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Hawkings Kosmos einfach erklaert

Hawkings Kosmos einfach erklaert

Titel: Hawkings Kosmos einfach erklaert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Vaas
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schon zahlreiche Bewährungsproben hinter sich und dadurch den Ruf einer „Standarderweiterung“ der Urknall-Theorie erworben. Zwar sind noch einige Fragen offen und inzwischen gibt es konkurrierende Erklärungsversuche, aber die Erfolgsgeschichte des Szenarios ist beeindruckend. Die Tabelle fasst seine wesentlichen Pluspunkte zusammen, an denen auch kein konkurrierendes Modell vorbei kommt.
    Die ersten Modelle der Kosmischen Inflation wurden ab 1979 von den Physikern Alan Guth, Alexei A. Starobinsky, Alex Vilenkin, Andrei Linde und Paul Steinhardt entwickelt. Hawking hat die Entwicklung von Anfang an aufmerksam verfolgt. Im Oktober 1981 besuchte er in Moskau eine Konferenz über Quantengravitation. Dann hielt er mehrere Vorträge zur Inflation. Unter den Zuhörern war Andrei Linde, der ihm seine noch unveröffentlichte Korrektur von Guths erstem Modell erläuterte, demzufolge sich Blasen aus echtem Vakuum im falschenVakuum wie Gasblasen im kochenden Wasser gebildet hatten und sich nach und nach miteinander verbanden, bis sich der Raum des heutigen Universums in derselben neuen Phase des echten Vakuums befand. Doch diese Verschmelzung konnte nicht stattfinden, wie Guth selbst und andere Kosmologen erkannt hatten, darunter auch Hawking. Denn das falsche Vakuum zwischen den Blasen dehnte sich viel schneller aus, so dass die Blasen darin nie zusammenkommen konnten. Linde konterte jedoch, dass es kein Problem gäbe, wenn die Blasen so groß waren, dass die gesamte Region des beobachtbaren Universums – und viel mehr noch – in einer einzigen Blase enthalten wäre.
    Hawking war begeistert. „Lindes Gedanke vom langsamen Bruch der Symmetrie war sehr gut, doch später wurde mir klar, dass seine Blasen hätten größer sein müssen als das Universum zum betreffenden Zeitpunkt!“ In seiner Kurzen Geschichte der Zeit erinnert er sich: „Ich wies nach, dass die Symmetrie gleichzeitig überall gebrochen wäre und nicht nur innerhalb der Blasen. Das brächte ein gleichförmiges Universum hervor, wie wir es beobachten. Dieser Gedanke versetzte mich in ziemliche Aufregung und ich erörterte ihn mit Ian Moss, einem meiner Studenten.“ In derselben Zeitschrift, in der Lindes Artikel erschien, in Physics Letters , veröffentlichten Hawking und Moss ihre Lösung des Blasenproblems.
    Im selben Jahr, 1982, publizierte Hawking noch einen weiteren Aufsatz zur Inflation, nämlich über die Entwicklung von Irregularitäten in einem Blasen-Universum. Das war der Beginn eines neuen Forschungszweigs, der das Allerkleinste mit dem Allergrößten verbindet: Winzige Quantenfluktuationen wären durch die Inflation später zu gewaltigen Dichteschwankungen im Urgas aufgeblasen worden, deren „Abdruck“ sich als geringfügige Temperaturschwankungen in der Kosmischen Hintergrundstrahlung abzeichnen müssten. Wo etwas mehr Materie beisammen war, wurde es geringfügig wärmer. Diese regionalen Verdichtungen bildeten die gravitativen Keime der künftigen Sterne und Galaxien.
    Das alles war zunächst noch unausgegoren. Aber in einem von Hawking mitorganisierten dreiwöchigen Workshop in Cambridge Mitte 1982, The Very Early Universe , haben Hawking und seine Kollegen die Details ausgearbeitet. Das war eine der fruchtbarsten Konferenzen in der Geschichte der Kosmologie überhaupt. Und tatsächlich hat der Satellit COBE (Cosmic Background Explorer) ein Jahrzehnt später die ersten Anzeichen dieser Temperaturschwankungen gemessen (für ihre Entdeckung gab es 2006 einen Physik-Nobelpreis, für die Voraussagen allerdings nicht). Inzwischen sind sie sehr genau kartiert ( siehe Abbildung hier ) – ein Triumph der Wissenschaft.
    Zwar glänzt das Szenario der Inflation in seinen Grundzügen durch Einfachheit und Eleganz. Doch viele Details sind bis heute unklar geblieben. Und es gibt inzwischen Hunderte konkurrierender Modelle. Sie lassen sich zwar im Prinzip überprüfen, doch es ist unklar, ob das Szenario insgesamt falsifiziert werden kann – und eine Widerlegbarkeit gehört ja zu den grundlegenden Merkmalen wissenschaftlicher Hypothesen. Deshalb ist es gut, dass in den letzten Jahren auch andere Ansätze entwickelt wurden. Dennoch hat die Idee der Kosmischen Inflation inzwischen so viele Tests bestanden und eine so große Erklärungskraft entfaltet, dass sie beinahe schon als „Standarderweiterung“ der

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