Heimkehr
Hackbrett voll kleingeschnittenem Allerlei aus dem Gemüsefach in unsere große Bratpfanne.
»Versteckst du dich nicht hinter dem Wörtchen ›imaginär‹?« fragte Leslie. »Benötigst du einen Sicherheitsabstand? Hast du Angst vor ihm?« Sie hatte eigentlich nach der Gartenarbeit ihre Sachen wechseln wollen: weiße Shorts, ein T-Shirt, ein breitrandiger Sonnenhut. Sie hatte den Hut abgenommen, aber nun war sie von Neugier gepackt, und ich vermutete, daß sie sich mit dem Umziehen noch Zeit lassen würde.
»Angst?« sagte ich. »Vielleicht.« Ich bezweifelte das, aber von Zeit zu Zeit macht es Spaß, unsere Gewißheiten auf die Probe zu stellen und anzunehmen, es seien Lügen.
Ich gab Ananas und Bulgurweizen zum Gemüse und rührte das Ganze fünf–, sechsmal rasch um.
»Er könnte sagen, er habe dich erfunden und sei nun zu dem Schluß gelangt, daß du nur eine imaginäre Zukunft bist; er könnte fortgehen und dich mit allem, was du loswerden willst, allein lassen.«
Ich sah sie groß an und vergaß, aus der Flasche, die ich in der Hand hielt, Sojasauce in die Pfanne zu gießen. »Er würde das nicht tun. Nicht jetzt.«
Eines Tages wird es mir nichts mehr ausmachen, wenn er mich verläßt. Nur jetzt darf er nicht gehen, dachte ich.
Sie ließ ihre Frage nachwirken und fuhr dann fort. »Fällt ihm nicht auf, daß du kochst und nicht ich?« fragte sie. »Ist ihm das egal?«
»Ich koche für meine Frau, sage ich zu ihm, aber ich bin sehr männlich… sogar meine Pasteten sind hart!« Das stimmte natürlich nicht. Bevor ich ganz auf Zucker verzichtete, habe ich Törtchen gemacht. Diese Krusten sind köstlich, wie eine gebackene Wolke, aber ich bin bescheidener als Gott. Diese edle Eigenschaft, auf die ich am stolzesten bin, besteht darin, daß ich mein Ego völlig verleugne.
Es ist wichtig, daß der Weizen richtig heiß wird; man sagt, die Hitze bewirke, daß sich das Nußaroma voll entfaltet. Zufällig fand ich eine halbe Tüte gehackter Walnüsse, ich schüttete sie in die Pfanne.
Leslie kennt meine seltsamen Prinzipien, aber sie ist tolerant, und manchmal hört sie sich diese ganz gerne an. »Was hast du ihm über die Ehe erzählt?«
»Er hat nicht danach gefragt. Denkst du, das interessiert ihn?«
»Er weiß, daß ihn die Ehe einmal erwartet. Wenn er so ist wie du, wird er dich bestimmt fragen«, sagte sie. »Was wirst du ihm antworten?«
»Ich werde sagen: Es ist die glücklichste, schwerste, wichtigste, längste Herausforderung deines Lebens.« Ich bot ihr einen Teelöffel voll zu kosten an. Es ist noch nicht fertig, dachte ich, aber es schadet nie, einer verwandten Seele gegenüber höflich zu sein. »Möchtest du mal probieren?«
»Zu hart«, sagte sie. »Es ist furchtbar trocken.«
»Hm.« Ich nahm die Pfanne vom Herd und stellte sie in den Ausguß, öffnete den Wasserhahn, um eine Tasse
Wasser abzufüllen, und stellte die Pfanne wieder zurück auf das Gas. Dann ließ ich das Gericht noch zehn Minuten weiterschmoren.
»Kann ich dir helfen?« fragte sie.
»Liebling, du hast gearbeitet. Rühr dich nicht vom Fleck.«
Sie ging zum Schrank und holte Teller und Gabeln heraus. »Was würdest du ihm sagen?«
»Ich würde ihm zuerst mein Geheimnis von der Ehe verraten und ihm dann die Fakten nennen.« Ich fand den Entsafter, steckte den Stecker in die Steckdose und holte ein Bund Karotten aus dem Kühlschrank.
Sie lächelte mir zu. »Du bist aber klug! Wie lautet das Geheimnis der Ehe?«
»Hör auf damit, Wookie, zieh mich bitte nicht damit auf, daß ich klug sei. Ich sagte ihm, ich würde ihm verraten, was ich weiß.« Ich stellte ein Glas unter die Tülle des Entsafters.
»Na schön, du bist nicht klug. Worin besteht das Geheimnis der Ehe?«
Ich betätigte den Schalter und preßte die erste Karotte in den Trichter. Der Saft ist paradiesisch, aber wenn unsere Maschine läuft, macht sie höllischen Krach.
»E S IST IN O RDNUNG , WENN DU MACHST , WAS DU FÜR RICHTIG HÄLTST «, ÜBERTÖNTE ICH DAS KNIRSCHENDE G ERÄUSCH DER S CHNEIDEMESSER . »E S IST IN O RDNUNG , WENN DEINE F RAU MACHT , WAS SIE FÜR RICHTIG HÄLT . UND ES IST IN O RDNUNG , WENN DU NICHT DAMIT EINVERSTANDEN BIST !«
» ICH BIN ANDERER MEINUNG !« sagte sie. » DEMNACH WÄRE ES IN ORDNUNG , WENN WIR UNS BETRÜGEN , BELÜGEN , IN JEDER ERDENKLICHEN WEISE , DIE WIR FÜR › RICHTIG ‹ HALTEN , UNS GEGENSEITIG HINTERS LICHT FÜHREN WÜRDEN ! DU MUSST HINZUFÜGEN , DASS DEIN GEHEIMNIS DESHALB FUNKTIONIERT , WEIL WIR JAHRE
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