Hei hei er und dann
können. Damit, dass sie Rinas Bruder in den Abendstunden physiotherapeutisch betreute, würde sie genug Geld verdienen, um endlich freier atmen zu können. Sie würde Marcs Schuldarlehen zurückzahlen können, und da die Kosten fürs College von Stipendien gedeckt wurden, waren die Zeiten drückender finanzieller Lasten für sie vorbei. Sie hatte sogar schon einen Teil ihrer eigenen Schulden tilgen können dank des zweiten Teils von Rinas großzügigem Vorschlag – mietfreies Wohnen in einem Zimmer des Penthouse-Apartments.
Bei der Vorstellung, bei Rina und ihrem Bruder einzuziehen – völlig fremden Leuten –, drohten alte Ängste wieder in ihr aufzuleben. Aber Brianne kämpfte dagegen an. Obwohl sie Rinas Bruder noch nicht kannte, hatte ihr Rinas Herzlichkeit ein gutes Gefühl gegeben.
Viel mehr Sorge bereitete ihr Rinas Freund. Brianne hoffte, dass sie hier nicht ihrem Traummann begegnen würde. Doch falls Rina etwas von der knisternden Spannung zwischen ihnen gemerkt haben sollte, würde sie ein Zusammentreffen von ihnen schon zu verhindern wissen. Brianne gab zu, dass es das Beste für sie wäre.
Der Fahrstuhl blieb stehen, und die Türen glitten lautlos auf. Brianne trat direkt in den Flur des beeindruckend großen Penthouse-Apartments und schaute sich staunend um. Sie registrierte einen kristallenen Kronleuchter, riesige Fenster und Marmorfußböden. Eine völlig andere Welt.
Sie sah an sich herab und strich die Trainingshose glatt, die sie für das Treffen mit Rinas Bruder angezogen hatte. Sie hatte schon durch ihre Kleidung demonstrieren wollen, dass sie ihre Aufgabe ernst nahm und sofort anfangen konnte. Jetzt fragte sie sich, ob sie einen Fehler gemacht hatte. Vielleicht hätte sie sich für ein formelleres Outfit entscheiden sollen, aber jetzt war es zu spät. Die erste Begegnung mit ihrem neuen Patienten stand unmittelbar bevor.
Schwierig, so hatte Rina ihren Bruder beschrieben. Stur. Nicht vom Nutzen einer Therapie überzeugt. Brianne legte die Hände an ihren Bauch und versuchte, ihre Nerven zu beruhigen. Sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, ihre Unsicherheiten zu verbergen und das Beste aus jeder Situation zu machen.
„Hallo?“, rief sie und wunderte sich beinahe, dass sie kein Echo hörte. Das Apartment erstreckte sich über das gesamte oberste Stockwerk des noblen Gebäudes, und niemand hatte ohne Hauptschlüssel Zugang zum privaten Aufzug. Brianne war noch nie in einer so exklusiven und eleganten Wohnung wie dieser gewesen.
„Ist niemand hier?“
Auf ihr Rufen kam der kleine pummelige Hund, den sie bei ihrem ersten Besuch kennengelernt hatte, auf sie zugesprungen und begrüßte sie schwanzwedelnd.
„Na, du bist vielleicht ein Wachhund.“ Brianne bückte sich ohne Furcht zu ihm hinab. Sie musste mit den Fingern in den Falten seines Fells graben, um ihn liebevoll hinterm Ohr zu kraulen. „Und ein ganz Hübscher.“ In natura hatte sie so einen Hund vorher noch nie gesehen. Sie schaute auf das Namensschild an seinem Halsband. „Ist noch jemand hier, Norton?“
Er leckte ihre Hand. „Eine schwarze Zunge“, murmelte sie. „Interessant.“
„Rina? Wieso bist du zurück?“, rief eine männliche Stimme irgendwo im Hintergrund. Bevor Brianne antworten konnte, redete der Mann weiter. „Ich dachte, du bist längst auf dem Weg zum Flughafen …“ Plötzlich verstummte die Stimme.
Brianne richtete sich auf. Sie hob den Blick und hielt vor Schreck den Atem an. Vor ihr stand ihr Traummann – nackt bis auf die schmalen Handtücher, die er um die Hüften und den Hals geschlungen hatte. Sein Körper war muskulös, seine Haut gebräunt. Sie zwang sich, tief durchzuatmen, und sah in sein schockiertes Gesicht.
„Sie sind nicht Rina“, stellte er ganz überflüssig fest.
Brianne schüttelte den Kopf und fragte sich, ob er enttäuscht war, da verzog er seine Lippen zu diesem unglaublich sinnlichen Lächeln.
„Ich habe mir schon gedacht, dass sie es nicht sein kann. Sie ist schon vor einer ganzen Weile mit dem Taxi zum Flughafen gefahren.“
Briannes Blick fiel flüchtig auf das Handtuch, das ihm tief um die Hüften hing. Als sie Rinas Vorschlag akzeptiert hatte, war sie davon überzeugt gewesen, dass sie ihm nicht begegnen würde. Doch nun sah sie ihn unvermittelt vor sich.
Und sie würde noch viel mehr von ihm sehen, wenn er hier lebte, wie sie jetzt vermutete. Als ob sie nicht schon genug sah. Fasziniert beobachtete sie, wie die Sonnenstrahlen auf seiner breiten Brust
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