neben ihm her schlendernden Kriminalbeamten an.
»Ihre Kollegen haben sich damals nicht gerade ein Bein ausgerissen. Das hat
meinen Vater wahnsinnig geärgert.«
Die beiden überhörten den Vorwurf geflissentlich. »Hatte Ihr Vater
denn jemanden im Verdacht, hat er vielleicht sogar jemanden konkret
beschuldigt?«, drängte Hecht.
»Zuerst nicht, aber er hat in dieser Sache einfach keine Ruhe
gegeben, hat sich bei Hinz und Kunz umgehört, ob jemand einen Tipp hat.
Irgendwann hatte er einen konkreten Verdacht, wer der Wilderer war. Aber uns
hat er den Namen nie genannt. Und er hat auch keine Anzeige mehr erstattet.
Vielleicht wollte er die Sache allein klären. Unter Männern sozusagen.«
»Gefährlich«, sagte Hecht. »Mit solchen Leuten legt man sich besser
nicht an. Wissen Sie, ob Ihr Vater diesen Mann, den er in Verdacht hatte,
bedroht hat?«
»Keine Ahnung, aber es wäre typisch für ihn gewesen. Für uns, also
für meine Frau und mich, war das nur so eine Marotte von ihm. Wir haben das
nicht ernst genommen. Jetzt, wo Sie mich so fragen, sehe ich das allerdings mit
anderen Augen.«
»Falls Ihnen dazu noch etwas einfällt, lassen Sie es uns bitte
wissen.«
»Ich wüsste im Moment nicht, wie ich Ihnen weiterhelfen könnte«, sagte
Schreiber. »Aber wann immer Sie mich brauchen, rufen Sie mich an.« Er nahm
seine Geldbörse aus der Hosentasche, zog eine Visitenkarte heraus und reichte
sie Morgenstern. »Warten Sie, ich schreibe Ihnen noch meine Handynummer drauf.
Dann können Sie mich jederzeit erreichen.«
»Vielen Dank, wir werden darauf zurückkommen«, kündigte Morgenstern
an und blieb stehen.
Die drei Männer hatten sich inzwischen weit vom Hochsitz mit dem
Leichnam entfernt und gingen nun schweigend zurück. Strahlend blau wölbte sich
der Himmel über der Hochebene; das Herbstlaub leuchtete farbenprächtig. Es
hätte ein wunderschöner Tag sein können, wenn nicht ein paar hundert Meter
weiter vor ein paar Stunden ein Mensch brutal getötet worden wäre, dachte
Morgenstern bitter. Kurz bevor sie den Toten erreicht hatten, fragte er:
»Brauchen Sie in irgendeiner Form Beistand, Herr Schreiber?«
»Beistand? Wie meinen Sie das?«
Ȁh, es gibt da seit einiger Zeit dieses Kriseninterventionsteam.
Das sind Fachleute, die helfen, wenn jemand nach einem Unglücksfall psychische
…« Schreibers Blick ließ Morgenstern verstummen. »War ja nur ein Angebot …«
»Ich bin mit meinen Problemen immer schon alleine zurechtgekommen
bin, und so werde ich das auch weiterhin handhaben. Dafür brauche ich keinen
Seelenklempner.«
Als sie sich getrennt hatten, sagte Hecht zu Morgenstern: »Mir
scheint, Schreiber junior hat den Tod seines alten Herrn überraschend gut
weggesteckt.«
»Sieht ganz danach aus.« Morgenstern grinste ironisch. »Jäger weinen
nicht.«
»Doch«, widersprach Hecht. »Wenn man ihnen eine Gams wegschießt.«
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