Heiß verführt in einer Wüstennacht (Julia) (German Edition)
Iseult.“ Nadim prostete ihr zu.
Iseult erwiderte seine Geste, sagte aber nichts. Vorsichtig nahm sie einen kleinen Schluck und verzog trotz des guten Geschmacks ein wenig ihr Gesicht: Das kühle, trockene Prickeln hatte sie nicht erwartet.
„Hast du schon mal Champagner getrunken?“, wollte Nadim wissen. Er lächelte dabei und zog eine Augenbraue in die Höhe.
„Allerdings.“ Jetzt verdrehte sie gespielt die Augen. „Nadim, ich bin nicht hinterm Mond aufgewachsen.“ Nach einer kleinen Pause lächelte sie zurück. „Ich schätze nur, dass mein letzter Champagner und dieser hier nicht unbedingt vom selben Weingut kamen …“
Nadim war wie verzaubert von ihrem Lächeln. Viel zu selten bogen sich die Enden ihres verführerischen Mundes nach oben. Das musste sich unbedingt ändern.
Doch selbst ohne dass Iseult lächelte, konnte sich Nadim an ihr nicht sattsehen. Gut, er hatte gewusst, dass sie in diesem Kleid hinreißend aussehen würde. Aber dass es so dermaßen perfekt sitzen und so vollkommen mit ihrer Haut-, Haar- und Augenfarbe harmonieren würde, das hätte er niemals erwartet. Die schwere indische Seide schmiegte sich an jede ihrer Kurven, betonte das üppige Dekolleté, die schmale Taille, die weiblichen Hüften.
Sie war wieder einige Meter ins Zimmer geschlendert, drehte sich nun zu ihm um und fragte arglos: „Ist das deine Frau?“
Nadim versuchte den Stich in seinem Herzen zu ignorieren. Iseult stand vor dem gerahmten Foto von Sara, das er schon so lange hatte wegräumen wollen – aber doch nie hatte wegräumen können.
Iseult sah zu ihm herüber, dann wieder auf das Bild. Wie wunderschön Nadims Frau gewesen war! Das Bild zeigte sie, neben ihm stehend und zu ihm aufblickend. Ihr Gesicht war voller Liebe. Seines hingegen ernst und unnahbar, wie auch Iseult es kannte.
„Ja“, entgegnete er knapp. „Das ist Sara. Entschuldige, ich hätte es wegräumen sollen.“
Iseult war überrascht. Er hatte also doch Gefühle für seine Frau gehegt, oder warum sonst hatte er das Bild in seinem Wohnbereich stehen? „Sei nicht albern, Nadim, sie war deine Frau. Es wäre seltsam, hier keine Fotos stehen zu sehen.“
Er warf ihr einen eindringlichen Blick zu. „Komm her.“
„Weißt du eigentlich, dass du immer wie ein Chef klingst, wenn du so redest? Hat dir schon mal jemand gesagt, dass das nicht nett ist?“ Iseult lächelte, doch der Inhalt ihres Satzes war ernst gemeint.
„Nein. Nur du besitzt die unglaubliche Frechheit dem Herrscher von Merkazad Widerworte zu geben und ihm gegenüber deine Meinung bis aufs Letzte zu vertreten.“
Er lächelte ebenfalls, ergriff ihre Hand und zog sie an sich heran.
Gut zwei Stunden später lehnte sich Iseult satt und zufrieden in ihrem Sessel zurück. „Nadim, das Essen war einfach nur köstlich. Ich glaube nicht, dass ich jemals so gut und so viel gegessen habe!“
Kurz, nachdem sie ihren Champagner ausgetrunken hatten, waren einige Bedienstete erschienen und hatten aufgetischt: eine unübersichtliche Auswahl an erlesenen Speisen, Fisch, Fleisch, frische Früchte, Wein, alle erdenklichen Spezialitäten des Orients. Und Iseult hatte sprachlos zugesehen, wie die Terrasse mit entsprechenden Möbelstücken, Windlichtern, feinstem Geschirr und Stoffservietten binnen Minuten in ein Sterne-Restaurant verwandelt wurde.
„Ich fand dich viel zu dünn, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe“, erwiderte er ernst und lehnte sich vor. „Es muss sehr schwer für dich gewesen sein, mit einem alkoholkranken Vater und drei kleinen Geschwistern aufzuwachsen. Und dich neben der Schule auch noch um das Gestüt zu kümmern.“
Iseult sah ihn erschrocken an. Es gefiel ihr nicht, dass er dieses Thema anschnitt, und sie wollte auf keinen Fall von Nadim für ihr bisheriges Leben bemitleidet werden. „So schlimm war es nicht“, antwortete sie rasch und spielte dabei mit ihrer Kaffeetasse.
Er nickte nur stumm und sah ihr dabei immer noch besorgt ins Gesicht. Da erinnerte sich Iseult an etwas, das er in Irland gesagt hatte. „Wie meintest du das eigentlich damals? Weil ich weiß, was es bedeutet, alles zu verlieren ?“
Jetzt war es an Nadim, überrascht zu gucken. Er griff nach seinem Weinglas und nahm einen Schluck. „Meine Jugend ist auch nicht leicht gewesen“, begann er mit leiser Stimme. „Damals gab es zwischen Al-Omar und Merkazad noch keinen Frieden. Und als ich zwölf Jahre alt war, sind wir eines nachts von den feindlichen Truppen überfallen
Weitere Kostenlose Bücher