Das Janson-Kommando: Thriller (German Edition)
»Ogden ist eine tolle Stadt, wenn man Wandern, Mountainbiken und Skifahren mag.« Doug Case umfasste die ramponierten Armlehnen seines Secondhand-Rollstuhls und tat so, als wären es Skistöcke. »Und genau dafür bin ich hergekommen, wenn das deine Frage beantwortet. Wie hast du mich überhaupt gefunden? Ich hab meinen Namen aus dem Veteran-Affairs-System gelöscht.«
»Wenn alles den Bach runtergeht, zieht es einen für gewöhnlich nach Hause zurück«, sagte Paul Janson.
»In den warmen Schoß der Familie? Sicher nicht. Ich brauch niemanden.«
»Das seh ich.«
Cases Zuhause war die Mündung eines verlassenen Eisenbahntunnels, mit Blick auf einen von Abfall übersäten leeren Platz, ein abgebranntes Kentucky-Fried-Chicken-Restaurant und die schneebedeckten Wasatch Mountains. Er saß gebeugt in seinem Rollstuhl, einen zerschlissenen Rucksack auf dem Schoß, die strähnigen Haare schulterlang, Bartstoppeln im Gesicht. Sein stumpfer Blick sprang gelegentlich zu vier muskulösen Jugendlichen hinüber, die sie von ihrem vor dem Restaurant abgestellten Honda aus nicht aus den Augen ließen.
Paul Janson saß auf einem umgedrehten Einkaufswagen. Er trug leichte Einsatzstiefel, Wollhose, Pullover und eine weite schwarze Skijacke.
»Los, erschieß mich, dann haben wir’s hinter uns«, sagte Case. »Ich mag keine Spielchen mehr.«
»Ich will dich nicht umbringen.«
»Tu’s einfach! Keine Sorge, ich wehre mich nicht.« Er schob den Rucksack auf seinem Schoß zurecht.
»Du glaubst, ich arbeite noch für Consular Operations.«
»Niemand verlässt Cons Ops.«
»Wir haben eine Vereinbarung. Ich hab mich selbstständig gemacht, als Sicherheitsberater für Unternehmen. Cons Ops ruft mich hin und wieder an. Manchmal ruf ich zurück.«
»Du warst noch nie jemand, der einfach abhaut und alles hinter sich lässt.« Case klang skeptisch. »Arbeitest du allein?«
»Ich hab jemanden, der mir hilft, wenn ich mal einen Scharfschützen brauche.«
»Gut?«
»Hab noch nie einen besseren gesehen.«
»Woher?« Case war nun doch neugierig, welches Ass Janson angeheuert hatte.
»Aus der hiesigen Talentschmiede«, war alles, was Janson preisgab.
»Warum bist du nicht bei Cons Ops geblieben?«
»Mir ist irgendwann klargeworden, dass ich zu oft aus den falschen Gründen getötet habe.«
Case lachte. »Herrgott, Paul! Das State Department kann’s doch den verdeckten Einsatzkräften nicht selbst überlassen, wen sie töten. Wenn du jemanden umbringen musst, um einen Auftrag zu erledigen, dann tust du’s. Darum nennt man’s ja sanktioniertes Töten.«
»Sanktionierte Serienmorde würde es besser treffen. In meinen schlaflosen Nächten hab ich sie oft gezählt. Die berechtigten Fälle und die nicht berechtigten.«
»Wie viele insgesamt?«
»Sechsundvierzig.«
»Das ist ja ein Ding! Meine Bilanz ist höher.«
»Sechsundvierzig bestätigte Fälle«, versetzte Janson gereizt.
Case lächelte. »Ich seh schon, dein Testosteron hat sein Ablaufdatum noch nicht überschritten.« Er musterte Janson von oben bis unten. Der Hundesohn war kaum gealtert. Man hätte ihn für Mitte dreißig oder Anfang vierzig halten können mit seinem kurz geschnittenen eisengrauen Haar. Dabei wirkte er immer noch genauso unscheinbar wie früher. Nur ein anderer erstklassiger Profi hätte an seinen Schultern und seinen wachsamen Augen erkannt, wen er vor sich hatte, doch dann war es vielleicht schon zu spät.
»Wir kriegen Gesellschaft«, bemerkte Janson.
Die vier jungen Kerle aus dem Honda hatten sich in Bewegung gesetzt und kamen direkt auf sie zu.
»So ahnungslos, die Jungs«, seufzte Case. Er ließ die vier bis auf zehn Meter herankommen, dann sagte er: »Gentlemen, ich geb euch eine Gratislektion in Sachen Überleben: Lasst euch nie auf den falschen Kampf ein. Setzt euch ins Auto und verschwindet.«
Drei der vier bliesen sich mächtig auf. Doch der Anführer, der Kleinste von ihnen, betrachtete Case und Janson mit Respekt in den Augen. »Wir hauen ab.«
»Der Typ sitzt in einem verdammten Rollstuhl!«
Der Anführer schlug dem Aufmüpfigen hart aufs Ohr und scheuchte seine Kumpel zurück.
»Hey, Junge!«, rief ihm Case nach. »Du hättest das Zeug für die Army. Dort lernst du, was draus zu machen.« Er sah Janson lächelnd an. »Du hast doch was übrig für junge Talente, oder?«
»Stimmt.« Janson erhob seine befehlsgewohnte Stimme: »Komm her!« Der Junge machte kehrt und näherte sich leichtfüßig, aber argwöhnisch. Janson gab ihm eine
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