Heißes Eis
verschenken. Oder muss man bei Übergewicht einfach nur eine satte Summe drauf bezahlen? Ich beginne zu schwitzen. Ben hilft mir, das schwere Stück auf die Wage zu heben. Ich atme erleichtert durch, als ich die Ziffern ablese – bis auf ein paar hundert Gramm ist der Koffer gerade noch mal am Übergepäck vorbei geschrammt. Glück gehabt! Die Dame am Schalter gibt uns die Boardingtickets und die Reisepässe zurück. Als ich meinen einstecken will, rutschen die Papiere nicht in, sondern neben die Handtasche und fallen zu Boden. Ben hebt sie auf und bevor ich noch protestieren kann, öffnet er meinen Reisepass. Ich verdrehe die Augen, denn das Foto darin zeigt mich äußerst unvorteilhaft. Meine blonden halblangen Haare wirken wie angepappt. Außerdem schaue ich mit meinen dunkelblauen Augen entnervt in die Kamera, weil die Dame, die das Passfoto geknipst hat, mich ständig zurecht wies, wie ich den Kopf zu halten habe, dass ich meine widerwilligen Haare konsequent aus dem Gesicht verbannen muss und auf keinen Fall zu sehr grinsen darf.
«Schönes Foto!», lacht Ben und erfüllt damit exakt meine Befürchtungen.
«Was steht da? Susanne Maiwald, geboren in ...»
Bevor er weiterlesen kann, entreiße ich ihm blitzartig meinen Reisepass.
«Können Sie bitte Platz machen!», beschwert sich der ältere Herr hinter uns.
Ich schiebe meine Papiere in die Handtasche und greife nach meinem kleinen Rucksack, den ich neben der Handtasche als Handgepäck dabei habe – nicht sehr stylisch, aber ich will im Urlaub nicht nur das Meer und die Sonne zu genießen, sondern mir auch was ansehen und kleinere Besichtigungstouren unternehmen, deshalb ist ein kleiner Rucksack einfach notwendig. Verwundet bemerke ich erst jetzt, dass auch Ben einen Rucksack als Handgepäck mitgenommen hat.
Obwohl ich ihn schon circa vier Jahre kenne, ist dies eine Seite an 'Mr. Cool und Witzig', die ich mir noch nicht bekannt ist. Wir waren allerdings auch noch nie zusammen im Urlaub! Meistens unternahm Tom etwas gemeinsam mit Ben, während Tine und ich zusammen hockten. Zu viert besuchten wir ab und zu das Kino, einen angesagten Club zum Tanzen oder wir gingen gemeinsam Essen.
Wir sind unterdessen auf dem Weg zu unserem Gate. Ich kann kaum mit Ben Schritt halten, der die Gänge entlang marschiert, als gäbe es einen Preis im Schnellgehen zu gewinnen.
«Hast du es irgendwie eilig?»
«Sicher! Wusstest du nicht, dass der Erste am Gate heute eine Maxi-Packung Kondome gewinnt?», antwortet er so angespannt und vorwurfsvoll, dass es mir unmöglich erscheint, an seinen Worten zu zweifeln.
Daher stutze ich im ersten Augenblick mit weit geöffneten Augen, doch spätestens, als Ben über meinen erstaunten Gesichtsausdruck lacht, wird mir klar, dass das mal wieder einer seiner Scherze war. Ich knuffe ihn zur Strafe heftig in die Seite, was er mit einem erneuten Lachen quittiert.
«Eine Maxi-Packung Kondome, ja? Wenn ich das Tine erzähle, schickt sie dir eine zehnköpfige Leibgarde auf den Hals», führe ich schließlich seinen Scherz fort.
«Ach wieso? Du weißt ja nicht, wozu ich sie brauche!»
«Zum Wasserbomben bauen?»
«Nein, als Briefbeschwerer!»
«Hä? Das ist mir zu hoch!»
«Macht nichts, mir auch!»
«Bei dem Scherz muss ich echt passen!»
«Das war gar keiner. Mir ist einfach nur nichts witziges eingefallen, deshalb hab ich das gewählt, was mir zuerst in den Sinn gekommen ist und das war nun mal 'Briefbeschwerer'.»
Ich schüttele belustigt den Kopf.
«Das leuchtet mir vollkommen ein. Ich muss auch fortwährend an 'Briefbeschwerer' denken, besonders dann, wenn ich Witze über Kondome mache!», entgegne ich voller Ironie.
«Da siehst du es. Da haben wir ja schon mal eine Gemeinsamkeit entdeckt.»
«Ich weiß noch eine: unsere Partner haben uns im Stich gelassen», füge ich etwas ernster hinzu.
«Ja, und wir haben beide wohl vor, nicht nur den Strand und das Meer von Spanien zu genießen», sagt Ben und deutet dabei auf unsere Rucksäcke.
Wir haben inzwischen den Eingang zum Gate erreicht und lassen uns nacheinander von den Metalldetektoren durchsuchen. Das Handgepäck wird ebenfalls durchleuchtet. Wir gelangen in einen Wartebereich, wo wir uns aber nicht lange aufhalten, weil das Boarding kurz darauf beginnt. Über eine Rampe betreten wir das Flugzeug. Ben folgt mir zu unseren Sitzen und ich nehme wie vereinbart am Fenster platz. Dies ist der dritte Flug in meinem Leben und ich bin fast so aufgeregt wie beim ersten mal. Es ist
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