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Hengstgeflüster (German Edition)

Hengstgeflüster (German Edition)

Titel: Hengstgeflüster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Levi
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und eine Zeit lang verweilen.
    Als sie geschätzte zwei Stunden später in Cascine di Buti einmarschierte verschwand die brennende, Hitze bringende Sonne in einer wahren Farbenexplosion hinter dem Monte Persecco und hinterließ einen dunkelblauen, leicht lichten Horizont. In dessen Schein lief sie, durch die Last des Gepäcks bereits schwer gebückt, die lang gezogene gepflasterte Straße hinunter und versuchte sich zu orientieren. Im schwachen Licht einer einsamen Straßenlaterne versuchte sie den Ortsplan zu lesen, den Chris ihr übermittelt hatte.
    Pong.
    Ein leises dumpfes Schlagen im Dunkeln hinter ihr.
    Pong.
    Schon wieder.
    Angst überfiel sie. Suchend erforschte sie die Dunkelheit. Sie konnte beinah fühlen, wie jemand sie aus der Finsternis heraus belauerte. Aus dem Lichtkegel, den die Laterne warf, spähte sie angestrengt in die Schwärze hinaus. Konzentriert kniff sie die Augen zusammen. Verdammt und zugenäht, da war doch jemand!
    Dort drüben bei den Mülltonnen.
    „Hol mich doch der Teufel …!“, fluchte Bell überrascht, als sie die Quelle der Unruhe entdeckte. „Ich warne dich, Hund. Falls du vorhast mich zu fressen, wirst du eine böse Überraschung erleben.“
    Der räudige Köter von vorhin trat hinter den bergeweise angefüllten Mülltonnen hervor und sah plötzlich gar nicht mehr aus wie der große, böse Wolf. Im Gegenteil, wirkte der Kleine doch kaum älter als ein paar Monate.
    Vorsichtig näherte er sich Bell. Schritt für Schritt, als hätte er jeden im Voraus geplant. In noch immer großem Respektsabstand hielt er inne und legte bedächtig sein struppiges Köpfchen schief. Ein leises, hohes Winseln appellierte an Bells Herz, rüttelte an ihrer Seele und bat um Einlass, doch dieser Teil ihrer Selbst war längst zu undurchlässigem Eis erstarrt. Mehr als eine tiefe Anteilnahme konnte er von ihr nun wirklich nicht erwarten. Mit einer forschen Handbewegung versuchte sie, den Köter zu vertreiben.
    „Hau ab! Du siehst doch, dass ich genau so ein armer Schlucker bin wie du“, bedeutete sie der Promenadenmischung ungestüm. Zu ungestüm, aber was sollte das bemitleidenswerte Geschöpf schon groß machen? Sie war zuversichtlich. Ihre uneingeschränkte Gutgläubigkeit erstreckte sich wohl auf alle Bereiche ihres Lebens.
    „Sieh dich nur um, du hast es viel besser als ich, kannst aus tausenden Mülltonnen fressen!“, schrie sie ihm schlussendlich entgegen, als er kein Ohr rührte.
    Seine buschigen graubraunen Nackenhaare fuhren kerzengerade in die Höhe und ein tiefes Grollen stieg aus dem Inneren seiner Kehle, das dem wildesten Wolf alle Ehre gemacht hätte. Seine bernsteinfarbenen Augen blitzten gefährlich im mickrigen Licht der Laterne und bildeten einen hellen Kontrast zu seinem wolfsgrauen Fell, das räudig und verdreckt in alle Richtungen abstand.
    „Du bist ein ganz starkes Kerlchen, nicht wahr?“, sagte sie beschwichtigend und trat bereits zum zweiten Mal seit ihrem Eintreffen in der Toskana den Rückzug an. Was hatte sie davon, wenn ihre Reise schon vorbei war, bevor sie richtig begonnen hatte? Na eben!
    Bell zuckte hilflos mit ihren zarten Schultern und tat das schier Unverzeihliche.
    Im Geiste hörte sie Dick Mortes, ihren Lehrmeister aus längst vergessenen Zeiten: „Dreh einem wilden Tier niemals den Rücken zu, hörst du. Immer Augenkontakt halten, Mädchen. Immer Augenkontakt. Nur so kannst du den weiteren Verlauf des Aufeinandertreffens lenken und beeinflussen. Wie sonst solltest du wissen, was in einem Geschöpf vorgeht?“
    Bell verstieß gegen alle ihre Prinzipien, wandte dem fremden Hund ihre verletzliche Kehrseite zu und ging davon, ohne sich umzudrehen. Stöhnend schulterte sie ihren Koffer. Tolle Idee, dieses Ungetüm mit zu nehmen. Spätestens morgen Früh würde sie eine Streckbank brauchen. Sie spürte, dass das finstere, vor Dreck starrende Geschöpf genauso auf der Suche war wie sie. Dass es auf die gleiche Weise ein Zuhause ersehnte wie Bell. Nun, der Köter war zwar bedauernswert, doch Bell war kein guter Samariter, sie konnte ja nicht mal auf sich selber Acht geben.
    Der Hund verfolgte sie auffallend unauffällig.
    Tap.
    Tap. Tap.
    In ihrem Rücken hörte sie seine zielstrebigen Schritte, die sich ihr anschlossen.
    Hoch oben auf dem Monte Persecco, der von den ansässigen Bauern zum größten Teil für landwirtschaftliche Zwecke genutzt wurde, thronte eine alte, zum Teil verfallene Burg, die sich im hellen Mondlicht überirdisch abzeichnete. Darin befand

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