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Hausbock

Hausbock

Titel: Hausbock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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und wenig später waren sämtliche Plüschelefanten
vergeben.
    »Die gehören zu einem Schützenverein«, sagte Fiona. »Schaut mal, ein
paar haben Vereinssweatshirts an. Jetzt wundert mich nichts mehr.«
    Morgenstern hatte genug gesehen. »Los, Kinder, wir gehen«, befahl er
unwirsch. Hier schoss offenbar jeder besser als ein Kriminalkommissar. Und
überhaupt: Für welchen Unfug die Menschen hier ihr Geld aus dem Fenster warfen!
Für Luftballons in Mickey-Mouse-Form und Lose am »Glückshafen« des Roten
Kreuzes, für versalzenen Emmentaler und pappsüße Zuckerwatte. Und wenn man Pech
hatte, enthielt der Maßkrug mit dem teuren Festbier zu viel Schaum. Es gab
keinen Zweifel, dass Morgenstern an diesem Abend nicht mehr zum Wiesnfan werden
würde. Diese vermaledeite Schießerei hatte ihm den ganzen Abend verleidet. »Ein
Fest zum Gernhaben« stand als Slogan auf den Plakaten, die im ganzen Landkreis
ausgehängt waren.
    »Mich könnt ihr gernhaben mit eurem Fest«, maulte Morgenstern.
    Auf dem Heimweg zur Altstadt, einem Fußmarsch von knapp einem
Kilometer, haderte er noch immer mit sich und der Welt.
    Als er spätabends im Bett lag und das Licht ausgeknipst hatte,
muffelte er: »Ich bin mir sicher, dass mein Luftgewehr einen verbogenen Lauf
hatte.«
    »Ganz bestimmt«, sagte Fiona mild.

MONTAG
    Im Polizeipräsidium Oberbayern-Nord in Ingolstadt war wenig los
an diesem Montagmorgen. Es waren noch Schulferien, und viele Kollegen
Morgensterns hatten Urlaub. Der Oberkommissar selbst hatte bereits die ersten
drei Augustwochen freigehabt und war mit der Familie auf einem Campingplatz am
Lago Maggiore gewesen – umzingelt von Württembergern, die ihm mit ihrem
schwäbischen Geschwätz und ihrem Ordnungsfimmel, der auch in freier Natur nicht
zu bremsen gewesen war, zunehmend auf die Nerven gegangen waren. Rund um die
Wohnwagen hatte ein ununterbrochenes Putzen und Fegen geherrscht, waren
Satellitenschüsseln justiert und Stellplätze vermessen worden.
    Die Morgensterns waren dort mit ihrem preiswert bei Aldi erworbenen
Hauszelt aufgefallen, erst recht weil der Familienvorstand beim Camping
traditionell auf einem Lagerfeuer bestand, das er zur Not auch im Grill
entzündete. Die Größe des Feuers spielte dabei keine Rolle, es ging Morgenstern
eher um die Symbolik. Ein freier Mann in einem freien Land durfte unter freiem
Himmel Feuer machen – Platzordnung hin oder her. Die Schwaben, diese
Denunzianten, hatten das anders gesehen. Der Platzbetreiber auch, dieser
spießige Lagerkommandant.
    Morgenstern schenkte sich in seinem Büro eine Tasse Kaffee ein und
begann, die von daheim mitgebrachte Tageszeitung zu studieren. Im Lokalteil
drehte sich alles um das Auftaktwochenende des Eichstätter Volksfests. Wenig
Text, viele Bilder: Die »Wiesnkönigin« wurde mit einem Buchsbaumkrönchen auf
dem Marktplatz präsentiert, der Oberbürgermeister zapfte das erste Fass Bier
an, der Festwirt winkte vom Kutschbock eines von mächtigen Rössern gezogenen
Brauereiwagens, Böllerschützen schossen Salven neben dem Festzelt, eine
Bedienung im Dirndlkleid hielt dem Fotografen zehn volle Maßkrüge in die
Kamera. Außerdem hatte am Sonntagvormittag im Bierzelt offenbar ein Boxkampf
stattgefunden, bei dem der Box-Club Eichstätt von einer Mannschaft aus
Tschechien Prügel bezogen hatte.
    Morgensterns Telefon klingelte. Es war Adam Schneidt,
Kriminaldirektor und Morgensterns Chef. »Kommen Sie sofort rüber, Morgenstern.«
    »Was gibt’s denn Dringendes?«
    »Nicht lange fragen – kommen!«, bellte der Chef.
    Mit der Kaffeetasse in der Hand eilte Morgenstern über den dunklen
Flur zu Schneidts Büro, von der anderen Seite des Flurs kam ihm Oberkommissar
Peter Hecht entgegen, ebenfalls mit einer Tasse bewaffnet.
    »Ach, Spargel, musst du auch ran?«, fragte Morgenstern. »Hast du
eine Ahnung, worum es geht?«
    »Nein, aber wir werden es bestimmt gleich erfahren. Er hat es
jedenfalls ziemlich wichtig.« Hecht deutete auf die Bürotür des
Kriminaldirektors. »Und nenn mich nicht Spargel, das kann ich nicht leiden.«
    »Weiß ich, weiß ich. Ist mir halt so rausgerutscht. Sorry.«
    Im ganzen Präsidium wurde von Peter Hecht nur als »Spargel«
gesprochen. Das verdankte der Kommissar seiner hochgewachsenen, schlaksigen
Figur, mehr aber noch der Tatsache, dass er in der Spargelmetropole
Schrobenhausen wohnte. Seit Jahren führte er einen Sisyphos-Kampf gegen die
Verwendung seines ungeliebten Spitznamens. Es sah nicht danach aus, als ob er
ihn

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