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Heimkehr

Heimkehr

Titel: Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Bach
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wird deiner Meinung nach mit dir spielen?«
    Er neigte den Kopf erst nach links und dann nach rechts. »Okay.« Er stimmte zu, er war zwar von den Regeln nicht annähernd so beeindruckt wie ich, aber er fand zunehmend an diesem Test Gefallen. »Und zu einem Spiel gehört irgendein Ort zum Spielen. Ein Tisch oder ein Feld oder ein Hof.«
    »Ja! Und?«
    »Dazu gehören Spieler. Oder Mannschaften.«
    »Ja, ohne uns kein Spiel«, bekräftigte ich. »Was sehen die Regeln noch vor?«
    »Einen Anfang. Eine Mitte. Einen Schluß.«
    »Ja. Und?«
    »Action«, sagte er.
    »Ja. Und?«
    »Das war’s«, erwiderte er.
    »Eine wichtige Regel hast du vergessen«, sagte ich. »Die Rolle. Bei jedem Spiel, das wir spielen, schlüpfen wir in eine Rolle, nehmen eine Identität an, mit der gespielt werden soll. Wir beschließen, wir sind Retter, Opfer, Führer-mit-allen-Antworten, Gefolgsmann-der-keine-Ahnung hat, klug, tapfer, ehrbar, schlau, dumm, hilflos, versuchen-einfach-uns-durchzubeißen, diabolisch, unbeschwert, bedauernswert, ernst, sorglos, Salz-der-Erde, Puppenspieler, komisch, Held… wir wählen unsere Rolle je nach Laune und Bedarf, und wir können sie jederzeit beliebig wechseln.«
    »Welche Rolle spielst du?« fragte er. »In dieser Minute.«
    Ich lachte. »In dieser Minute spiele ich den Recht-netten-Kumpel – aus – Deiner – Zukunft – mit – einigen – hübschen-Ideen-für-das-Kind-zum-Grübeln. Welche Rolle spielst du?«
    »Ich gebe vor, der Junge-aus-Deiner-Vergangenheit-der-wissen-muß-wie-das-Universum-funktioniert zu sein.« Er sah mich ganz komisch an, als ob er keine Maske mehr trüge, als ob er wüßte, daß ich die Wahrheit, die in seinem Spiel lag, erkannte. Ich war jedoch so auf meine Rolle konzentriert, ihm Lehren zu vermitteln, daß ich das gar nicht bemerkte.
    »Gut«, entgegnete ich. »Nun verschwinde aus dem Stück, aber halte mich über das Spiel auf dem laufenden.«
    Er lächelte und zog die Brauen zusammen. »Was meinst du damit?«
    Ich flog eine Kurve nach rechts und wies auf die Erde in drei Meilen Tiefe. »Was weißt du aus dieser Höhe über Spiele?«
    Er schaute hinunter. »Oh! Es wird eine ganze Menge zur gleichen Zeit gespielt. Andere Zimmer, andere Höfe, andere Felder, andere Städte, andere Länder…«
    »…und andere Planeten, Galaxien und Universen«, ergänzte ich. »Ja! Und?«
    »Andere Zeiten!« sagte er. »Spieler können ein Spiel nach dem anderen spielen.« Beim Betrachten der Erde aus der Vogelperspektive begriff er den Sinn des Ganzen. »Wir können in verschiedenen Mannschaften, aus Spaß am Spiel und für die Ewigkeit spielen, wir können auch gegen jemanden spielen, der leicht zu schlagen ist, oder gegen jemanden, gegen den man keine Chancen hat…«
    »Du spielst nur, wenn du weißt, daß du nicht verlieren kannst, nicht wahr?«
    » NEIN ! Je schwieriger das Spiel, desto mehr Spaß macht es!« Er dachte noch einmal darüber nach. »Solange ich gewinne.«
    »Wenn kein Risiko bestünde, wenn du wüßtest, daß du nicht verlieren kannst, wenn du wüßtest, wie das Spiel enden wird, würde es dir dann immer noch Spaß machen?«
    »Spaß hat man, wenn man am Anfang nicht weiß, wie das Spiel ausgehen wird.« Er wendete sich mir abrupt zu. »Bobby kannte das Ende.«
    »War Bobbys Leben eine Tragödie, weil er so jung starb?«
    Er blickte zum Kabinenfenster hinaus, wieder in die Tiefe. »Yeah. Ich werde nie wissen, wie er geworden wäre. Wie ich geworden wäre.«
    »Tu so, als ob das Leben ein Spiel sei. Würde Bobby denken, daß sein Leben eine Tragödie war?«
    »Mach mit mir ein Gedankenexperiment.«
    Ich lächelte darüber. »Du und Bobby, ihr spielt Schach in einem wunderschönen Haus, in dem es viele verschiedene Zimmer gibt. Mitten im Spiel merkt dein Bruder, wie es enden wird, er sieht keine andere Lösung, er gibt das Spiel auf und geht weg, um das Haus zu erkunden. Denkt er, daß das, was geschehen ist, eine Tragödie ist?«
    »Es macht keinen Spaß, wenn man das Ende kennt, und er möchte noch die anderen Zimmer sehen. Für ihn ist es keine Tragödie.«
    »Ist es für dich eine Tragödie, wenn er fortgeht?«
    »Ich weine nicht, wenn jemand den Raum verläßt«, erwiderte er.
    »Jetzt zoome dich zurück zum Schachbrett. Aber statt das Spiel zu spielen, bist du das Spiel. Die Schachfiguren heißen Dickie und Bobby und Mom und Dad, und statt aus Holz bestehen sie aus Fleisch und Blut und du hast sie dein ganzes Leben lang gekannt. Statt der Spielfelder gibt es Häuser

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