Heliosphere 2265 - Band 6: Die Bürde des Captains (Science Fiction)
Sol-System, Mars-Dock 9a, 21. Mai 2266, 09:30 Uhr
Captain Jayden Cross sah gebannt durch die ovale Fläche aus transparentem Stahl auf die Landepods. Das Mars-Dock wimmelte nur so von Raumschiffen, die starteten und landeten, Fracht verluden und Offiziere aufnahmen. Als er seinen Blick nach oben richtete, erblickte er die Rahmen von zwei Konstruktionswerften, in denen neue Raumer entstanden. Wenn er das bisher fertiggestellte architektonische Skelett richtige deutete, handelte es sich bei dem Raumschiff in der nähergelegenen Werft um einen Dreadnought der neuesten Generation. Einige der Verbesserungen, die auf seinem Schiff - der HYPERION - getestet worden waren, wurden nun auch bei anderen Raumern implementiert.
Doch wo die Fortschritte beim Ausbau der Space Navy ihn früher mit Stolz erfüllt hatten, lösten sie aktuell Beklemmungen in ihm aus. Die Flotte wuchs; die Strukturen, die nach der Attacke durch Michalew ins Wanken geraten waren, festigten sich. Das Konzept der Executive Controller, die an Bord jedes Schiffes stationiert wurden und dort die jeweilige Kommandocrew überwachten, war mittlerweile fester Bestandteil der Navy. Ein offenes oder gar kritisches Gespräch über die Regierung war auf der HYPERION kaum noch möglich. Und wenn es stimmte, was Sarah McCall ihm im Stillen Sektor mitgeteilt hatte, war all das nur die Spitze des Eisbergs.
Konnte es wahr sein? War Präsident Sjöberg, den Jayden all die Jahre für einen väterlichen Freund gehalten hatte, in Wahrheit ein machthungriger Kriegstreiber? Ein Strippenzieher, der für den Tod der Präsidentin verantwortlich war und nun unter dem Vorwand, Michalew zu bekämpfen, seine Macht festigte? Dabei war laut den Aussagen von McCall Michalew längst tot.
Fragen, die Jayden in den zurückliegenden Tagen immer wieder durch den Kopf gegangen waren. Ganze Nächte hatte er wach gelegen, die Decke angestarrt und darüber nachgedacht. McCall hatte vorgeschlagen, er solle mit Lieutenant Commander Kensington sprechen, aber er schreckte bisher davor zurück. Was, wenn das nur ein weiterer Trick war? Eine Falle. Ein Versuch, ihn zu manipulieren?
Als das Schott sich mit einem Zischen öffnete, war Jayden darauf gefasst, mit Admiral Rispons dauerhaft übel gelaunter Visage konfrontiert zu werden. Doch stattdessen betrat ein Anderer - freundlich lächelnd - den Raum.
“Mister Präsident!”
“Captain Cross”, begrüßte Björn Sjöberg ihn mit einem Lächeln. “Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr es mich freut, Sie zu sehen.”
Sie schüttelten sich die Hände und der Präsident klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter.
“Das geht mir genauso, Sir”, sagte Jayden überrumpelt.
Sjöberg trug nicht mehr seine Uniform, sondern einen maßgeschneiderten Anzug aus rentalianischer Seide. Sein Vollbart war wie immer säuberlich gestutzt, die Augen leuchteten lebhaft. Seine Stimme trug einen warmen Bariton, als er hinter dem Schreibtisch Platz nahm und weitersprach: “Ich habe Ihren Bericht gelesen. Die Mission in den Stillen Sektor war augenscheinlich ein voller Erfolg. Verschiedene Details von dem, was Sarah McCall Ihnen mitteilte, werden wir natürlich erst noch verifizieren müssen.”
“Ist das überhaupt möglich?”
Sjöberg wiegte den Kopf hin und her. “Diese Sache mit der Heliosphäre vermutlich nicht. Unsere Wissenschaftler haben sich gerade mal in der Theorie mit diesen Omegateilchen beschäftigt. Ein exakter Abgleich der Signaturen des Sol- und des Alzir-Systems ist mit den derzeit vorhandenen technischen Mitteln noch nicht möglich. Genauso wenig können wir überprüfen, ob die Hohen Parliden tatsächlich aus organischer Nanomaterie bestehen.
Aber das ist auch nicht von Belang. Es steht zweifellos fest, dass die Macht, die hinter Sarah McCall steckt, bald auftauchen wird. Dafür müssen wir gerüstet sein.”
Jayden nickte. “Das sehe ich genauso, Sir.”
Während er hier saß und mit Sjöberg sprach, kam es ihm so vor, als hätte sich nichts verändert. Es war einfach sein Vorgesetzter, der da saß und die vergangene Mission mit ihm besprach. Was auch sonst? McCalls Szenario war völlig abstrus. Natürlich hatte er in seinem Bericht nichts von ihren Unterstellungen erwähnt. Weder ihre Aussagen zur Sjöberg-Verschwörung, noch all die anderen Details, die sie ihm über seine Brückencrew erzählt hatte. Falls sie die Wahrheit sprach, waren Ishida, Akoskin, Kensington, Task und sogar Petrova - von der er seit ihrer Verhaftung
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