Mein Herz und deine Krone
1. KAPITEL
„Sie war erst siebzehn?“
„Wir reden von einer Zeit, die zehn Jahre zurückliegt. Damals war ich selbst fast noch ein Teenager.“
„Macht das irgendeinen Unterschied?“ Mit finsterem Gesicht saß der ungekrönte König von Aristo hinter seinem massiven Schreibtisch und starrte seinen Bruder wütend an. „Wir haben doch wahrlich genügend Ärger am Hals!“
„Nicht durch mein Verschulden.“ Prinz Andreas Christos Karedes, Dritter in der Thronfolge des Königshauses von Aristo, begegnete Sebastians Empörung mit der gleichen stoischen Gelassenheit, die er im Umgang mit allen testosterongesteuerten männlichen Mitgliedern seiner Familie an den Tag legte.
Die Karedes-Prinzen waren durchweg ausgesprochen attraktiv, sehr temperamentvoll und galten als wahre Playboys. Doch im Unterschied zu seinen beiden Brüdern behandelte Andreas seine Affären diskret, legte weniger Wert auf seinen königlichen Status und war auch nicht ganz so aufbrausend wie seine Geschwister.
„Bis jetzt …“, knurrte Sebastian, „… mal abgesehen von deiner erst kürzlich erfolgten Scheidung, die einiges Aufsehen erregt hat. Aber dies hier ist viel brisanter. Du musst es in Ordnung bringen, ehe die Bombe explodiert und uns alle trifft!“
„Wie, zur Hölle, soll ich das anstellen?“
„Sieh zu, dass du sie loswirst!“ Sebastians Blick war so mörderisch, dass Andreas irritiert die Brauen zusammenschob.
„Du willst damit doch wohl nicht andeuten …“
Sein Bruder schüttelte den Kopf, allerdings, wie es schien, mit einer Spur Bedauern. Seit dem Tod ihres Vaters wateten die drei Prinzen durch einen wahren Mediensumpf, in den die Hetzjagd der Presse die Mitglieder des Königshauses getrieben hatte. Ständig auf der Flucht vor dem gnadenlosen Rampenlicht, versuchten sie alles, um Gerüchte über verdeckte Skandale in ihrem Umfeld zu entkräften und zu verhindern, dass die Meute der Reporter auch noch längst vergessene Geschichten ausgrub. Hinzu kam die politische Unsicherheit durch die verhinderte Thronnachfolge.
„Obwohl, wenn ich an unseren Vater denke …“, murmelte Sebastian, und Andreas schauderte. Wer weiß, wozu der alte König fähig gewesen wäre, hätte er von Hollys Geheimnis erfahren. Gott sei Dank war das keine Option mehr! Nicht etwa, dass König Aegeus die Moral für sich gepachtet hatte, denn immerhin waren es hauptsächlich seine Eskapaden und Fehlentscheidungen gewesen, die seine Familie in ihre momentane missliche Lage gebracht hatten.
„Du wirst einen besseren König abgeben, als Vater es je war“, sagte Andreas voller Sympathie für seinen Bruder. „Was mag ihn nur geritten haben, den Stefani-Diamanten gegen eine Fälschung auszutauschen?“
Sebastians Gesicht gefror zur undurchdringlichen Maske. „Das herauszufinden, ist meine Sache.“ Denn bevor der echte Diamant nicht wieder auftauchte, würde es keine Krönung geben. Und womöglich nicht einmal dann, weil die Presse Blut sehen wollte und ihr Bestes tat, die rivalisierenden Parteien aufzuhetzen. Fest stand: Wem das gesuchte Juwel in die Hände fiel, dem gebührte der Sieg.
Wenn allerdings noch mehr Skandale an die Oberfläche gezerrt wurden …
„Dieses Mädchen …“
„Holly“, half Andreas ihm weiter.
„Du erinnerst dich also noch an sie?“
„Natürlich erinnere ich mich an Holly!“
„Das erleichtert die Sache. Wir werden ihr eine Abfindung zahlen oder sonst was tun. Hauptsache, sie hält den Mund.“
„Wenn sie auf einen Skandal aus wäre, hätte sie ihn schon vor Jahren anzetteln können.“
„Offenbar hat das sprichwörtliche Damoklesschwert die ganze Zeit über unserem Kopf geschwebt, ohne dass wir davon wussten. Aber ausgerechnet jetzt …“ Sebastian erhob sich und musterte seinen Bruder mit einem vernichtenden Blick, der Andreas fatal an ihren verstorbenen Vater erinnerte. „Sieh zu, dass sie uns auf keinen Fall schaden kann!“, verlangte er brüsk.
„Ich werde Kontakt zu ihr aufnehmen.“
„Nicht persönlich und auch nicht per Telefon, hast du verstanden? Soweit man mir zugetragen hat, wird sie bereits abgehört. Ich werde sie herschaffen lassen.“
„Aber ich könnte …“
„Du hältst dich da raus, bis sie auf unserem eigenen Grund und Boden ist. Bis dahin hast du genügend mit der Untersuchung der Korruptionsaffäre zu tun. Und da Alex noch auf Hochzeitsreise ist …“ Sebastian schüttelte unwillig den Kopf. „Von allen Terminen, die er sich zum Heiraten hätte aussuchen können,
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