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Hawkings Kosmos einfach erklaert

Hawkings Kosmos einfach erklaert

Titel: Hawkings Kosmos einfach erklaert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Vaas
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nicht nur neue Einsichten, sondern führte darüber hinaus bis an den Beginn von Raum und Zeit.
    Hawking konnte beweisen, dass unser Universum einen Anfang hat. Die Zeit währt also nicht ewig, sondern die Vergangenheit ist endlich. Zumindest gilt das mit einigen gut begründeten Zusatzannahmen im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie und somit der klassischen Physik.
    Verfolgt man nämlich die gegenwärtige Ausdehnung des Weltraums rechnerisch zurück – so als würde man den kosmischen Film rückwärts ablaufen lassen –, dann kommt man unweigerlich an einen Punkt in den mathematischen Gleichungen, an dem es nicht mehr weiter geht: die sogenannte Singularität. Der Begriff – abgeleitet von lateinisch „singularis“ und „singulus“ für „einzeln“, „einzigartig“, „vereinzelt“ sowie „eigentümlich“ und „außerordentlich“ – bezeichnet allgemein eine Einzigartigkeit (etwa in der Meteorologie oder technologischen Entwicklung). In der Mathematik und Physik sind Singularitäten Ausnahmesituationen, in denen die Gleichungen verrückt spielen.
    Momentaufnahmen einer kurzen Geschichte der Zeit: Vom Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren über die Freisetzung der Kosmischen Hintergrundstrahlung 380.000 Jahre später und die Bildung der ersten Galaxien 500 Millionen Jahre danach bis zur Entstehung des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren mit der Erde, von wo aus dies heute rekonstruiert wird. Doch wie hat alles begonnen?
    Mathematische Singularitäten gibt es oft. Ein Beispiel ist die Funktion f(x) = 1/x, wenn man für x die 0 einsetzt. In der üblichen Mathematik ist dies „verboten“ beziehungsweise nicht definiert: Man „darf“ nicht durch Null teilen. Etwas anderes bedeuten Singularitäten in Koordinatensystemen. Sie sind das Ergebnis eines bestimmten Beschreibungssystems. So hat das vertraute Koordinatensystem der Erde je eine Singularität am Nord- und Südpol, weil sich die Meridiane, die Längengrad-Linien, dort überschneiden (die Breitengrade haben diese Eigenschaft nicht). Nun ist es an den Polen zwar bitterkalt, aber die physikalischen Gesetze spielen dort nicht verrückt. Koordinatensingularitäten lassen sich nicht einfach durch Rechentricks beseitigen; stattdessen verwendet man, falls nötig, ein anderes Koordinatensystem.
    Mit der von Hawking bewiesenen Anfangssingularität des Universums ist das nicht möglich. Zwar ist sie ebenfalls eine Koordinatensingularität, doch lässt sie sich nicht durch eine Transformation beseitigen, sondern bleibt in allen Koordinatensystemen erhalten. Und sie ist eine echte physikalische Singularität, eine sogenannte Krümmungssingularität. Hier wächst die Krümmung der Raumzeit ins Unendliche. Auch Energie, Temperatur und Dichte werden unendlich, Raum und Zeit dagegen null. Die Physik bricht also quasi zusammen. Alle bekannten Naturgesetze verlieren ihre Gültigkeit, wissenschaftliche Aussagen sind nicht mehr möglich, die Singularität ist schlichtweg unberechenbar.
› Verzweifelte Suche nach Auswegen
    Dass der Urknall eine seltsame Krümmungssingularität war (oder daraus hervorging), war schon vermutet worden, bevor Hawking seine Forschungen begann. Doch viele Kosmologen wollten diesen undefinierbaren Anfang Jahrzehnte lang nicht akzeptieren. Verschiedene Einwände wurden erhoben:
    â€º  Die Singularität sei doch bloß ein Artefakt, das von einer irreführenden Wahl der Koordinaten stammt.
    â€º  Nichts ließe sich beliebig zusammenpressen, irgendwann überwiege stets der Gegendruck.
    â€º  Falls das Universum rotiert, könnten „innere Fliehkräfte“ die Singularität vermeiden.
    â€º  Das Universum habe sich nicht überall ganz gleichmäßig ausgedehnt. Verfolgt man die Expansion zurück, müssen sich daher auch nicht alle Weltlinien in einem Punkt vereinigen, sondern laufen teils gleichsam aneinander vorbei. Die Weltlinien beschreiben in der Relativitätstheorie die Geschichte der Dinge in der Raumzeit. Wenn diese Kurven nicht alle aus einem Punkt im Urknall entsprängen, gäbe es keine Singularität.
    Genau das haben 1963 die ukrainischen Physiker Evgeny M. Lifshitz und Isaak M. Khalatnikov behauptet. Ein Zustand unendlicher Dichte könne lediglich eintreten, wenn die Galaxien (oder Weltlinien) im rechnerischen

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