Heimliche Sehnsucht: Mittsommergeheimnis (German Edition)
Kristian erreichten Sundsvall gegen Abend. Da das Wetter leider noch immer schlecht war, steuerte Kristian seinen Wagen – aufgrund des Regens hatte er seinen Jeep heute zu Hause gelassen und sein Stadtauto, einen Volvo, genommen – auf das Fischerdorf Skatan zu. Vor einem falunrot gestrichenen Häuschen, das direkt am Wasser gebaut war, stellte er schließlich den Wagen ab.
“Du hast dieses Fischerhäuschen gekauft?”, fragte Linnea überrascht.
Kristian nickte. “Dieses – und noch eine ganze Reihe mehr. Sie alle werden in den nächsten Monaten zu Ferienhäusern umgebaut.”
“Finjas Eltern besaßen hier auch ein solches Häuschen. Finjas Großvater hatte hier als Fischer sein Geld verdient. Nach seinem Tod verkauften sie das Haus nicht, sondern nutzten es, um einmal im Jahr für zwei Wochen mit ihren Kindern herzukommen und auszuspannen.”
“Ich weiß. Das hier ist dieses Haus. Ich habe es herrichten lassen, weil sich die anderen derzeit in noch keinem guten Zustand befinden, außerdem dachte ich mir, es wäre vielleicht nett für dich, auf den Spuren deiner alten Freundin zu wandeln.”
“Das heißt, wir werden dort übernachten, wo Finja als Kind mit ihren Eltern Ferien gemacht hat?” Im ersten Moment legte sich ein Lächeln auf Linneas Lippen. Sie dachte daran, wie ihre Freundin ihr früher immer von den Aufenthalten hier erzählt hatte. Von dem Geschrei der Möwen und dem Tuckern der Motorboote, dem Duft von frisch geräucherten Fischen und Krabben. Und auch von ihrem heimlichen Versteck auf dem Dachboden, in dem sie …
“Du hast es erfasst.” Kristian stieg aus dem Wagen, kam zu ihr herum und öffnete ihr die Tür. Dann reichte er ihr die Hand. “Darf ich bitten?”
Gemeinsam betraten sie das Haus. Linnea war überrascht darüber, wie behaglich und urgemütlich es eingerichtet war. Der Fußboden bestand aus nicht ganz ebenen Holzdielen, über die ein handgeknüpfter Teppich ausgebreitet war, der in den buntesten Farben erstrahlte. Es gab einen Schaukelstuhl und einen bequem aussehenden Ohrensessel, der mit einem Stoff mit blau-gelbem Rankenmuster bezogen war. Das Zentrum des Raumes, der sowohl Wohnzimmer als auch Küche und Esszimmer darstellte, bildete aber der große Kamin, in dem bereits ein munteres Feuer knisterte. Kristians Angestellte hatten offenbar wirklich an jedes Detail gedacht, und sie fühlte sich auf Anhieb wohl.
“Gefällt es dir?”, erkundigte Kristian sich. “Ich habe vorhin telefonisch jemanden aus der Gegend informiert, dass ich heute schon komme, und habe alles vorbereiten lassen.”
“Es ist herrlich!”, rief Linnea aus. “Einfach wunderbar!”
“Die Eltern deiner Freundin haben ihr Häuschen schon vor vielen Jahren verkauft. Doch der Käufer ist aus irgendwelchen Gründen niemals hier gewesen und hat es auch nie vermietet. Es stand viele Jahre leer, bis ich es schließlich vor ein paar Monaten gekauft habe.”
Plötzlich dachte Linnea an etwas, das sie ernst werden ließ. Wenn sie sich recht erinnerte, hatte Finjas Familie auch einmal zusammen mit Audrey einige Wochen in der Hütte verbracht. Ja, richtig. Das musste kurz vor Audreys Verschwinden gewesen sein. Und nach diesem schrecklichen Vorfall hatte Finja aus irgendeinem Grund nicht mehr dort ihre Ferien verbringen wollen.
Kristian schien instinktiv zu merken, dass etwas nicht stimmte. Fragend sah er sie an. “Was ist los mit dir? Du wirkst plötzlich so nachdenklich.”
Sie schüttelte den Kopf. “Ach, es ist nichts. Oder doch … Ich musste gerade an etwas denken, weißt du?”
“Erinnerungen an deine Kindheit?”
“Unter anderem. Vor allem kam mir – wie irgendwie ständig, seit ich wieder in Schweden bin – Audrey in den Sinn.”
“Audrey?” Kristian runzelte die Stirn. “Ach, war das nicht diese blonde Engländerin, die als Au-pair-Mädchen für die Elmersons gearbeitet hat?”
Linnea lächelte schwach. “Ich dachte mir schon, dass du dich an sie erinnern würdest. Ich war damals sehr eifersüchtig auf Audrey, weißt du?”
“Du warst … was? Eifersüchtig? Aber … Du kannst damals kaum mehr als zwölf oder dreizehn gewesen sein und …”
“Elf”, entgegnete Linnea. “Ich war gerade einmal elf, aber bereits bis über beide Ohren in den Jungen drei Klassen über mir verliebt, der …” Verlegen winkte sie ab. “Ach, lassen wir das … Es ist schon so lange her.”
“Aber ich war nicht in dieses Mädchen verliebt”, stellte Kristian energisch klar. “Ich weiß
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