Heiter. Weiter.
ein Gefäß mit Stiel, aber ohne Stil
„Nach Norden Strolch“, dieser Edgar-Wallace-Krimi aus der Ochsenstall- Bibliothek ließ mich bald einschlafen. Ausgeschlafen und der Wegempfehlung des Hüttenwirtes gefolgt, stehe ich bald vor dem Rasthäuschen am Seibelseckle, einer günstigen Einkehrmöglichkeit. Einkaufsmöglichkeiten sind auf dem Schwarzwald-Westweg schwer zu finden. Komme ich aber in einen Ort mit Laden, lege ich gerne eine Picknick-Pause ein. Ich kaufe, worauf ich gerade Appetit habe - unter Berücksichtigung meines Finanz-, Mineralien- und Vitaminhaushaltes. Ich trage den Einkauf nicht kilometerweit herum. Vor Ort ist immer eine geeignete Sitzgelegenheit. Die Hauptmahlzeit findet dann am Abend vor dem Zelt statt. „Aber wenn Sie etwas Warmes essen möchten?“ „Gegessen wird, was auf den Tisch kommt - Rohkost ist gesund!“
Bestes Wetter, beste Stimmung. Sogar mein Strohhut muss wieder ans Sonnenlicht. Hatte ich jemals über das Wetter geklagt? Phantastisches Panorama - die Bergkette am Horizont soll bereits zu den Alpen gehören. Immer weiter marschiere ich nach Süden.
Es ist zu früh, um in der Darmstädter Hütte den Wandertag zu beenden. Doch die Maultaschen auf Sauerkraut, für mich eine exotische Zusammenstellung, kommen zur rechten Zeit. Ausgeruht lasse ich die Rast am Ruhestein aus und mich nicht vom Sessellift verführen. Das wäre was für die Pyrenäen, da würde sich mancher liften lassen. Ich wandere kilometerlang auf einer kerzengraden Piste, die Straße in Sicht- und Hörweite. Solche Etappen befürchten Pilger in Spanien vorzufinden, doch im Schwarzwald? Die Bäume sind noch zu niedrig, um mich zu beschatten. Ich sehne mich nach einem grünen, kühlen Waldstück. Anstrengende Abschnitte machen die angenehmen erst angenehm.
Bis auf das teure Hotel am Schliffkopf verkürzt kein gastliches Haus mehr den Weg. Die sagenumwobene „Alexanderschanze“ ist meist geschlossen und die ehemalige Jugendherberge Zuflucht bietet dieselbe nicht mehr.
Im Naturfreundehaus in Kniebis lasse ich mich verleiten, im modernen Einzelzimmer zu übernachten, statt vorm Haus zu zelten. Alles vom Feinsten, aber teuer. Gespart habe ich dadurch den Zeltaufbau. Obwohl ich gerne koche, muss ich mich aus Gewichtsgründen, gemeint ist das Gepäck, einschränken. Gabel, Korkenzieher und Weinprobiergläschen sind alles, was ich dabei habe. Nicht einmal mein Taschenmesser findet sich im Rucksack, ich möchte in Frankreich ein Besseres finden - als Souvenir.
Es gibt Wein-„Gläser“ aus Plastik, deren Stiel man abschrauben und platzsparend in der Öffnung versenken kann. Aber ich möchte ein richtiges Glas, auch wenn aus Bruchgefahr der Stiel fehlt. Ein wenig Tischkultur muss schon sein! Deshalb darf das Weinprobiergläschen 0,1 mit.
Den richtigen Weg zu finden, ist trotz vieler Hinweise nicht einfach
Die gestrige Ochsentour vom Ochsenstall war lang und heiß. 1999 riss ein Orkan eine großflächige Lücke in den Wald. Souverän reagierte das Fremdenverkehrsamt mit der Eröffnung von „Panoramawegen“. Durch Bäume ungehindert brennt die Sonne unvermindert auf den Kopf und ins Gemüt. Langsam wächst eine neue Generation von Bäumen heran. Neues Leben.
Nur auf meinem Schädel wird es keine Aufforstung mehr geben. So eine Glatze ist hitzeempfindlich, dank des Strohhutes aber gut behütet. Wichtig ist, Füße und Gelenke sind intakt, tröstete ich mich, als ich früh Kniebis verließ. „Kniebis“, kalauerte ich, „Knie bis hierher O.K.“. Ohne Komplikationen.
Die heutige Etappe wird eine kurze sein. Im Wald ist es noch kühl, ich bin wieder fit, wieder freudig im Tann. Unerhört singe ich leise vor mich hin: „Auf, du junger Wandersmann, bald schon kommt die Zeit heran, die Wanderzeit, die gibt uns Freud.“ Manchmal denke ich mir Texte aus, da ich zu wenig Wanderlieder kenne. „Wollen uns auf die Fahrt begeben, das ist unser schönstes Leben.“
Der Schwarzwaldweg leitet mich mit roten, blauen und gelben Rauten. Dazu gibt es allerlei andere Gehhilfen wie Wegmarkierungen, Wegweiser, Wandervorschläge, Ratschläge und Pfeile. Schilderwald Schwarzwald. Ist der Wanderer erst einmal auf dem für ihn richtigen Weg, ist es einfach, sich weiter zu bewegen. Doch den richtigen Weg zu finden, ist trotz vieler Hinweistafeln nicht leicht. Erneut zeigt sich der Jakobsweg als symbolischer Lebensweg. Auch da gibt es Ratschläge und Hinweise, zu viele vielleicht. Der Mensch muss erkennen, erkennen lernen, welcher
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