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Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Heidi und andere klassische Kindergeschichten

Titel: Heidi und andere klassische Kindergeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Spyri
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hatte, und eine unbekannte Lust, fortzuleben in dem schönen Sonnenschein und etwas zu tun, mit dem sie jemand erfreuen konnte, wie sie jetzt das Schneehöppli erfreute. Eine ganz neue Freude kam ihr ins Herz, so als ob alles, was sie wußte und kannte, auf einmal viel schöner und anders sein könnte, als sie es bis jetzt gesehen hatte, und es wurde ihr so schön und wohl zumute, daß sie das Geißlein um den Hals nehmen und ausrufen mußte: »O Schneehöppli, wie schön ist es hier oben; wenn ich nur immer da bei euch bleiben könnte!«
    Das Heidi war unterdessen an dem Blumenplatze angekommen. Es stieß einen Freudenschrei aus. Von leuchtendem Golde bedeckt lag die ganze Halde da. Das waren die schimmernden Ziströschen. Dichte, dunkelblaue Büsche von Glockenblumen wiegten sich darüber, und ein so starker gewürziger Duft wogte um die sonnige Halde, als wären die köstlichsten Balsamschalen da oben ausgeschüttet worden. Der ganze Wohlgeruch kam aber von den kleinen braunen Kolbenblümchen her, die ihre runden Köpfchen da und dort bescheiden zwischen den Goldkelchen emporstreckten. Das Heidi stand und schaute und zog den süßen Duft in langen Zügen ein. Auf einmal kehrte es um und kam außer Atem vor Erregung zu Klara zurück.
    »Oh, du mußt gewiß kommen«, rief es ihr schon von weitem zu. »Sie sind so schön, und alles ist so schön, und am Abend ist es vielleicht nicht mehr so. Ich kann dich vielleicht tragen, meinst du nicht?«
    Klara schaute das erregte Heidi mit Verwunderung an; sie schüttelte aber den Kopf.
    »Nein, nein, was denkst du, Heidi; du bist ja viel kleiner als ich.
Oh, wenn ich nur gehen könnte!«
    Jetzt schaute das Heidi suchend um sich, es mußte etwas Neues im Sinne haben. Dort oben, wo der Peter vorher auf dem Boden gelegen hatte, saß er jetzt und starrte auf die Kinder herunter. So hatte er schon seit Stunden gesessen und immerzu herabgestarrt, so als könne er nicht fassen, was er vor sich sah. Er hatte den feindlichen Stuhl zerstört, damit alles aufhören und die Fremde sich gar nicht mehr bewegen könne, und eine kurze Weile nachher erschien sie da oben und saß vor ihm auf dem Boden neben dem Heidi. Das konnte ja nicht sein, und doch war es immer noch so, er konnte hinsehen, wann er wollte.
    Jetzt schaute das Heidi zu ihm auf.
    »Komm hier herunter, Peter!« rief es sehr bestimmt.
    »Komme nicht«, rief er zurück.
    »Doch, du mußt; komm, ich kann es nicht allein machen, du mußt mir helfen; komm schnell!« drängte das Heidi.
    »Komme nicht«, ertönte es wieder.
    Jetzt sprang das Heidi eine kleine Strecke den Berg hinan, dem
Angeredeten entgegen.
    Da stand es mit flammenden Augen und rief hinauf:
    »Peter, wenn du nicht auf der Stelle kommst, so will ich dir auch etwas machen, das du dann gewiß nicht gern hast; das kannst du glauben!«
    Diese Worte gaben dem Peter einen Stich, und eine große Angst packte ihn an. Er hatte etwas Böses getan, das kein Mensch wissen sollte. Bis jetzt hatte es ihn gefreut, aber nun redete das Heidi, wie wenn es alles wüßte, und was es wußte, sagte es alles seinem Großvater, und vor dem fürchtete der Peter sich ja wie vor keinem andern. Wenn er nun vernähme, was mit dem Stuhl vorgegangen war! Den Peter würgte die Angst immer ärger. Er stand auf und kam dem wartenden Heidi entgegen.
    »Ich komme, aber dann mußt du das nicht machen«, sagte er, so zahm vor
Furcht, daß das Heidi ganz mitleidig wurde.
    »Nein, nein, das tu ich nun schon nicht«, versicherte es. »Komm jetzt nur mit mir, es ist nichts zum Fürchten, was du tun mußt.«
    Bei Klara angelangt, ordnete nun das Heidi an, auf der einen Seite sollte der Peter, auf der andern wollte es selbst Klara fest unter den Arm fassen und aufheben. Das ging nun ziemlich gut, aber jetzt kam das Schwierigere. Klara konnte ja nicht stehen, wie sollte man sie nun festhalten und vorwärts bringen? Das Heidi war zu klein, um ihr mit seinem Arm eine Stütze zu bieten.
    »Du mußt mich jetzt um den Hals nehmen, ganz fest, so. Und den Peter mußt du am Arm nehmen und ganz fest darauf drücken, dann können wir dich tragen.«
    Aber der Peter hatte noch nie jemandem den Arm gegeben. Klara umfaßte diesen wohl, der Peter aber hielt ihn ganz steif am Leibe herunter wie einen langen Stecken.
    »So macht man es nicht, Peter«, sagte das Heidi sehr bestimmt. »Du mußt mit dem Arm einen Ring machen, und dann muß die Klara mit dem ihrigen durchfahren, und dann muß sie ganz fest aufdrücken, und du mußt

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