Heimkehr zu den Dakota
versehene Materiallager in Brand zu stecken und zu verwüsten?
Dem Vater wurde es heiß bis unter die Haut. Seine Augen glühten. Der Branntwein und das Mißtrauen arbeiteten gleichzeitig in ihm. Er beobachtete, daß Harka sich bewegte. Der junge Kundschafter glitt den Hang der Anhöhe, auf deren Kamm er lag, an der für Mattotaupa nicht sichtbaren Seite hinab und blieb für lange Zeit verschwunden. Mattotaupa überlegte, ob er zu der Anhöhe, auf der Harka gelegen hatte, hinüberschleichen sollte. Aber der Platz, den Mattotaupa jetzt einnahm, bot im ganzen den weitesten Ausblick. So wartete er, ob er entdecken könnte, wo Harka sich wieder zeigte. Aber er konnte ihn bis zum Morgen nirgends mehr beobachten.
Es war Herbst, und die Nächte waren lang.
Als es dämmerte, lief Mattotaupa gebückt zu der Bodenwelle hinüber, die er im Auge gehabt hatte. Er sah noch die Spuren, wo Harka im Gras gelegen hatte. Er sah auch die Fährten, die den Hang hinabführten. Dann aber fehlte jede weitere Spur. Harka war ein guter Schüler seines erfahrenen Vaters, ohne Zweifel, und er hatte als Kundschafter Tag für Tag nichts anderes zu tun als andere zu entdecken und sich selbst zu verbergen. In dieser Kunst war er ein fast nicht mehr zu übertreffender Meister geworden, obgleich oder vielleicht gerade weil er noch so jung war.
Da in der Nacht kein Überfall stattgefunden hatte, begann Mattotaupa etwas ruhiger zu denken und zu empfinden. Mackies schwere Beschuldigung gegen Harka hatte sich nicht unmittelbar bestätigt.
Mattotaupa machte sich auf den Heimweg. Der Wind wehte stark, der Morgenhimmel war von Staubwolken verdüstert. Die Zeltwände blähten sich. Aus dem großen Speisezelt klangen noch immer die Geigen. Im Gras zwischen Zelten und Baracken lagen ein paar Betrunkene und schliefen ihren Rausch aus.
Als Mattotaupa sich seinem Zelte näherte, sah er, daß die Pferde nicht davor angepflockt waren. Harka war wohl schon zurück und brachte die Tiere eben zum Bach, um sie saufen zu lassen.
Mattotaupa ging in das Zelt. Die schweigsame Seminolin saß im Hintergrund. Über dem Feuer kochte Fleischbrühe im Kessel.
Mattotaupa stellte seine Büchse an ihren Platz. Dann wurde er steif wie ein Gelähmter.
Neben der Feuerstelle, auf der hellen Lederdecke, lag sein eigener Revolver.
Mattotaupa faßte nach dem Gürtel. Die Revolvertasche war leer.
Nun wußte der Vater, was Harka getan hatte, als er verschwand und seine Spuren so sorgsam verbarg. Er hatte dem Vater den Revolver aus der Tasche geholt. Es war ein Meisterstreich.
Mattotaupa hob den Revolver nicht auf. Er ließ ihn vorläufig liegen.
Wenn Vater und Sohn noch in jenem unverbrüchlichen, jede Offenheit und Heiterkeit erlaubenden Vertrauensverhältnis gestanden hätten wie einst, so würde Mattotaupa jetzt gelacht, sich gefreut und jedermann erzählt haben, was er für einen vorzüglichen Kundschafter und künftigen Krieger herangezogen habe, der mit siebzehn Jahren schon den eigenen Vater überlistete.
Vielleicht konnte er der Sache diese gute Seite abgewinnen. Wenn Harka glaubte, daß der Vater ihn hatte unterstützen und prüfen wollen nur seine Kundschafterfähigkeiten hatte prüfen wollen , dann konnte Mattotaupa dem Sohne jetzt das Lob frei ins Gesicht sagen. Wenn Harka aber nach dieser Nacht annahm, daß der Vater ihn verdächtigte, so wie der betrunkene weiße Mann Harka verdächtigt hatte, dann … Mattotaupa scheute sich davor, diesen Gedanken zu Ende zu denken. Es blieb ihm auch keine Zeit dazu.
Er hörte den Sohn mit den Pferden kommen. Er hörte, wie Harka mit ein paar Beilschlägen die Pflöcke an anderer Stelle in die Erde trieb, damit die Mustangs einen neuen Weidekreis fanden. Dann schlüpfte der junge Indianer ins Zelt.
Mattotaupa hatte den Revolver noch immer nicht aufgehoben. Jetzt erst, vor Harkas Augen, bückte er sich, griff nach der Waffe und steckte sie zu sich, mit dem Versuch eines Lächelns, mit einer verborgenen Frage, ob der Sohn ihm erlaube, die Sache von dieser Seite aufzufassen.
Harka holte sich seine alte Büffelhautdecke und legte sich wortlos schlafen. Der Vater hatte nur einen Augenblick in das Gesicht des Sohnes geschaut, aber er wußte jetzt, was alles verloren war.
Der alt gewordene Indianer zögerte, dann ging er aus dem Zelt hinaus in den Staubsturm. Er irrte im Lager umher und log sich vor, daß er kein Ziel habe. Doch lenkten seine Schritte immer näher zu dem großen Zelte, aus dem noch immer die Geige des Primas
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