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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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»Der Alte Rabe hat uns gebeten, die Würde des Kriegshäuptlings abgeben zu dürfen. Er ist müde; wir werden seinen Wunsch erfüllen. Tschetansapa hat vorgeschlagen, daß die Söhne der Großen Bärin dich, den Sohn Mattotaupas, zum Kriegshäuptling wählen. Wie du als Krieger kämpfen kannst, haben unsere Männer nicht nur gehört. Sie haben es selbst erfahren müssen, und vor dem Pfahl haben es alle noch einmal gesehen. Wir vertrauen dir.«
    Stein mit Hörnern schoß das Blut ins Gesicht. Da es bleich gewesen war, erkannten alle, wie es sich färbte, und der Heimgekehrte fühlte sich in seinen Empfindungen bloßgestellt.
    »Willst du etwas sagen?« fragte Tatanka-yotanka.
    »Ja.«
    »So sprich!« (In der Ausgabe von 1965 heißt es: »So sprich zu uns, als ob du ein Mitglied unseres Rates seiest.«)
    Stein mit Hörnern antwortete jedoch nicht sogleich. Er wollte seine Antwort genau formulieren und ohne Stocken aussprechen. Das Gesicht Tschapa Kraushaars erschien ihm, obgleich Tschapa nicht im Zelt anwesend war. Aber Stein mit Hörnern sah das Gesicht des Jugendfreundes, und er hörte dessen Frage: Hast du Angst, deine wahren Gedanken auszusprechen? Wie war es? Hatte der Heimgekehrte wirklich Furcht, alles wieder zu verlieren, was er eben gewonnen hatte, wenn er Gedanken laut werden ließ, die niemand hören wollte ­ oder dachte er in Wahrheit gar nicht an seine eigenen Zweifel noch an das, was Tschapa von ihm verlangte, sondern war mit allen diesen Männern hier eins, zu kämpfen, sich zu rächen und die Feinde zu töten, wo er sie nur fand ­ war er entschlossen, dies und nichts anderes zu tun?
    Stein mit Hörnern stand vor den Häuptlingen und Ältesten und durfte nicht länger schweigen. Was er sagte, war keine Lüge und war doch eine Lüge. »Wie sollen Antilopensohn und Schonka mir gehorchen?«
    »Sie gehorchen dem Beschluß des Rates und ihren Oberhäuptlingen, hau. Wir erwarten von dir, daß du die Männer führst, weil du es kannst und weil sie von dir geführt sein wollen. Gibt es einen Weg, auf dem du besser sühnen und die Toten besser versöhnen kannst?«
    Stein mit Hörnern schwieg.
    Tschetansapa erhob sich. Er hatte eine Adlerfederkrone in Händen, die auf einer Decke bereitgelegen hatte. »Hier«, sagte er, »die Federn dazu haben wir bei dir gefunden. Du hast über hundert Goldsucher in den beiden vergangenen Sommern getötet. Deine Narben erzählen uns, wie oft du verwundet warst und daß du das Sonnenopfer gebracht hast. Sieh dir die Federn an! Deine Taten und Wunden sind daran verzeichnet.«
    Tschetansapa wies auf die Kerbschnitte und auf die roten Flaumbüschel an den Spitzen. »Komm! Du sollst die Adlerfedern tragen und den Rock eines Häuptlings dazu anlegen. Tokei-ihto wird von nun an dein Name sein. Du gehst uns als erster voran, das wissen wir!«
    Tokei-ihto schlüpfte in den gestickten Rock und griff nach der Adlerfederkrone. Er zählte und besah die Federn noch einmal. Es waren auch zwei ältere, besonders große, aber weniger schöne, weil etwas zerzauste, dabei, und nur Tokei-ihto selbst wußte, daß diese beiden Federn aus dem Jahre stammten, in dem der Knabe Harka der Freund eines Adlers gewesen war. Tokei-ihto hob die Adlerfederkrone mit beiden Händen und setzte sie auf.
    Die Blicke ringsum belehrten ihn, daß die Männer ihren neu gewählten Kriegshäuptling bewunderten. Sein ausgezehrtes Gesicht bildete einen merkwürdigen Gegensatz zu der Pracht seiner Kleidung; aber auch in der geringsten seiner Bewegungen lag schon wieder Spannkraft. Er ließ sich neben Tschetansapa nieder und nahm die doppelläufige Büchse, Tashunka-witkos Geschenk, in den Arm.
    Es wurden noch einige Reden gehalten. Tokei-ihto nahm sie nur oberflächlich in sein Bewußtsein auf. Er hatte wieder zu Menschen gefunden, die ihm vertrauten. Er war wieder Sohn, Bruder und Freund, Mitkämpfer und Anführer. Er hatte eine neue Aufgabe erhalten, eine große und ehrenvolle Aufgabe. Sie entsprach dem, was er als Knabe gelernt und als Mann geübt hatte. Sie lag auf dem Gebiet, auf dem er alle übertraf. Dennoch war in dieser Aufgabe eines Kriegshäuptlings eine Frage enthalten, die unlösbar blieb. Die Zahl der Watschitschun war unendlich. Die Dakotakrieger waren demgegenüber gering an Zahl, und sie waren schlecht bewaffnet; es fehlte ihnen an Munition. Stein mit Hörnern war im Beratungszelt der einzige, der die Watschitschun wirklich kannte und darum auch um die Aussichtslosigkeit des Freiheitskampfes seines Stammes

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